Mit Sonderkulturen, Bioerzeugnissen und Nischenprodukten soll die Landwirtschaft in Baden-Württemberg punkten. Wegen ihrer verhältnismäßig kleinen Betriebsgrößen hat sie auch gar keine andere Chance. Das weiß auch Agarminister Hauk.

Stuttgart - Nicht nur mit der Befürwortung von Kürzungen bei den Direktzahlungen an Großbauern, auch mit einem Plädoyer für die Bio-Bauern könnte der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk in der grünen Szene punkten: Die Agrarpolitik des Landes setze auf ein „gleichberechtigtes Miteinander von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft“, heißt es in einem unserer Zeitung vorliegenden Positionspapier Hauks anlässlich der EU-Agrarreform, die der irische EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan im Juni vorgestellt hatte. Erst im Januar hatte Hauk das Ziel der Landesregierung bekräftigt, beim Ökolandbau bis zum Jahr 2030 eine Quote von 30 Prozent zu erreichen. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche in Baden-Württemberg ist in den vergangenen zehn Jahren bereits drastisch gestiegen – um 80 Prozent auf 11,7 Prozent. Der Anteil der Bio-Bauern liegt nun bei 10,2 Prozent.

 

Erst kürzlich hatte Hauk Sympathien für einen Vorschlag des grünen Landwirtschaftsministers von Schleswig-Holstein, Robert Habeck, erkennen lassen. Wegen der mit einer Futtermittelknappheit einhergehenden Dürre hatte Habeck sich für eine Reduktion der Tierhaltung ausgesprochen. Ein Betrieb sollte nur so viele Tiere halten, „wie er mit dem Ertrag seiner Flächen grundsätzlich ernähren kann“, sagte Robert Habeck. Dazu befragt von Mitgliedern der Landespressekonferenz in Stuttgart hatte Minister Peter Hauk gesagt, dass er diese Idee „ganz entspannt“ sehe. „Baden-Württemberg könnte mit so einer Regelung gut leben“, sagte Hauk. Würde man den Viehbestand an die Fläche knüpfen, dann hätte der Südwesten vermutlich sogar zu wenig Rinder. Die Gesamtfläche von Wiesen und Weiden hat in Baden-Württemberg 2016 im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht zugenommen.

Aber ein Größenwachstum sei nicht die einzige Chance für die Zukunft

Die Argumentation des Ministers ist vor dem Hintergrund der Struktur der baden-württembergischen Landwirtschaft zu sehen. Die durchschnittliche Größe der Betriebe hat sich wie in Bayern zwar in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesteigert auf 35,5 Hektar (1980 lag sie bei 10,4 Hektar), liegt aber um fast die Hälfte unter dem bundesweiten Schnitt und weit unter Agrarländern wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt mit Betriebsgrößen von im Schnitt mehr als 270 Hektar oder Brandenburg mit 250 Hektar. Parallel zum Größenwachstum ist die Zahl der Höfe im Südwesten zurückgegangen. Gab es 2001 noch 21 900 Landwirte im Haupterwerb (45 300 im Nebenerwerb), waren es 2016 nur noch 13 500 (22 500 im Nebenerwerb). Aber ein Größenwachstum nach dem Motto „Wachse oder weiche“ sei nicht die einzige Chance für die Zukunft, heißt es im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium: „Mit Sonderkulturen, Bio-Bauernhöfen und Betrieben, die nach dem Tierwohllabel produzieren, könnten wir die Qualitätsführerschaft erreichen und wettbewerbsfähig sein.“ Die heimische Landwirtschaft sei von „Nischenprodukten und Spezialitäten“ geprägt, und auch kleinere Betriebe könnten erfolgreich sein.

Den Trend zu größeren Betrieben kann das Ministerium nicht einheitlich bewerten: Denn für intensiv wirtschaftende Betriebe mit Sonderkulturen wie Obst, Gemüse und Wein gelten andere Maßstäbe als für „Ackerbaubetriebe mit großen Flächen und hoher technischer Schlagkraft“. Auch der Bauernverband in Stuttgart sieht das so. Gerade Ackerbaubetriebe seien dem globalen Marktgeschehen ausgesetzt, wie die Ernteerträge in Osteuropa oder Frankreich ausfielen, habe einen großen Einfluss auf die Marktpreise auch hierzulande, heißt es dort.

Es mangele es an konkreten Maßnahmen

Bei den Verbänden des Ökolandbaus war Landwirtschaftsminister Hauk in der Vergangenheit mitunter mangelndes Engagement und das Fehlen eines klaren Konzepts vorgeworfen worden im Vergleich zur in Bayern regierenden CSU, die den Biolandbau mit einem breiten Ansatz seit mehreren Jahren stark fördere. So hat die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Grün-Schwarz in einer Pressemeldung „Inkonsistenz“ vorgeworfen: Einerseits verkünde Hauk das Ziel, bald einen Anteil von 30 Prozent für den Ökolandbau zu erreichen - andererseits mangele es an konkreten Maßnahmen, „die dem Sektor auf diesem Weg helfen“. Zudem wird ein Finanzierungskonzept für den bestehenden Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ gefordert, auch sollte die Umstellung auf den Ökolandbau „als Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in die Natur anerkannt werden“, wie dies in anderen Bundesländern längst Praxis sei.