Arbeitshilfeträger wie die Caritas und die Neue Arbeit fühlen sich vom städtischen Jobcenter hingehalten. Seit einem halben Jahr warten sie auf die Bewilligung von Arbeitsgelegenheiten für ihre Arbeit-statt-Drogen-Projekte. Auch für ihre Sozialkaufhäuser hätten sie sich mehr erwartet.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

UStuttgart - nter den Arbeitshilfeträgern herrscht Unmut übers Jobcenter. Hans-Ulrich Rabeneik von der Neuen Arbeit spricht gar von „Verzweiflung“, weil sich „für die Betroffenen nicht viel bewegt, das ist bedauerlich“. Hauptstreitpunkt sind die Arbeit-statt-Drogen-Projekte. Im November hatte der Gemeinderat im Wirtschaftsausschuss nicht öffentlich beschlossen, dass wieder Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs) in diesem Bereich eingeführt werden, weil Maßnahmen ohne Aufwandsentschädigung nicht bei der Zielgruppe ankamen. Im Dezember folgte die Freigabe im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse, noch im selben Monat gingen die Anträge ein.

 

Im März hieß es beim Jobcenter, die Bewilligung sei in den letzten Zügen. „Doch es passiert einfach nichts“, sagt Edgar Heimerdinger, der Bereichsleiter Arbeit bei der Caritas. In 20 Jahren habe er so etwas noch nicht erlebt. Weil auch Bewilligungen für die Sozialkaufhäuser verspätet gekommen seien, sei dem Caritasverband substanzieller finanzieller Schaden entstanden: Allein in den Monaten Januar bis April hat er einen zusätzlichen Verlust von 80 000 Euro ausgerechnet.

Der Unmut ist inzwischen auch bei der Politik angekommen. „Wir brauchen diese Arbeitsgelegenheiten ganz dringend“, sagt auch Udo Lutz von der SPD-Gemeinderatsfraktion, der sich im Wirtschaftsausschuss bereits für die Arbeit-statt-Drogen-Projekte eingesetzt hat. Er findet es „sehr schlecht, dass die Umsetzung der Maßnahmen so extrem zögerlich verläuft“, der Frust der Träger sei mehr als verständlich, noch ärgerlicher sei das Ganze aber für die Betroffenen – zumal die große Mehrheit des Gemeinderats die Angebote für langzeitarbeitslose Drogenabhängige wolle.

Beirat hat kein Problem mit den Arbeitsgelegenheiten

Tatsächlich ist die lange Prüfzeit ungewöhnlich. Normalerweise brauche man für die Bewilligung wenige Wochen oder sogar noch kürzer, sagt auch der Jobcenterleiter Jürgen Peeß. Aber in diesem Fall ist die Angelegenheit aufwendiger als sonst. Hintergrund ist die Instrumentenreform des Bundes von 2012, im Zuge derer die Kriterien für Arbeitsgelegenheiten strenger geworden sind. Diese müssen seither wettbewerbsneutral, im öffentlichen Interesse und zusätzlich sein. Problematisch wird die Wettbewerbsneutralität gesehen: Die Caritas stellt in ihrer Lederschmiede hochwertige Taschen her. Ist das wettbewerbsneutral oder nicht?

Vor diesem Hintergrund tagte auch der Beirat des Jobcenters, dem Wirtschaftsvertreter angehören, darunter die IHK und die Handwerkskammer. Der Beirat hat nach Auskunft der Träger und des Jobcenters kein Problem mit den Arbeit-statt-Drogen-Projekten. Peeß ist optimistisch, dass über die Projekte „in Kürze“ entschieden wird, eine nähere Zeitangabe will er aber nicht nennen. Im Referat von Kämmerer Michael Föll, das auch involviert sein soll, heißt es, man rechne mit einer Entscheidung bis Ende Mai. Dass die Arbeitsgelegenheiten sinnvoll sind, daran zweifelt keiner. Was die langzeitarbeitslosen Drogenabhängigen herstellten, sei etwas, worauf sie stolz sein könnten, das meint auch der Jobcenterleiter. Die Frage ist nur, ob man das auch auf Grundlage von Arbeitsgelegenheiten tun kann, ohne Ärger vom Rechnungshof zu bekommen.

Sozialkaufhäuser haben einen Teil der Plätze nicht bewilligt bekommen

Doch nicht nur die Arbeit-statt-Drogen-Projekte sind ein Streitpunkt, sondern auch die Sozialkaufhäuser. Im März hat das Jobcenter die Bewilligungen für Arbeitsgelegenheiten rausgegeben, auch das soll spät gewesen sein. Die persönlichen Ansprechpartner der Langzeitarbeitslosen in den Jobcentern würden diese Maßnahme nun nur zögerlich weitergeben, so Heimerdinger. Außerdem versteht er nicht, warum die Träger für ihre Sozialkaufhäuser eine Absage des Jobcenters für eine andere Maßnahme des Bundes erhalten haben: Mit 25 Plätzen der Sozialen Teilhabe für Langzeitarbeitslose hat allein die Caritas gerechnet. Die einschränkenden Kriterien, zum Beispiel die Wettbewerbsneutralität, seien die gleichen wie bei Arbeitsgelegenheiten, deshalb sieht Heimerdinger einen Widerspruch. „In Stuttgart wird das zu eng ausgelegt, das ist im Widerspruch zu den Menschen“, meint auch Hans-Ulrich Rabeneick von der Neuen Arbeit. In Ludwigsburg seien Projekte bewilligt worden, die in Stuttgart abgelehnt worden seien.

Die Träger haben gegen die Ablehnung Widerspruch eingelegt. Notfalls werde man klagen, kündigt Heimerdinger für die Caritas an. Bei der Sozialen Teilhabe handelt es sich um ein Bundesprogramm. Man sei hier nicht so frei in der Vergabe, wie es sich die Träger wünschten, entgegnet Peeß.