Bei der Langen Nacht der Museen in Stuttgart pendelten rund 24.000 Teilnehmer zwischen den Veranstaltungen. Wir haben (fast) alle Verkehrsmittel in der Nacht ausprobiert.

Stuttgart - Die Lange Nacht der Museen in Stuttgart, die an diesem Wochenende zum 18. Mal in der City stattfand, gleicht den Konzerten bekannter Musiker: Wer in der ersten Reihe stehen will, der muss früh dran sein. Da reicht es nicht, erst kurz bevor sich die Türen öffnen, am Veranstaltungsort zu sein – denn dann sieht man die anderen Besucher von hinten. Deshalb bilden sich bereits am späten Samstagnachmittag, anderthalb Stunden vor dem offiziellen Beginn der Museumsnacht um 19 Uhr, die ersten Schlangen vor den üblichen Besuchermagneten: dem Bunker am Marktplatz, dem Neuen Schloss und dem Landesmuseum. Und auch vor dem Eingang des Pressehauses in Möhringen, wo Druckereiführungen und Lesungen der StZ-Redakteure Adrienne Braun, Thomas Faltin und Erik Raidt stattfanden, warten rund 150 Besucher auf Einlass.

 

Großes Interesse am Pressehaus

Der überwiegende Teil ist mit dem Shuttlebus an der Stadtbahn-Haltestelle Möhringen gestartet. So auch Rosemarie Meyer-Schütte, die sich mit ihrer Cousine als eine der Ersten einen Platz bei der Lesung von Thomas Faltin sichert. „Wir hatten Angst, dass der Bus nicht alle transportieren kann, so viele Leute warteten an der Haltestelle in Möhringen“, sagt Meyer-Schütte, die sich einen durchgetakteten Plan aufgestellt hat, mit welchem Verkehrsmittel sie wann zu welcher Veranstaltung kommt. Mit der Stadtbahnlinie U 6, die dieses Mal wieder eine eigenständige Tour bildet, soll es anschließend weiter zu den Wagenhallen und zum Pragfriedhof gehen. „Wir sind gespannt, ob die Bahn sehr voll sein wird“, sagt Meyer-Schütte.

Stadtbahn verlässlich unterwegs

Nicht voller als sonst ist die U 6 in Richtung Innenstadt an diesem Samstagabend – und auch das Publikum besteht nicht nur aus an Kultur interessierten Museumsnacht-Teilnehmern, sondern auch aus alkoholisierten Jugendlichen, die es „voll geil“ finden, dass die U 6 aufgrund der Veranstaltung bis zwei Uhr morgens fährt. Überhaupt sind die Stadtbahnen in dieser Nacht verlässlich unterwegs und nicht deutlich stärker frequentiert als an einem Samstagabend ohne geöffnete Museen.

Pendelbusse werden gut angenommen

Das liegt zum einen daran, dass sich am Karlsplatz an den Haltestellen der Pendelbusse große Menschentrauben gebildet haben. Die Museumsnachtbesucher fahren am liebsten mit diesem Transportmittel, das sie auf acht verschiedenen Touren bequem von einer teilnehmenden Einrichtung zur anderen bringt. Der Stuttgarter Klaus Wilmers wartet mit einer Freundesgruppe auf einen Bus, der sie zum Hafen bringen soll. Sie wollen sich die Musikstätte LKA Longhorn anschauen, die in dieser Nacht einen Blick in den Backstage-Bereich werfen lässt, außerdem moderiert der StZ-Redakteur Ingmar Volkmann das Lese-Soundsystem mit Tommy Filomonova. Obwohl Klaus Wilmers bereits seit zehn Minuten auf den nächsten Bus wartet und nicht daran glaubt, dass die Gruppe komplett mitkommt, ist er entspannt: „Ich bin seit 1999 jedes Jahr dabei, der Shuttle ist immer ausgelastet. Das ist nicht schlimm, denn die Hauptsache ist, sie sind überhaupt unterwegs.“

Mit den Oldtimern nach Zuffenhausen

Mit Humor nimmt auch das Ehepaar Sven und Sylvia Schierrmacher die lange Wartezeit am Marktplatz zum Bunkerhotel. Eigentlich wollten sie zum Landesmuseum, das musste aber immer wieder den Einlass stoppen – strenge Brandschutzvorschriften haben die Betreiber zu dieser Maßnahme gezwungen. Eine Stunde werden die Schierrmachers warten, bis sie den Bunker besichtigen können. Eigentlich fehlt ihnen nur eins, sagt Sven Schierrmacher: „Glühwein wäre jetzt toll.“ Den gibt es am Neuen Schloss, von wo auch das rollende Museum mit rund 80 Oldtimern zu den beiden Automuseen in Untertürkheim und Zuffenhausen startet. Holger Hanle sitzt mit seiner Frau Sabine Rommel in seinem roten Ferrari 330 GT 2+2 und gondelt zwischen Mercedes-Benz-Museum, Schlossplatz und Porsche-Museum mit jeweils zwei Fahrgästen durch die City. Sie sind zum ersten Mal dabei, der Württembergischer Automobilclub (WAC) organisiert die Fahrt durch die Museumsnacht zum dritten Mal. „Das sind ganz süße und verrückte Leute, die wir mitnehmen“, sagt Hanle. Seine ersten Fahrgäste war ein an Oldtimern interessiertes Pärchen – er aus Detroit in den USA, sie aus Schweden. „Die waren richtig begeistert von meinem Auto“, sagt er stolz und verrät, wie man die lange Warteschlange am Schlossplatz vermeiden kann: Am besten mit den Öffentlichen zu einem der beiden Museen fahren und dort in einen Oldtimer in Richtung Innenstadt einsteigen.

Von car2g0 auf die Stadtbahnlinie 21

Mit so viel Interessierten beim History-Slam im Haus der Geschichte haben die Verantwortlichen nicht gerechnet: Vier Jungpoeten geben ihre Reime und Geschichten vor den Exponaten in der Ausstellung zum Besten. Das machen sie sehr gut – einzig das hohe Besucherinteresse tut dem Genuss einen Abbruch. Denn das Publikum wird quer durch die Ausstellung und somit durch die engen Gänge gescheucht. Hohes Verkehrsaufkommen auf engen Fluren: auf den Stuttgarter Straßen sieht das anders aus. Wer deshalb auf ein Car2go umsteigen möchte, hat dennoch ein Problem: In der Innenstadt findet sich um kurz nach Mitternacht kaum noch ein Auto in fußläufiger Entfernung. Das einzige Leihfahrzeug kann zunächst keine Verbindung zur Zentrale aufbauen, und beim Anruf der Service-Hotline wird die Verbindung nach zehnminütiger Wartezeit einfach gekappt. Das zwingt zum Umstieg auf die bewährten Fortbewegungsmittel: Die Oldtimerlinie 21 bringt die letzten Besucher von der Straßenbahnwelt zum Hauptbahnhof.

Taxis sind schwer zu bekommen

Das Ende der Museumsnacht bewirkt verstärkt einsetzenden Taxiverkehr in der Innenstadt. Nur fünf Taxen stehen am Hauptbahnhof für Fahrten bereit. „Die positiven Auswirkungen der Museumsnacht spüren wir schon“, sagt ein Taxifahrer. Allerdings erst zum Schluss – am Abend ist das Gros mit anderen Verkehrsmitteln unterwegs.