Der eine freut sich über das Farbenmeer, der ändere ärgert sich, weil das Laub weg muss. Doch die bunten Blätter sind keine Laune der Natur, sondern eine Überlebensstrategie.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Filder - Der Herbst ist alles andere als trist und grau. Zumindest in den Wochen, in denen sich die Blätter der Bäume bunt färben. Doch nicht jeder kann die Farbenpracht genießen, viele denken auch an die Unmengen Laub, die nun wieder zusammengerecht, geblasen oder gesaugt und entsorgt werden müssen. Zumindest im eigenen Garten muss man da aber gar nicht so gründlich sein.

 

Diese Tiere überwintern im Laub

„Für die Natur ist es am besten, das Laub dort, wo es nicht stört, liegen zu lassen oder zu Haufen zusammenzukehren“, sagt Volker Weiß vom Nabu Baden-Württemberg. Denn viele tierischen Helfer im Garten seien darauf als Winterquartier angewiesen. „Für Igel, Regenwürmer, Kröten, Asseln und Spinnen ist das überlebenswichtig“, erklärt Weiß. Diese Tiere seien die besten Freunde des Gartens, weil sie Schnecken fressen oder den Boden verbessern. In sterilen, mit Laubsaugern blitzblank geputzten Gärten fehlen die natürlichen Helfer, weil die Geräte sie im schlimmsten Fall töten und zu wenig Laub liegen bleibt. Zudem sei Laub ein guter Dünger und Frostschutz, erklärt Weiß: „Laub, das auf den abgeernteten Beeten verteilt wird, schützt den Boden im Winter und führt ihm Nährstoffe zu. Ein wahrhaft grüner Daumen braucht dann keine Chemie mehr.“

Darum werfen Bäume ihre Blätter ab

Dass Laubbäume und Sträucher im Herbst ihre Blätter abwerfen, ist ein natürlicher Prozess und für die Pflanzen überlebensnotwendig. Sie bereiten sich damit auf den Wassermangel im Winter vor. Denn über die Blätter verdunstet ständig ein großer Teil des von den Wurzeln aufgesogenen Wassers. Wenn im Winter der Boden gefriert, bleibt der Wassernachschub aus, Bäume und Sträucher können nicht mehr genug Wasser aufnehmen. Die Pflanzen würden langsam austrocknen, hätten sie noch Blätter.

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Im Winter kahl zu sein, hat für Bäume und Sträucher noch weitere Vorteile: Mit den Blättern entsorgen die Pflanzen auch giftige Stoffwechselendprodukte und gespeicherte Umweltgifte. Zudem halten sie ohne Laub der Schneelast besser stand. Und die kahlen Bäume sichern den im Frühling austreibenden Knospen ausreichend Licht für ihre Entwicklung.

Diese Faktoren sind entscheidend

Wann sich die Blätter bunt färben und schließlich zu Boden fallen, hängt von vielen Faktoren ab. Auch darüber informiert der Nabu. Geht es um den natürlichen Prozess, sind Tageslänge, Temperatur und dadurch gesteuerte Hormone die entscheidenden Faktoren. Durch Umwelteinflüsse kommt es aber auch immer wieder zu vorzeitigem Laubfall. Die Blätter sind dann oft noch grün, häufig aber auch braun gefärbt. In längeren Hitzeperioden vertrocknen die Blätter. Doch auch erhöhte Bodenfeuchtigkeit führt zum Verwelken, weil die Wurzeln faulen und kaum noch Wasser aufnehmen. Schadstoffe im Boden und in der Luft, wie etwa die Chlorid-Ionen aus dem Streusalz oder Stickoxide in Autoabgasen, schwächen die Pflanzen und lassen die Blätter schon im Sommer von den Bäumen fallen. Wenn Esche, Erle und Holunder grüne Blätter abwerfen, ist das allerdings normal, denn sie verfärben sich nicht.

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Im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren sei der diesjährige Herbst wieder normal und schön bunt. Das hat Kathrin Klein vom Forstbezirk Schönbuch beobachtet. Die vergangenen beiden Jahre seien heiß und trocken gewesen, da hätten viele Bäume ihre Blätter schon früher abgeworfen. „Diesmal ist es wieder der normale Gang der Dinge und Spaziergänger können die Jahreszeit optisch genießen“, sagt die Försterin.

Darum werden die Blätter bunt

Das leuchtende Farbenspiel beruht in erster Linie auf einer Änderung des Mengenverhältnisses der Farbstoffe in den Blättern. Im Frühling und Sommer überwiegt der grüne Chlorophyll, das für die Photosynthese gebraucht wird. Er überdeckt die anderen Pigmente. Um einen Verlust dieses für die Pflanze sehr wichtigen Farbstoffs zu verhindern, zerlegt sie ihn im Herbst fast vollständig in kleinere Bestandteile, die sie aus dem Blatt herauszieht und bis zum nächsten Frühjahr in Zweig, Stamm oder Wurzel deponiert. Durch den Wegfall des Blattgrüns können nun die anderen Pigmente voll zur Geltung kommen. Die Karotinoide erzeugen orangefarbene und rote Töne, Xanthophylle sind gelb und die Anthocyane violett bis blau. Braun werden die Blätter erst, wenn sie absterben. Ursache ist die Oxidation von Gerbstoffen zu braunen Farbstoffen, den Phlobaphenen.

So kann Laub entsorgt werden

Doch so schön die Farbenpracht auch ist, vom Gehweg muss sie weg. Denn rutschen Passanten auf glitschigen Blättern aus, haftet der Hauseigentümer beziehungsweise der Mieter. Für die Entsorgung des Laubs bieten die meisten Kommunen einfache Lösungen an. In Stuttgart kann man Grüngut kostenlos abholen lassen. Die Anmeldung bei der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) erfolgt telefonisch oder mit Postkarten, die dem Abfallkalender beigefügt sind. Im Landkreis Esslingen können für Laub bis 31. Dezember spezielle Säcke gekauft werden. Diese werden gefüllt neben der Biotonne für die Abfuhr bereitgestellt. Die Abfallwirtschaft im Landkreis Böblingen bietet bis einschließlich Dienstag, 30. November, die kostenfreie Abgabe von Laub und Gras an. In diesem Zeitraum stehen spezielle Container auf den Häckselplätzen.