Stuttgart ist die Stadt der Glückspilze. Zum Nachdenken über das Glück hat die Bloggerin Emma von Bergenspitz zahlreiche Kreative der Stadt ins Lapidarium eingeladen, wo sie ihr Buch „Glücksorte in Stuttgart“ vorgestellt hat.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wo man das Glück in Stuttgart findet? Ein Ort mit magischer Kraft liegt unterhalb der Karlshöhe, ist fast versteckt und wie aus der Zeit gefallen. Nach Vorbildern italienischer Renaissancegärten hat Karl von Ostertag-Siegle, der Schwiegersohn des Industriellen Gustav Siegle, 1905 den Park angelegt, der heute als Städtisches Lapidarium zum Staunen, Träumen und zum Ruhefinden einlädt. Die Bloggerin Emma von Bergenspitz hat diese grüne Oase voller Kunstwerke ausgewählt, um zu beweisen, wie glücklich die Kesselstadt macht.

 

Das lateinische Wort lapis bedeutet Stein. In diesem Freiluftmuseum erzählen 200 Skulpturen, Grabsteine und Steintrümmer abgerissener Bauten oft erstaunliche Geschichten. Zu sehen ist etwa die Trophäenfigur, die auf dem Königstor thronte, auf dem letzten Stuttgarter Stadttor von 1809, das den Abschluss der unteren Königstraße bildete und 1922 abgerissen wurde. Auch Reste des Kronprinzenpalais’ können bewundert werden, das nach heftigem Streit auf dem heutigen Platz des Kunstmuseums in den 1960ern für den Verkehr verschwinden musste statt aufgebaut zu werden.

„Für das Glück muss man was tun“

Stein ist verdichtete Vergangenheit. Stein, der nach Zerstörungen übrig geblieben ist oder für Neues weichen musste, regt zum Nachdenken an über das Wesen des Menschen und damit auch über die Zukunft. Die Suche nach dem Glück treibt viele um. Glück ist eine Momentaufnahme, kein Dauerzustand. „Glück ist ein Tunwort“, sagt die Autorin Emma von Bergenspitz, „man muss was dafür tun.“ Sie hat dafür das Buch „Glücksorte in Stuttgart“ geschrieben.

80 Glücksorte auf 166 Seiten sind es geworden. Das Lapidariun ist bei ihr eines der herrlichsten Wohlfühlsorte. Die 39-jährige Christiane Sutter, die seit März Chefin der zum Stadtpalais gehörenden Open-Air-Ausstellung ist, hat sich darüber so sehr gefreut, dass sie eine Ausnahme gemacht hat. Normalerweise wird der Park nicht für Feste vermietet, weder an Vereine und schon gar nicht an Privatleute. Emma von Bergenspitz durfte mit ihrem großen Netzwerk nun die Neuerscheinung an diesem „Glücksort“ feiern.

Zahlreiche Glückspilze feierten mit

In dem kurzweiligen Gespräch mit der Journalistin Kerstin Ruchay verriet die Autorin, wie sie die Orte ausgewählt hat. Orte, die in eine andere Welt führen, gefallen ihr besonders gut. Im Buch empfiehlt sie etwa das Teehaus, die Seilbahn zum Waldfriedhof, der Santiago-de-Chile-Platz, das Schloss Solitude, der Fernsehturm und das Friedrichsbau Varieté. Auf die Frage ans Publikum, ob es in dieser Stadt glücklich sei, kam ein vielstimmiges „Ja“ zurück. Allein schon die Aussichten von den Hügeln tun gut. Gesehen im Park der Glückspilze: Magierin Roxanne, Äffle-Autor Heiko Volz (war im Ampel-Jubel), Radiomoderatorin Stefanie Anhalt, Gastrosoph Bernd Heidelbauer, Clublegende Laura Halding-Hoppenheit, Designer Tobias Siewert, Galeristin Saby Lazy, Kinderhospiz-Botschafterin Christina Semrau, Kinderglückswerk-Vorsitzende Maria von Sachsen-Altenburg, Fotokünstler Wilhelm Betz, Musikerin und Frau-Kächele-Darstellerin Babs Steinbock und viele andere.

In der genervten Stadt gibt’s noch Glück, viel Glück sogar

Stuttgart, die Schöne, hat’s nicht leicht. Kaum einer sieht ihre Reize noch – die Stadt ist an vielen Ecken mit Bauzäunen umhüllt. Die Fülle an Baustellen – es wird nicht nur für S 21 gebuddelt, sondern für noch mehr Prestige-Architektur – lässt wenig Entspannung zu. Die Menschen sind ermattet von Staus, Feinstaub, Lärm. Und doch gibt’s in der genervten Stadt Glück, viel Glück sogar.

Wer immer nur das große Glück sucht, versäumt viel. Denn das große Glück macht sich rar oder kommt oft gar nicht, während sein kleiner Bruder an vielen Ecken auf uns wartet. Das kleine Glück darf nicht übersehen werden – man findet es etwa beim Lesen eines Buches in der Stille des erholsamen Lapidariums.