Russland will offenbar Kampfschwimmer und Marinetaucher durch Delfine, Robben und sogar Schwertwale ergänzen. Der Verteidigungsminister nennt es „hybride Kriegsführung“.

Moskau - Wozu brauchen Luftlandetruppen ein derart tiefes Schwimmbecken zum Üben? Die Frage stand ausgewählten Journalisten staatsnaher TV-Kanäle, die Verteidigungsminister Sergei Schoygu begleiten durften, förmlich im Gericht geschrieben, als dieser am Wochenende die Baustelle auf dem Gebiet einer Offiziersschule in Rjasan östlich von Moskau besuchte. Zumal wegen schlechter Kassenlage auch der Rüstungsetat für 2016 um zehn Prozent gekürzt wurde. Nicht betroffen, sagte der Minister, seien Mittel für die „hybride Kriegsführung“. Sie würden sogar aufgestockt. Dieser Begriff kam während der Krimkrise 2014 auf und meint die Kombination von militärischen und nicht militärischen Kampfmethoden. Dazu zählt neben der Propaganda auch der Einsatz von Tieren: Delfine, Robben, Seelöwen und sogar Schwertwale.

 

Schon 2013 nahm daher an der Offiziersschule der Luftlandetruppen in Rjasan eine Fakultät für Spezialaufklärung den Lehrbetrieb auf. Schwerpunkt ist offiziell die Ausbildung von Tiefseetauchern und Kampfschwimmern für die Kriegsmarine, die in dem tiefen Becken in Rjasan auch an einer Unterwasser-Schießanlage üben sollen. Wie indes die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ unter Berufung auf Quellen im Verteidigungsministerium schreibt, sollen dort künftig auch Spezialeinheiten für die Arbeit mit Kampfdelfinen ausgebildet werden. Der erste Studiengang werde schon im kommenden Jahr seinen Dienst antreten.

Die Tiere dürfen pro Stück maximal 4600 Euro kosten

Vor wenigen Wochen, so das Blatt weiter, habe das Verteidigungsministerium die Beschaffung von fünf Delfinen – drei davon Weibchen – öffentlich ausgeschrieben. Die Tiere dürfen pro Stück maximal 350 000 Rubel – rund 4600 Euro – kosten und müssen bis zum 1. August an die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol geliefert werden. Im dortigen Ozeanarium hatte vor dem Russlandbeitritt der Krim schon die Ukraine Kampfdelfine ausgebildet. Moskau, so berichteten mehrere russische Zeitungen, habe die Tiere übernommen, diese hätten bereits an Übungen der russischen Kriegsmarine teilgenommen.

Das Verteidigungsministerium in Moskau will sich dazu nicht äußern. Schon das „Delfin-Programm“ der Sowjetunion war streng geheim. Selbst in der Ära von Perestroika und Glasnost – Reformen und Transparenz – wurde nur bekannt, dass Delfine und andere hochintelligente Meeressäuger nicht nur auf der Krim, sondern auch im Fernen Osten und in der Arktis zu Kampfmaschinen ausgebildet wurden.

Die USA nutzten die Meeressäuger schon im Kalten Krieg

Jetzt hat Moskau die Arktis wiederentdeckt und treibt den Ausbau der militärischen Infrastruktur zügig voran. Beobachter glauben, auch das Delfin-Programm werde dort eine Renaissance erleben. Die Tiere verursachen kaum Kosten und hätten sich bereits als effektiv erwiesen. Besondere Hoffnungen würden dabei auf den Schwertwalen ruhen. Das sind Verwandte der normalen Delfine, die wegen ihrer brutalen Jagdmethoden auch als Killerwale bezeichnet werden und in küstennahen arktischen Gewässern leben.

Die USA nutzten die Meeressäuger schon in der Zeit des Kalten Krieges. Delfine, schreiben russische Medien, seien auch im ersten und im zweiten Irakkrieg eingesetzt worden. 75 Tiere hätten im Persischen Golf nach Antischiffsminen gesucht, die Trefferquote sei sehr hoch gewesen.

Die Russen konkurrieren mit der USA

Schon das Gerangel um die Ausdehnung der 200-Meilen-Wirtschaftszonen in der Arktis, in deren Schelf riesige Öl- und Gasvorkommen lagern, hat das Verhältnis Russland-USA massiv getrübt. Durch die Ukrainekrise eskalierten die Spannungen weiter. Extrem übel nahm Moskau Washington daher Manöver der 2. Anti-Minengruppe der Marinekräfte der Nato, die im April 2015 mit nicht näher definiertem Ziel unweit der Krimküste stattfanden. Dabei sollen Medien-Berichten zufolge auch in den USA ausgebildete Delfine eingesetzt worden sein und russische Echo-Radaranlagen außer Betrieb gesetzt haben. Das, sagt ein Marineoffizier, der anonym bleiben will, sei Science-Fiction und noch dazu schlechte. Russland strebe Derartiges daher gar nicht erst an. Wohl aber könnten Delfine für das Bewachen von Schiffsverbänden und sogar als „Wachhunde“ für ganze Buchten ausgebildet werden.