Kommt es beim Klimagipfel in Paris zum Durchbruch, dann ist das Laurent Fabius zu verdanken. Der Franzose steuerte den Gipfel mit großem Geschick.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Der UN-Klimagipfel in Paris läuft immer noch auf Hochtouren, um die letzten Streitfragen des neuen Weltklimavertrags aus dem Weg zu räumen. Aber einen Erfolg hat Frankreichs Außenminister Laurent Fabius schon in der Tasche – oder vielleicht sollte man bei ihm, dem ranghöchsten Diplomaten Frankreichs, die Formulierung wählen: am Revers. Denn es gibt unter den 10 000 Politikern und Diplomaten, die seit zwei Wochen um einen Durchbruch für ein Abkommen zur Eindämmung der globalen Erwärmung ringen, nicht wenige, die Fabius am liebsten gleich einen „Orden Pour le Mérite“ an die Brust stecken würden – sei es in Gold, am Bande oder im Großformat.

 

Und das liegt ganz sicher nicht daran, dass der Konferenzpräsident auch in der Endphase des Gipfels, in dem die Nächte zum Verhandeln immer länger und zum Schlafen immer kürzer werden, stets wie aus dem Ei gepellt auf dem Podium sitzt, wenn im „Comitée de Paris“ oder im Plenum der „21. Conference of Parties“ (COP 21) der erste, der vorletzte oder der finale Verhandlungsentwurf präsentiert wird. Wie der Schlafmangel an den Kräften zehrt, wissen die 195 Umwelt- und Klimaminister und ihre Spitzenbeamten mittlerweile alle. Aber Fabius wirkt stets, als sei er gut erholt und völlig präsent.

Dass es immer so aussieht, als strahlten seine Hemden besonders weiß, als schimmerten seine Krawatten in noch edlerem Seidenglanz, ist dabei nebensächlich. Aber irgendwann, wenn Fabius nach dieser UN-Konferenz zur Ruhe gekommen sein wird, werden ihm sicher die Ohren klingeln. Denn noch bei keinem Klimagipfel zuvor ist ein noch amtierender Verhandlungsführer derart mit Lob überschüttet worden. Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) war eine der Ersten, die die Verdienste des französischen Außenministers herausstellte und die Nachbarn im Westen als „Grande Nation der Diplomatie“ gewürdigt hat.

„Frankreich hat nun einmal die besten Diplomaten der Welt“, erklärte sie freimütig bei einem Briefing, um dann mit einem tröstenden Seitenblick auf ihre eigenen Top-Beamten hinzuzufügen, dass diese ihr Handwerk natürlich auch gut verstünden. Die 38-jährige luxemburgische Umweltministerin Carole Dieschembourg, die in Paris die EU-Delegation leitet, nennt den 69-Jährigen einen „Meister seines Fachs“.

Fabius hat eine klassische französische Diplomatenkarriere hinter sich. Er studierte Politik und Philosophie an zwei Elitehochschulen, ging in den Staatsdienst und von dort in die Politik. Er war Abgeordneter, stieg zum Forschungsminister auf, war schon Premierminister und Präsident der französischen Nationalversammlung und ist seit 2012 Außenminister.

Mit „großer Ruhe und Sachlichkeit“ steuere er den komplizierten Verhandlungsprozess, betont Carole Dieschembourg. „Dass er in der ersten Indaba-Gruppe bis morgens um fünf Uhr präsent war, verleiht ihm große Glaubwürdigkeit und das Geschick, genau zum richtigen Zeitpunkt die nächste Etappe in Angriff zu nehmen“. „Indaba“ ist ein gutes Stichwort, um die verhandlungstechnischen Eigenheiten der Klimagipfel zu erläutern: 2011 in Durban hat die damalige Cop-Präsidentin Nkoana-Mashabane in schwieriger Phase sich an den Bräuchen der Zulu orientiert: Konflikte im Konsens zu lösen, wie es der Rat der Weisen im Dorf Indaba tut. Im Jahr zuvor stieg Mexikos Außenministerin Patricia Espinosa zur „Klimagöttin von Cancun“ auf, weil sie – in Abkehr von den Geheimverhandlungen von Kopenhagen im Jahr zuvor – sämtliche Konfliktfragen in endlosen , offenen Plenumsdebatten zu Tode diskutieren ließ. Den allerletzten Widerständler – Bolivien – klopfte die Sitzungsleiterin nach der letzten Nacht eigenhändig mit dem Hämmerchen nieder. Sie nahm die Bedenken Boliviens zu Protokoll und erklärte die Cancun-Erklärung für angenommen. „Fabius hat mit seiner Mannschaft einen super-demokratischen COP-Prozess organisiert“, sagt auch Sabine Minninger, Klimaexpertin bei „Brot für die Welt“. „Diese Verhandlungen waren wirklich an den Mitgliedsstaaten orientiert, transparent und inklusiv. Kein Land war außen vor.“

Weitgehend einig sind sich die Staaten schon darüber, dass die Erderwärmung „deutlich“ unter zwei Grad gehalten werden soll. Drei große Fragen sind noch zu lösen: Finanzen, Ambitionen und Transparenz. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen steht die künftige Lastenteilung zwischen Industrie- und großen, leistungsfähigen Schwellenländern. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen pochen China und Indien auf der alten Zweiteilung, wonach nur die Industriestaaten Zahlungspflichten übernehmen müssen. Die USA und auch Europa wollen eine feiner abgestufte Differenzierung der Verantwortlichkeiten. Hinter den Kulissen läuft die Diplomatie auf Hochtouren. US-Präsident Barack Obama und sein chinesischer Kollege Xi Jinping haben telefoniert. Seine eigentliche Meisterleistung – die COP ins Ziel und das Klimaabkommen zur Unterschriftsreife zu bringen – muss Fabius aber erst noch vollbringen.