Meistgelesen 2020 aus unserem Liebes-Archiv: Im Film sieht Sex auch unter anspruchsvollen Umständen immer wie die leichteste Sache der Welt aus. Ob es wirklich eine gute Idee ist, es auf dem Drucker zu machen oder ein Hotelzimmer zu verwüsten, versucht Sexcoach Claudia Huber zu beantworten.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Wenn jemand den Schreibtisch leerfegt, eine Explosion der Leidenschaft, man verbrennt sich fast beim Hingucken – wir alle haben solche Filmszenen gesehen. Die unter uns, die zusätzlich etwas Realitätssinn haben, denken sich vielleicht zusätzlich: Bei mir funktioniert das nicht, ich erhoffe es mir zwar, aber dem Versuch, das, was im Film passiert, selbst auszuprobieren, folgt die Ernüchterung.

 

Manchmal klappt das mit diesem völlig ungezügelten Filmsex wirklich – in hochemotionalen Situationen, etwa, wenn man mit jemandem das erste Mal ins Bett steigt. Aber beim zweiten Mal ist dieses Feuer schon nicht mehr so da. Und beim dritten Mal hat das Objekt der Begierde vielleicht Jogginghosen statt Spitzentanga an und die wird man einander jetzt auch nicht vom Leib reißen.

Wenn man ehrlich ist, läuft es viel öfter so: Wenn man die Partnerin auf den Tisch hievt, sind vielleicht die eigenen Beine zu kurz; es kann zu ungemütlichen Krampfanfällen kommen und mit dem Orgasmus wird das auch nichts.

Gewisse Fehlertoleranz beweisen

Warum das, was im Film so antörnend erscheint, in echt oft abtörnend ist, liegt an der Diskrepanz zwischen verbildlichten Fantasien, die emotionale Bedürfnisse abbilden und anatomischen Wirklichkeiten. Was wir natürlich trotzdem erleben wollen, sind Aufregung, Spannung, Leidenschaft.

Und es ist vollkommen okay und richtig, das Feld der Erotik auch auf dem Tisch, unter der Dusche, im Auto zu erkunden. Nur passiert es bei solchen waghalsigen Akten schnell, dass mal was schief geht. Und wir neigen dazu, etwas niemals zu wiederholen, wenn es ein Mal in die Hose ging.

Alle Beteiligten sollten danach schauen, dass aus Pannen keine Körbe werden. Wenn wir versuchen, uns mit erotischen Drehbüchern zu behelfen, sollten wir auch eine gewisse Fehlertoleranz beweisen. Mal kann es klappen, mal nicht.

Dreiviertelstunde Vorbesprechung unsexy

Ein ernsteres Thema, über das wir in diesem Kontext sprechen sollten, ist Übergriffigkeit. Im Film ist alles gescriptet. Da läuft alles wie angetrunken spontan ab. Absprachen, was okay ist, gibt es da keine.

Im echten Leben passen nicht alle so Eins zu Eins aufeineinander. Und eine halbe-, Dreiviertelstunde Vorbesprechung, was man beim Akt macht, kann sehr unsexy sein. Darum empfehle ich, solche Sachen nicht direkt davor, sondern prinzipiell zu besprechen. Achtsam sein. Vielleicht sollte jeder für sich aus solchen Gesprächen ein erotisches Tagebuch führen. Dann kann das eigene Liebesleben so leidenschaftlich werden wie im Film auch.

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