Krämpfe im Unterleib, Unwohlsein oder Rückenschmerzen: Symptome, die wohl jede Frau während ihrer Periode kennt. Aber einige haben mit Höllenschmerzen zu kämpfen, denn sie leiden unter Endometriose. Warum eine Diagnose oft Jahre dauert und was man dagegen tun kann, erklärt die Gynäkologin Jutta Böhmler-Hahn.

Stuttgart - Der Unterleib ist völlig aufgebläht, jeder Gang zur Toilette wird zur Qual und Schmerzen machen einen normalen Alltag kaum möglich: Einige Frauen leiden während ihrer Periode unter Höllenschmerzen. Einen Satz, den sie dann immer wieder zu hören bekommen: „Stellen Sie sich nicht so an!“ Aber die Frauen haben nicht einfach nur Regelbeschwerden, diese Frauen leiden an Endometriose, eine chronische und ernstzunehmende Erkrankung.

 

Endometriose, das sind Schleimhautzellen außerhalb der Gebärmutter, die zyklisch reagieren. Sie können an der Blase sitzen, am Darm, an den Eierstöcken, an der Wand der Gebärmutter oder sogar an der Lunge. Wir nennen sie auch Schokoladenzysten, weil sie mit Blut volllaufen und dann aussehen wie kleine Schoko-Kugeln. Doch so harmlos das auch klingen mag, sie haben es in sich. Vor allem während der Periode sorgen sie für einen Reizzustand, der unerträglich sein kann.

Etwa zehn bis 15 Prozent aller Frauen leiden darunter

Am Anfang leiden die Frauen meist nur während ihrer Periode, später können die Beschwerden aber dauerhaft bleiben. Denn je mehr Verwachsungen durch die Entzündungsherde entstanden sind, desto schlimmer werden die Symptome. Vor allem Frauen im Berufsleben haben es dann schwer. Die Schmerzen machen es ihnen unmöglich zu arbeiten und das Verständnis für regelmäßige Ausfälle ist meist gering. Daher sage ich immer: ‚Geht raus, seid ehrlich und sagt, was ihr habt. Dann geht’s vielleicht einfacher.‘

Immerhin geht man davon aus, dass etwa zehn bis 15 Prozent aller Frauen in ihrem Leben eine Endometriose entwickeln. Dabei müssen aber nicht zwangsläufig Beschwerden auftreten. Was der Auslöser der Krankheit ist, ist unklar. Eine Theorie wäre, dass Blut während der Periode rückwärts durch den Eileiter fließt. Aber das geschieht bei allen Frauen. Andere wiederum gehen von einer Fehlfunktion des Immunsystems aus. Aber auch hier tappt die Medizin weitgehend im Dunkeln.

Das eigentlich Schlimme daran ist aber, dass eine Endometriose nicht so einfach zu diagnostizieren ist und daher oft verkannt wird – auch was das Leiden der Frauen betrifft. Es kann bis zu neun Jahre dauern, bis die Gewissheit da ist. Denn eine endgültige Klarheit gibt es nur auf dem OP-Tisch und das möchte man vermeiden.

Der letzte Ausweg ist eine Operation

Abhilfe schaffen kann beispielsweise die Anti-Baby-Pille. Auch eine Langzeiteinnahme dieser kann eine Therapie sein und die Beschwerden lindern. Denn die Eierstöcke haben dann quasi Ferien und können nicht mehr zyklisch reagieren. Manche Patientinnen kommen hingegen mit speziellen Diäten sehr gut zurecht: Kein Alkohol, keine Schokolade, rotes Fleisch meiden und vermehrt auf Gemüse, Salat und Obst setzten. Mit einer Schwangerschaft oder dem Eintreten der Menopause sind die Beschwerden meist auch weg oder zumindest gelindert – aber das ist für eine 19-Jährige ja auch keine Lösung.

Der letzte Ausweg ist eine Operation. Dabei wird das Gewebe entfernt. Doch die Endometriose ist nicht heilbar und kann jederzeit wieder zurückkommen. Je öfter man operiert, desto schlimmer kann es allerdings werden. Die Verwachsungen und Narben, die durch den Eingriff entstehen, werden zu einem zusätzlichen Problem. Ich hatte eine Patientin, die unglaubliche 29 Mal unter dem Messer lag deswegen. Aber die Kollegen wussten keinen anderen Weg, ihr zu helfen. Da wäre es wichtig, dass eine anständige Reha genehmigt wird und selbstverständlich ist. Aber die Krankenkassen sind da geizig. Es gibt deutschlandweit nur fünf Rehakliniken, die sich auf Endometriose spezialisiert haben. Nach so einer Operation braucht man die Reha einfach, das gehört doch immer dazu. Aber es ist ja „nur“ ein Frauenleiden.

Ein Rettungsanker für betroffene Frauen kann die „Endometriose-Liga“ sein. Der Verein unterstützt nicht nur die Forschung, sondern klärt auch auf, berät und vor allem rückt er die Endometriose stärker in den Fokus.

Jutta-Boehmler-Hahn:

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