Der Moderator Jan Böhmermann – bekannt aus der umjubelten Talkshow „Roche & Böhmermann“ – geht jetzt mit „Lateline“ regelmäßig auf Eins Plus auf Sendung. Und auch ZDF Neo hat Großes mit ihm vor.

Stuttgart – Wahrscheinlich, witzelt Jan Böhmermann über seine Show „Lateline“ auf Eins Plus, dürfe er nur deshalb als einziger von vier Radiomoderatoren auch ins Fernsehen, weil er beim Honorar am schlechtesten verhandelt habe und der billigste war. „Alles andere würde keinen Sinn machen.“Wahrscheinlich ist es aber doch so, und ein Sprecher von Eins Plus bestärkt diese Interpretation, dass Böhmermann, der mit „Roche & Böhmermann“ (ZDF Kultur) eine der umjubelsten Talkshows des Vorjahres moderierte, schon ein bekanntes TV-Gesicht ist, das gleichzeitig sehr viel reden, denken, das Internet bedienen und auf die Kamera achten kann, was er den anderen drei „Lateline“-Moderatoren voraus hat.

 

Denn „Lateline“ ist genuin eine Radioshow, gesendet im Nachtprogramm von sechs jungen ARD-Wellen. Seit 2010 rufen montags bis donnerstags Hörer an, um zwischen 23 und 1 Uhr über alles Mögliche zu reden. Die Community auf Facebook und Twitter wird einbezogen. Im vorigen Winter holte der ARD-Digitalkanal Eins Plus die von Böhmermann geleitete Donnerstagsausgabe des Call-in-Formats zeitgleich ins Fernsehen. Der Testlauf von Radio mit Bild, aber ohne Musik funktionierte so gut, dass es die „Lateline“ von Donnerstag an regelmäßig zu sehen gibt. Und Staffel drei im Herbst ist schon avisiert.

Auch ZDF Neo hat Pläne mit ihm

Vielleicht hat Böhmermanns feste Verabredung auf Eins Plus die Programmplaner von ZDF Neo nervös gemacht. Auch sie haben mit dem Multimedientalent aus Bremen, das mühelos Gag an Gag reiht, Großes vor. Noch vor Eins Plus jagte der Konkurrent ZDF Neo, dem die Stars davonlaufen (Joko & Klaas), die Meldung hinaus, Böhmermann werde demnächst bei ihnen talken. Eine Nachrichtenmagazin-Satire soll entstehen, die sich mit gesellschaftlichen und politischen Themen auseinandersetzt. Man sei gespannt „auf die typische Tonalität, die Jan Böhmermann als Host in die Formatarbeit einbringen wird“, lässt ZDF Neo ausrichten. Der Gastgeber wiederum will versuchen, „mit kleinem, aber goldenem Besteck originell das Beste zu machen“.

Dass er das kann, hat er schon mit Erfolg im Retro-Talk „Roche & Böhmermann“ bewiesen. Eine Staffel lang setzten er und Charlotte Roche ihre Gäste Qualm, Whisky, diffusem Licht und irgendwie journalistisch gearteten Fragen aus. Dafür gab es den Deutschen Fernsehpreis, eine Grimme-Preis-Nominierung und die Auszeichnung als beste Unterhaltungsjournalisten des Fachorgans Medium Magazin. Dann war plötzlich Schluss, kurz vor Aufzeichnung der zweiten Staffel. Über die Gründe schwiegen sich die Protagonisten aus. Kolportiert wurden unüberbrückbare Differenzen zwischen Roche und der noch jungen Kölner Produktionsfirma Bildundtonfabrik.

Böhmermann kann man Wochen später über die Sache den Kommentar entlocken, er könne nach dieser Erfahrung den Satz seines „geliebten Intendanten“ Thomas Bellut voll unterstreichen: Die einzige Doppelmoderation, die im ZDF jemals funktioniert habe, seien die Volksmusikanten Marianne und Michael. Den sentimentalen Blick zurück könne er, der sein Alter, Achtung Gag, mit „ungefähr Anfang 20“ angibt, sich „allein schon aus biologischen Gründen“ nicht leisten: „Was umfällt und angeschossen am Boden liegt, wird liegen gelassen. Man muss weiter“, sagt Böhmermann. Und das tut er nun parallel auf zwei Sendern. Ein Problem sieht er darin nicht und bleibt ganz Realist: „Ich bin nicht Markus Lanz, der den Samstagabend retten muss. Da ist keiner pingelig, wenn ich zwei sympathische Kleinprojekte nebeneinander mache.“