Mit einer Betriebsführung und einem anschließenden Mahnfeuer lud die Vereinigung „Land schafft Verbindung“ (LSV) im Landkreis Göppingen dazu ein, sich ein Bild von der örtlichen Lebensmittelproduktion zu machen.

Börtlingen - Es herrscht Unmut in der Region. Während einer öffentlichen Führung über seinen Milchviehbetrieb in Börtlingen nahm Michael Mohring (36) kein Blatt vor den Mund. „Die Landwirte werden an den Pranger gestellt“, kritisierte er. Um Verbrauchern einen Blick hinter die Kulissen der örtlichen Lebensmittelproduktion zu ermöglichen, hatte die Vereinigung „Land schafft Verbindung“ (LSV) im Kreis Göppingen für den Samstag zu einer Hofbesichtigung mit einem anschließende Beisammensein an einem Feuer eingeladen.

 

Landwirte fühlen sich an den Pranger gestellt

Das Insektensterben, der CO2-Ausstoß der Rinderzucht oder hohe Nitratwerte im Boden durch das Düngen sind nur drei Beispiele, wofür sich offenbar viele Landwirte verantwortlich gemacht fühlen. Dabei sei die örtliche Lebensmittelproduktion für das Klima und die Umwelt weitaus besser, als „das aus Südamerika importierte vegane Tofu-Schnitzel“, versicherte Mohring den Besuchern.

Inzwischen konkurrieren die örtlichen Bauern im Supermarkt mit Agrarbetrieben aus der ganzen Welt. Eine zentrale Rolle komme deshalb dem Verbraucher zu, sagte Daniel Zürn (32), der ebenfalls in Börtlingen einen Milchviehbetrieb führt. „Uns riecht der Verbraucher nur, wenn wir Gülle fahren“, sagte er am Rande der Betriebsführung, an der rund 50 Besucher teilgenommen haben.

Verbraucher und Bauern entfremden sich

Mohring erinnerte sie daran, dass inzwischen kaum noch Bauernhöfe in den Kerndörfern vorhanden seien. Noch vor 30 oder 40 Jahren habe es in vielen Nachbarschaften Bauern gegeben. Die Verbraucher hatten damit einen direkten und dauernden Einblick in die Lebensmittelproduktion vor Ort. Inzwischen seien die Höfe aber fast überall an die Peripherie der Ortschaften gewandert. „Das hat die Menschen von uns entfremdet“, glaubt er.

In seinem Milchviehbetrieb hält Mohring 120 Kühe der Rasse Holstein. Alle 14 Monate sollte eine Kuh gebären. Rund 8000 Liter Milch produziere das Tier durchschnittlich pro Jahr, erklärt der Fachmann. Wer sich auskennt, merkt allein daran, dass die Milchkühe speziell gezüchtet und besonders gefüttert werden. Die Kühe der Großvätergeneration hätten etwa 2000 Liter Milch pro Jahr gegeben, verdeutlichte Mohring. Heute könne sich das aber kein Landwirt mehr leisten.

Der Preisdruck des Weltmarktes

Dass es auch bei einem Agrarbetrieb um das Geschäft geht, daraus machte Mohring keinen Hehl. „Wir sind kein Gnadenhof, wir müssen produzieren, und wir müssen davon leben“, stellte er klar. Nach durchschnittlich drei Kälbern und einer Lebensdauer von 5,5 Jahren gehe es für die Kühe zum Schlachter. Für die männlichen Nachkommen der Kühe ist bereits viel früher der Schlachthof vorgesehen. Sie werden zu Kalbfleisch verarbeitet.

Sorgen bereitet vielen Bauern der Preisdruck auf dem Weltmarkt. Den hiesigen Landwirten würden umfangreiche Vorschriften gemacht, was die Produktion zum Teil verteure. Gleichzeitig würden Hürden für Importe abgebaut, klagte Mohring. Unter welchen Umständen in Südamerika oder Asien produziert werde sei aber kaum zu kontrollieren. Im Supermarktregal konkurrierten die Produkte jedoch im selben Regal wie die heimischen Erzeugnisse um die Gunst der Verbraucher, von denen viele vor allem auf den Preis schauten.

Bauern wünschen faire Preise

Wenn er sich etwas wünschen könnte, dann würde er sich mehr Käufer wünschen, die auf Regionalität bei Landwirtschaftsprodukten achteten und dafür auch einen angemessenen Preis bezahlten, sagte Mohring. Seinen Betrieb könne er nur mit Subventionen aufrechterhalten, berichtete er. Dabei wäre es ihm lieber, wenn er für seine Erzeugnisse am Markt einen Preis bekommen würde, der ihm ein Auskommen sichern würde.

Angebote für Veganer, die keine tierische Produkte essen, könnten im Kreis Göppingen nicht umfangreich angebaut werden. Es werde vor allem Grünland bewirtschaftet, erklärte Mohring. Für andere Pflanzen seien viele der Landwirtschaftsflächen nicht oder nur schlecht geeignet. Etwas anderes als Wiederkäuer zu füttern, bleibe den Bauern also kaum übrig, erläuterte er. „Anders kann man das Grünland nicht verwenden.“ Und zuletzt lebe auch die Kulturlandschaft davon, dass sie von den Bauern bewirtschaftet werde.