Zugunsten des Umweltschutzes gab es dieses Jahr bei der Einkaufsnacht in Stuttgart eine Lichtshow der anderen Art. Der Andrang in der Innenstadt war dennoch groß.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Gegen 23 Uhr staut es sich auf den großen Ausfahrtstraßen Stuttgarts. Winnenden, Ludwigsburg, Heidenheim, Rottweil: Wenn die Kennzeichen verraten, wo die Autofahrer herkommen, haben einige eine nicht ganz unerhebliche Anfahrt auf sich genommen, um am Samstag in der Stuttgarter Innenstadt länger als bis zur regulären Schließungszeit um 20 Uhr einkaufen gehen zu können. Bis 24 Uhr hatten die Geschäfte rund um Königstraße, Marktplatz und Dorotheen-Quartier geöffnet.

 

Und während der Höhepunkt der langen Einkaufsnächte in der Vergangenheit stets das Feuerwerk war, so gab es dieses Jahr schlicht keines. Sven Hahn, der seit April Chef der City-Initiative Stuttgart (CIS) ist, hatte im Vorhinein entschieden, dass es nicht angebracht sei, mitten im Kessel in der Feinstaubsaison ein Feuerwerk zu entzünden. Als alternativer Höhepunkt wurde eine Licht- und Soundshow am Königsbau gezeigt. Die 110 Meter bereite und 20 Meter hohe Fassade wurde von 19 Uhr bis 23 Uhr zu jeder vollen Stunde von vier riesigen Beamern beleuchtet, dazu lief Musik.

Die Reaktionen auf diese Neuerung fielen ganz unterschiedlich aus. „Ein bisschen lasch“ finden Thomas Edler und seine Begleitung die Licht- und Soundshow am Königsbau. „Uns wäre ein Feuerwerk lieber, wenn es gut gemacht ist.“ Für die derzeit herrschende Diskussion, Feuerwerke zu verbieten, da diese Feinstaub in der Luft freisetzen, hat das Paar aus Vaihingen (Enz) wenig Verständnis. „Feuerwerke sind eine uralte Tradition; die Chinesen haben das schon vor 4000 Jahren gemacht“, sagt Thomas Edler.

Es gab allerdings durchaus auch einige, die den neuen, alternativen Höhepunkt zu schätzen wussten. Etliche Besucher zückten ihre Handys, um das Spektakel am Schlossplatz zu filmen. „Das ist traumhaft; viel schöner als ein Feuerwerk“, schwärmte etwa Ivanka Macan aus Hemmingen (Kreis Ludwigsburg). „Die Videos lade ich gleich auf Facebook hoch.“ Unterdessen findet eine Gruppe junger Studenten, die auf dem Schlossplatz gerade in ein Trinkspiel vertieft sind, ihre Becher voller Bier wesentlich interessanter als das Spektakel vor ihnen. „Für uns ist das ein bisschen langweilig. Ein Feuerwerk wäre besser“, meint Lina Elshall.

Zwei „Ghost“-Hauptdarsteller singen

„In Zeiten von Fridays for Future und den anhaltenden Debatten über Klimaschutz hätten wir einen riesigen Shitstorm geerntet, wenn wir einfach so weitergemacht hätten wie in den vergangenen Jahren“, erläutert der Citymanager Sven Hahn. Bei der Einkaufsnacht selbst hätte er auch nur positive Reaktionen zu hören bekommen, „und der Schlossplatz war zu jeder vollen Stunde richtig voll.“ Bei der letzten Show um 23 Uhr hätten etliche Leute sogar zu tanzen begonnen.

Richtig voll war es auch um 21.15 Uhr vor den Innenstadtkinos, als zwei Hauptdarsteller des Musicals „Ghost“ auf den Balkon traten. Sie gewährten den Shoppinglustigen eine kleine Vorpremiere des Musicals, welches am 7. November zum ersten Mal im SI-Centrum aufgeführt wird.

Mehr als doppelt so viele wie an normalem Samstag

Und freilich kamen viele auch einfach nur zum Einkaufen: Die City-Initiative spricht von rund 200 000 Menschen, die an dem Tag und Abend in der Innenstadt unterwegs waren. Die Besucher werden mithilfe von Lichtschranken gezählt, die es an mehreren Stellen gibt. „Zum Vergleich: An einem regulären Samstag kommen bei gutem Wetter zwischen 80 000 und 100 000 Menschen in die City“, sagt Hahn. Gerade für die kleinen Läden seien die langen Einkaufsnächte deshalb überlebenswichtig. „Uns wird das immer wieder gesagt: Für die großen Läden ist es ein zusätzlicher Umsatz, für die kleinen Läden machen diese verlängerten Öffnungszeiten einen echten Unterschied.“

Ein ganz kleines Feuerwerk gab es übrigens doch: Bei den Feuershows auf dem Marktplatz und im Dorotheen-Quartier wurden zum Abschluss der Vorführungen jeweils zwei Raketen in die Luft geschossen. Außerdem kam etwas zum Einsatz, das wie überdimensionale Wunderkerzen aussah. Der Titel der langen Einkaufsnacht „Stuttgart leuchtet“ gilt also weiterhin – auch ohne ganz großes Feuerwerk.