Meistgelesen 2020 aus unserem Liebes-Archiv: Beim Thema Analverkehr scheiden sich die Geister. Warum dabei auch in Hetero-Beziehungen die Rollenverteilung nicht vorgeschrieben sein muss, erklärt unsere Kolumnistin Claudia Elizabeth Huber.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Nicht wenige Männer reizt der Analverkehr, das „Backdoor“. Sie finden die Vorstellung faszinierend, psychologisch ließe sich viel in die Hintergründe reininterpretieren. Aber drehen wir den Spieß erst mal um: Was, wenn eine Frau, nach Analverkehr gefragt, erwidert: „Klar – dreh’ dich doch mal um!“

 

Denn einen Arsch hat jeder. Und auch in heterosexuellen Beziehungen ist Rollenverteilung keineswegs festgeschrieben, im Gegenteil: Die Exploration des Anus ist anatomisch für Männer sogar spannender, denn die Prostata kann so super stimuliert werden. Eigentlich müssten wir also vom Umgekehrten ausgehen, woran beim Analverkehr die Mehrheit denkt.

Egal, wie man es mit den Rollen hält – in Internet-Foren kursieren abenteuerliche Gerüchte darüber, was es im Vorfeld zu solchen Praktiken zu beachten gilt: Du musst dich reinigen, brauchst einen Einlauf, antibakterielle Seife.

Keine ganz dummen Sachen machen

Dabei reinigt sich bei normalem Stuhlgang normalerweise das gesamte Enddarm-Segment und wer ganz sichergehen will, setzt sich beim Duschen in die Hocke und nutzt die Duschbrause und milde Seife.

Das soll nicht heißen, dass man die Hygiene vernachlässigen sollte. Wer es oral versucht, sollte wegen Chlamydien, E.-coli-Bakterien und dergleichen besser ein Lecktuch verwenden. Wer den Finger benutzt, sollte schauen, dass die Nägel geschnitten sind. Silikon-Gleitgel benutzten, aber nicht zu viel. Bei zu viel Flüssigkeit kann es passieren, dass sich der innere Sphinkter – der zweite Schließmuskel – verkrampft.

Und natürlich sollte man keine ganz dummen Sachen machen. Nur Toys verwenden, die dafür gemacht sind (erkennt man meistens an einer unten dicken Basis oder Schlaufe zum Festhalten) – sonst kriegt man die ohne ärztliche Hilfe nicht mehr raus; nichts scharfes verwenden, nicht rabiat werden; wer Hämorrhoiden hat, lieber vorsichtig sein, dem lässt sich aber mit Beckenbodentraining entgegenwirken.

Entsprechung des G-Punkts

Wovon ich ganz dringend abrate, sind schmerzreduzierende Mittel, mit denen manche werben. Man verliert dabei nur das Körpergefühl und wichtige Reflexe, die uns signalisieren, dass gerade etwas aus dem Ruder läuft.

So viel zum Vorgang an sich. Aber was bringt das alles überhaupt? Vor allem Männer profitieren von analer Stimulation, weil sie eine Prostata haben. Bei den Frauen – sofern es ihnen überhaupt gefällt – findet die Erregung dabei eher indirekt statt, weil die G-Fläche und die Klitoris nur indirekt stimuliert werden.

Die Prostata jedenfalls ist ein walnuss-großes Ding, das unterschiedlich tief liegen kann, aber Richtung Bauchdecke. Männer, empfinden es sehr, sehr unterschiedlich, dort berührt zu werden: Einige empfinden es als unglaublich angenehm, andere berichten lediglich von dem Gefühl, dringend pinkeln zu müssen und bei wieder anderen löst es offenbar gar nichts aus. Manche sprechen gar von einer Entsprechung des G-Punkts.

Es ist nicht schwul

Leider kommen viele Männer gar nicht so weit, das für sich herauszufinden. Denn bevor sie sich ausprobieren, denken viele: Bin ich dann schwul? Werde ich durch solche Praktiken meiner Männlichkeit beraubt?

Liebe Männer: Nein. Analer Verkehr, auch passiver, hat nichts mit sexueller Orientierung zu tun. Es hat auch nicht jeder homosexuelle Paar Analverkehr, viele bevorzugen es oral. Ich würde mir wünschen, dass Menschen hier mehr von ihrer Neugier getrieben sind, als sich von Kategorien der sexuellen Orientierung trieben zu lassen. Und wer es nicht mag, lässt es einfach bleiben.

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