Die Aktion „S-City leuchtet“ lockte am Samstagabend rund 180.000 Menschen in die Innenstadt. Beim Live-Tätowieren wurde sie für manchen zum bleibenden Erlebnis. Natürlich gab es auch wieder ein Feuerwerk und die orange leuchtenden Kegel an der Königstraße.

Stuttgart - Die Tätowiermaschine surrt. Mit tausenden Stichen pro Minute bohrt sich die filigrane Nadel in Dennis Henrychs Haut. Der 19-Jährige beißt die Zähne zusammen. Immerhin stehen zahlreiche Zaungäste vor der Schaufensterscheibe und beobachten, wie die Skizze auf der Innenseite seines Unterarms für immer fixiert wird. Die Zuschauer stören Dennis Henrychs nicht. Er habe ja freiwillig entschieden, sich bei der langen Einkaufsnacht vergangenen Samstag im Fenster der Yeans Halle tätowieren zu lassen.

 

Das Live-Tätowieren ist eine von vielen Aktionen, die sich die Händler zur Einkaufsnacht ausgedacht haben. Zum 16. Mal veranstaltet die City Initiative Stuttgart die Shopping-Aktion bis Mitternacht, erstmals unter der Ägide der neuen City-Managerin Bettina Fuchs. Ihr Vorgänger Hans Pfeifer wurde am Samstag offiziell verabschiedet. Bereits zum vierten Mal trägt die Veranstaltung das Motto „S-City leuchtet orange“. Unzählige beleuchtete Kegel säumen die Königstraße; die Bäume am Schlossplatz sind von Schweinwerfern angestrahlt ebenfalls in ein warmes Licht getaucht. Es könnte fast eine vorweihnachtliche Stimmung aufkommen, würden die Temperaturen nicht eher an einen lauen Septemberabend erinnern. Die Straßencafés um die Einkaufsmeile sind voll. Allerlei Straßenkünstler nutzen den Abend, der die Besucher nicht nur in die Läden, sondern vor allem auch nach draußen lockt.

Kunstnachwuchs präsentiert sich

Weniger romantisch geht es am Rotebühlplatz zu. Dort zeigen Nachwuchskünstler aus der Region auf der Bühne des Popbüro Stuttgart, was sie können. Noch vor 18 Uhr reißt ein gellender Schrei aus den Lautsprechern die Familien aus dem Einkaufsbummel – die Punkrock-Band „Bomb Whateva¿“ beginnt ihren lauten, aber mitreißenden Auftritt. Eben soviel Show gibt es auf dem Marktplatz. Im 30-Minuten-Takt zeigen zwei Frauen der Gruppe „Flammandra“ eine Tanz- und Feuershow. Ein Höhepunkt ist traditionell das Musikfeuerwerk, das vom Dach der Königsbau Passagen gezündet wird.

Mehr als 180 000 Besucher hat es in die Innenstadt gezogen. Bettina Fuchs, die neue City-Managerin, ist überwältigt: „Unsere Erwartungen wurden deutlich übertroffen“, sagt sie. „Bei so viel Publikum können wir ja nicht ganz falsch liegen.“ Damit spielt sie auf die Kritik an, die im Vorfeld laut wurde. So monierte etwa die IG Königstraße, dass der Samstag aufgrund der Ferien und Allerheiligen ohnehin gut besucht gewesen wäre. Zudem zeige die Erfahrung, so die IG, dass in den letzten zwei Stunden kaum noch Umsatz gemacht werde.

Auch die Randbereiche der City profitieren

Das bestätigt Eva Menrath von der Boutique Vivaz an der Tübinger Straße. Im Gerberviertel ist bei den langen Einkaufsnächten üblicherweise weit weniger los als um den Schlossplatz und die Königstraße. Ihr gefällt das Konzept trotzdem, sagt Menrath. Deshalb mache sie stets mit. „Die Stimmung ist immer gut und der Umsatz wird von Jahr zu Jahr besser“, sagt sie. Um 22 Uhr sei bei ihr allerdings Schluss.

Die City Initiative hat ihr Plakat dieses Jahr extra so gestaltet, dass der Schriftzug „Bis 24 Uhr geöffnet“ am unteren Ende steht und einfach abgetrennt werden kann. Das hat Martin Grimme vom Schreibwarenladen Haufler am Marktplatz genutzt. „Wir schließen jedes Jahr um 22 Uhr“, sagt er. Mit dem Umsatz bis dahin sei er aber mehr als zufrieden. Seiner Meinung nach hänge dieser nicht allein vom Konzept der City-Initiative ab. „Der Händler hat es selbst in der Hand“, sagt Grimme. „Nur den Laden aufzuschließen reicht nicht.“ Darum organisiere er immer eine Aktion. Diesmal wurde das Schaufenster zur Kinoleinwand umgewandelt, auf der die Kunden preisgekrönte Streifen der Filmakademie Ludwigsburg sehen können. 2012 hatte er sich für etwas entschieden, das scheinbar stets gut ankommt: Live-Tätowieren im Schaufenster.