Wer wird Gesundheitsminister, warum macht es sich die deutsche Politik so schwer, und wann kommt endlich die Impfpflicht? Fragen, die beim ZDF-Talk von Markus Lanz gestellt wurden. Welche Antworten es gab, lesen Sie in unserer TV-Kritik.

Stuttgart - Karl Lauterbach mag noch so sehr nach dem Gesundheitsministerium schielen. Der in der Coronakrise omnipräsente SPD-Politiker kann den Posten aber gar nicht übernehmen, sagte sein Generalsekretär und wohl künftiger SPD-Bundesvorsitzender Lars Klingbeil in der TV-Talkshow von Markus Lanz. Der Grund: Keine Zeit. Karl Lauterbach würde ja ohnehin nichts ohne Markus Lanz machen, witzelt der 43-Jährige. „Und was würden Sie machen ohne Karl Lauterbach?“

 

Da bliebe Lanz’ linker, linker Platz wohl leer. Das gilt es zu vermeiden. Deshalb besetzte der Moderator das vakante Ministerium schon mal vorab: Andrea Nahles, Ex-Generalsekretärin, Ex-Juso- und Ex- Parteivorsitzende, Ex-Ministerin – die Ex-Politikerin also, so sein Tipp, soll es richten – mit Lauterbach als Staatssekretär. Am Montag zeigt sich, ob Lanz Recht hat. Dann will die SPD ihr Postengeschacher beenden und verkünden, wer welchen Ministerposten im künftigen Ampelkabinett übernehmen soll.

In der Kritik steh einmal mehr die Corona-Politik

Im Fernsehtalk mit Klingbeil, dem aus Magdeburg zugeschalteten Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), Kristina Dunz, Leiterin des Hauptstadtbüros des „Redaktionsnetzwerkes Deutschland“ und der Virologin Helga Rübsamen-Schaeff – fast alle übrigens auch Stammgäste bei Lanz, wenn Lauterbach mal keine Zeit hat – ging es aber vor allem um die aktuelle Corona-Lage und wie die Politik auf die Krise reagiert.

Erst vor zwei Wochen habe die Ministerpräsidentenkonferenz zuletzt getagt, am Dienstagnachmittag telefonierte man sich erneut zusammen und einigte sich auf eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen. Schon am Donnerstag in einer vorgezogenen Bund-Länder-Runde sollen die formell beschlossen werden. „Warum war das nötig?“, wollte Markus Lanz wissen.

Bund und Länder schieben sich die Verantwortung zu

Weil die designierte Bundesregierung mit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes und der Abschaffung der epidemischen Notlage einen gravierenden politischen Fehler begangen habe, meinte Haseloff. Damit habe man den Ländern die Instrumente aus der Hand genommen, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Diesen Fehler „hat sie nun eingesehen. Der designierte Kanzler hat angekündigt, es werde eine Novelle des Infektionsschutzgesetzes geben“. Das wäre dann schon die dritte.

Lars Klingbeil kritisierte Haseloffs Aussagen als Parteipolitik, was ihm erst eine Oberlehrerstunde durch den Ministerpräsidenten einbrachte: „Ich vertrete, was richtig ist in der Sache“, wenn der Genosse Sozialdemokrat schon länger in der Politik wäre, dann wüsste er das auch. Der „gestandene Politiker“ bedankte sich für die Tipps, „die ich nicht brauche“, und gab die Vorwürfe zurück: Die Länder, insbesondere Bayern und Nordrhein-Westfalen, setzten die im Gesetz vorgesehenen Instrumente halt nicht um. Gaststätten zu schließen sei auch über das Inkrafttreten des im Moment geltenden Wortlauts des Gesetzes am 15. Dezember hinaus möglich, meint Klingbeil. Das sei es nicht, meint Haseloff.

„Wir sind ein lernendes System“

Helga Rübsamen-Schaeff und Kristina Dunz ging das alles zu langsam. „Wir brauchen Führung, die ist ausgeblieben“, sagte Dunz. „Wir haben nicht gehandelt, wider besseres Wissen“, kritisierte die Virologin Rübsamen-Schaeff: Dass der Impfschutz mit der Zeit nachlasse, sei bekannt gewesen. Israel habe schon im Sommer mit dem Boostern begonnen. In einem Einspieler wurde der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gezeigt, wie er der Bundespressekonferenz schon im Juni vorrechnete, dass man im Herbst eine Inzidenz von mehr als 800 haben werde, wenn die exponentielle Verbreitung des Virus nicht gestoppt werde. Da lag sie gerade bei elf.

Man hat es also nicht gewusst? „Wir sind ein lernendes System“, sagte Haseloff. „Wir sind von einer Immunisierung ausgegangen“, die Erwartung sei gewesen, „wir impfen uns frei“. Inzwischen sei klar: „Das klappt nicht. Wir werden das Virus auch nicht weg boostern.“ Stattdessen werden wir „damit noch viele, viele Jahre zu tun haben, vielleicht sogar lebenslang“, so der Regierungschef.

Die Impfpflicht wird wohl kommen

Deshalb sei es auch gut, da war man sich einig in der Runde, dass die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht „gekippt ist“, wie Klingbeil sagte: Von den Versprechen, es werde keine Impfpflicht geben, ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. Auch er habe seine Meinung geändert und werde dafür stimmen. „Klar, Impfungen haben Nebenwirkungen“, sagte Helga Rübsamen-Schaff, „das ist eben so.“ Aber Impfen sei eben auch „immer ein Akt der Solidarität“.