Im Ruhestand fördert die Aktivität in sozialen Gruppen die Gesundheit und erhöht die Lebensqualität. Das hat eine britische Langzeitstudie nun bestätigt.

Stuttgart - Ob Trachtenverein, Religionsgemeinschaft oder Kegelclub: Rentner, die Mitglied in mehreren sozialen Gruppen sind, leben länger und fühlen sich generell wohler als andere Ruheständler. Der positive Effekt auf die Gesundheit durch diese Form menschlicher Kontaktpflege ist ähnlich groß wie regelmäßige körperliche Aktivität, berichten australische Forscher im Online-Journal „BMJ Open“. Sie bestätigen damit zum einen, dass der Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand für manche Menschen die Lebensqualität verringert. Zum anderen machen die Ergebnisse der Studie auf eine Möglichkeit aufmerksam, das Wohlbefinden der Betroffenen zu verbessern.

 

„Man sollte Rentnern dabei helfen, sich Gruppen und Gemeinschaften anzuschließen, die ihnen wichtig sind“, erklären Niklas Steffens und seine Kollegen von der Universität Queensland in Brisbane. Bei einigen Menschen beeinträchtigt die einschneidende Veränderung ihres Lebens bei Beginn des Rentnerdaseins die Gesundheit und stellt eine psychische Belastung dar. Andere dagegen profitieren sogar davon. Wie dieser Lebensabschnitt bewältigt wird, hängt auch von den sozialen Beziehungen des Betroffenen vor und nach der Berufstätigkeit ab. Welche Bedeutung dabei die Mitgliedschaft in Vereinen und anderen sozialen Gruppen hat, untersuchten die australischen Forscher mit Hilfe von Daten einer britischen Langzeitstudie. Daran beteiligten sich 424 Menschen im Alter von mindestens 50 Jahren, die aus dem Berufsleben ausgeschieden waren. Als Vergleichsgruppe dienten gleichaltrige Personen, die im Untersuchungszeitraum von sechs Jahren berufstätig geblieben sind oder für die bereits vor Beginn der Studie der Ruhestand begonnen hatte. Die Probanden gaben Auskunft darüber, in welchen Vereinen, Clubs und Organisationen sie Mitglied waren. Außerdem machten sie Angaben zu körperlicher Aktivität, Gesundheit und Lebensqualität. Sechs Jahre nach Rentenbeginn waren 28 Personen gestorben.

Im Ruhestand verringerte sich nach sechs Jahren mit jedem Austritt aus einem Verein die selbstbewertete Lebensqualität um zehn Prozent. Wer noch als Arbeitnehmer in zwei Vereinen war und als Rentner beide Mitgliedschaften beibehielt, hatte eine Sterberate von zwei Prozent. Wurde ein Verein verlassen, stieg dieser Wert auf fünf Prozent, bei Aufgabe beider Mitgliedschaften lag er bei zwölf Prozent. Diejenigen, die sich nach der Verrentung einmal pro Woche intensiv sportlich betätigten, hatten eine Sterberate von 3 Prozent. Diese stieg bis auf 11 Prozent, wenn das Training im Ruhestand aufgegeben wurde. Die Auswirkungen von regelmäßiger körperlicher Aktivität auf die Gesundheit seien demnach vergleichbar damit, Vereinsmitgliedschaften beizubehalten oder neue zu erwerben, schreiben die Autoren. Sich neuen sozialen Gruppen anzuschließen sei für Rentner besonders wichtig, um die verlorenen, weil mit der Berufstätigkeit verbundenen Gemeinschaften zu ersetzen.

Bei der statistischen Auswertung wurden weitere Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Personenstand und Einkommen berücksichtigt. Streng genommen weist eine solche Beobachtungsstudie allein noch keine ursächlichen Beziehungen nach. So wäre es theoretisch auch möglich, dass Menschen deshalb mehr Vereinen beitreten als andere, weil sie gesünder und zufriedener sind als diese. Doch aus zahlreichen anderen Untersuchungen geht hervor, dass sozialer Kontakt tatsächlich einen starken positiven Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden hat. Daher ist eine Ursache-Wirkung-Beziehung für die vorliegende Studie sehr wahrscheinlich. Zur endgültigen Klärung sollen nun Interventionsstudien zeigen, ob Rentner länger leben und gesundheitlich profitieren, wenn sie aufgrund persönlicher Beratung sozialen Gruppen beitreten.