Lasst uns über... Entscheidungen sprechen Verliebt in zwei Menschen – was tun?

Vielen Menschen fallen Entscheidungen extrem schwer. Foto: Unsplash/Irene Gunta

Der eine? Oder doch der andere? Wenn man zwischen zwei Menschen steht, fallen Entscheidungen nicht leicht. Was eine unromantische Hypothese damit zu tun hat und wofür sich wertkonservative Menschen entscheiden, erklärt Paartherapeut Oliviero Lombardi.

Stuttgart - Wenn man zwischen zwei Menschen steht und sich nicht entscheiden kann, muss man wissen, dass Entscheidungen immer subjektiv sind. Unsere Realität ist ein Konstrukt und je nachdem was man mit den Personen verbindet und welche Geschichte man selbst mitbringt, wird die Entscheidung so oder so ausfallen.

 

Paargeschichte ist ausschlaggebend

Menschen haben grundsätzlich Schwierigkeiten, sich zu entscheiden, was wiederum am Selbstvertrauen liegt. Wenn ich kein gutausgeprägtes Selbstbewusstsein habe, dann nehme ich an, dass eine Entscheidung falsch sein könnte. Viele schaffen es nicht, zu priorisieren, sind verunsichert und bereuen ihre Entschlüsse bereits nach kurzer Zeit.

Ist man in einer Beziehung und lernt jemand Neues kennen, ist die Paargeschichte auch ausschlaggebend: Der oder die Neue ist frisch, während man mit dem eigentlichen Partner eine Vergangenheit teilt. Natürlich ist es erst mal so, dass die langjährige Beziehung mit der neuen nicht konkurrieren kann, weil die negativen Eindrücke in der Verliebtheitsphase noch nicht stattgefunden haben. Indessen hat man viele Fantasien und Visionen für die Zukunft.

Wertkonservative Menschen sind eher unsicher

Wiegt man diese Gefühle ab und stellt sie mit der bestehenden Beziehung in Verbindung, merkt man, dass es ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen ist. Eine objektive Entscheidung ist nicht möglich, außer man setzt Prioritäten. Ist man ein wertkonservativer Mensch, entscheidet man sich eher für die bestehende Beziehung – wenn man in einer Umbruchphase ist, liegt das Abenteuer näher. Gerade wenn man viel Selbstvertrauen hat, entscheidet man sich häufiger für die unsichere Variante, die spannender sein kann, denn wertkonservative Menschen sind eher unsicher und halten sich lieber an dem fest, was sie bereits haben.

Es ist immer die „richtige“ Wahl

Ein interessantes Phänomen, das ich als Psychologe beobachte, ist, dass es immer die richtige Wahl ist. Trifft man eine Entscheidung, bestätigt man sie tendenziell, denn man gibt nämlich ungern zu, dass man die falsche Wahl getroffen hat. Das nennt man kognitive Dissonanz-Reduktion. Wenn ich mich für jemanden entschieden habe, glaube ich für mich, dass es richtig sei, weil diese und jene Punkte zutreffen. Diese selbsterfüllende Prophezeiung ist quasi eine Vorhersage, die ihre Erfüllung selbst bewirkt und positiv bestärkt. Das ist auch der Grund, warum Menschen aus allen Wolken fallen, wenn ihr Partner sie betrügt oder hintergeht. Sie sind in der „Traumpartner“-Phase steckengeblieben und haben alles andere ignoriert.

Es gibt keinen Mr. und keine Mrs. Wright

Das klingt zwar negativ, ist aber durchaus positiv zu verstehen: Wenn man sich für einen Partner entschieden hat, wird man mit ihm auch glücklich. Man nimmt die negativen Eigenschaften hin, akzeptiert sie und hebt das Positive in den Vordergrund. Im Grunde würde ich gerne die unromantische Hypothese verkünden, dass man in der Lage ist, mit jedem Menschen glücklich zu werden. Es gibt keinen Mr. und keine Mrs. Wright, denn glücklich kann man nur von innen heraus sein. Am Ende ist es eine Projektion oder man ist mit sich im Reinen. Im Idealzustand ist der Partner eine Ergänzung – glücklich muss man auch mit sich selbst sein.

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