Im Herbst scheidet er als Chef der Landesbank aus. Was er dann macht, weiß Hans-Jörg Vetter angeblich noch nicht. Nun wird er als künftiger Chefaufseher der Commerzbank gehandelt – und dementiert nicht.

Stuttgart / Frankfurt - Es sollte wie ein Dementi klingen, war aber kein richtiges. Ahnungslos gab sich Hans-Jörg Vetter, als das „Manager-Magazin“ im vorigen August berichtete, er erwäge, als Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) vorzeitig abzutreten. „Davon ist mir nichts bekannt“, sagte der 63-Jährige nur. Ein halbes Jahr später, im Februar, war es dann so weit: Da kündigte Vetter tatsächlich an, ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags in diesem Herbst auszuscheiden, so wie er sich das vorsorglich ausbedungen hatte. Als einzigen Grund nannte er sein Alter, persönliche Motive blieben im Dunkeln.

 

Nun ist der Noch-LBBW-Chef wieder bemüht, Schlagzeilen zur Unzeit zu vermeiden. Was seine eigene Zukunft angehe, beschied er den Medienvertretern bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz, habe er sich „noch keine Gedanken gemacht“. Abgenommen wurde ihm das nicht so recht, zumal er keineswegs müde oder ausgelaugt, sondern präsent und zupackend wie eh und je wirkte. Vetter werde sich sicher nicht abrupt ins Privatleben zurückziehen, auch wenn dieses für ihn einen hohen Stellenwert habe, sondern manches Mandat behalten oder neu übernehmen, vermuteten Weggefährten schon länger. Tatsächlich ist Vetter für eine wichtige neue Aufgabe im Gespräch: In Finanzkreisen wird er als möglicher Anwärter für den Aufsichtsratsvorsitz bei der Commerzbank in Frankfurt gehandelt. Noch wird das einst vom Bund gerettete Geldhaus von seinem früheren Vorstandschef Klaus-Peter Müller (71) beaufsichtigt, aber die Suche nach einem Nachfolger läuft bereits.

Bisher gestaltete sie sich dem Vernehmen nach mühsam. Mit dem scheidenden LBBW-Chef wird nun ein Banker frei, der nach Ansicht von Branchenkennern ziemlich gut auf den Posten passen könnte. Ob er tatsächlich Chancen habe, sei freilich offen; im Blick sollen auch andere, bisher nicht genannte Aspiranten sein.

Offiziell gibt es natürlich keine Auskünfte. Angelegenheiten des Aufsichtsrats kommentiere man generell nicht, heißt es bei der Commerzbank. Auch Vetter wiegelt ab. „Meines Wissens steht da nichts an“, sagte er der Stuttgarter Zeitung am Rand der Bilanzpressekonferenz; im Übrigen wolle er sich „nicht an Spekulationen beteiligen“. Auch ein LBBW-Sprecher teilte auf Anfrage lediglich mit, man wolle „das Thema nicht kommentieren“. Ein Dementi klingt anders. Stünde Vetter nicht zur Verfügung, könnte er das klipp und klar sagen.

Klaus-Peter Müller ist zwar noch bis zum Frühjahr 2018 gewählt, über die bei der Commerzbank übliche Altersgrenze von 72 Jahren hinaus. Nachdem die Nachfolge des Vorstandschefs Martin Blessing geklärt ist – für diesen kommt Martin Zielke, ein Kollege aus dem Führungsgremium –, fahndet man nun verstärkt nach einem neuen Chefkontrolleur. Favorisiert wird offenbar jemand von außen, der nicht in interne Seilschaften eingebunden ist und keine Rücksichten nehmen muss. Wird die dafür gebildete Kommission unter Vorsitz des Industriefunktionärs Markus Kerber fündig, ist auch ein früherer Rückzug Müllers möglich; bei der Hauptversammlung im Frühjahr 2017 könnte der Nachfolger – im Fall des Falles Vetter – in den Aufsichtsrat einziehen und sich dort einarbeiten.

Wenige Monate nach seinem Abschied in Stuttgart würde sich das für ihn nicht nur zeitlich gut fügen. Der gebürtige Göppinger brächte aus Sicht von Branchenkennern alles mit, was nötig wäre, um die Commerzbank zu beaufsichtigen. Nach einer langen, beachtlichen Karriere bei öffentlichen und privaten Banken – und das sogar ohne Abitur – kennt er das Geldgeschäft in sämtlichen Facetten. Die einst wankende LBBW hat er so geräuschlos wie erfolgreich saniert; wie zukunftsfest sie ist, muss sich noch weisen. Sein Schwerpunkt lag dabei beim Abbau alter Risikopositionen und der Vermeidung neuer Risiken – ein Kurs, der auch zu der mit Steuergeldern geretteten Commerzbank passen würde, bei dem der Bund immer noch größter Einzelaktionär ist.

Als hilfreich für Vetter gilt auch, dass im Bundesfinanzministerium ein enger Vertrauter von ihm sitzt: der Jurist und Abteilungsleiter Levin Holle, zuständig für Finanzmarktpolitik. In seinem früheren Leben war Holle Berater bei der Boston Consulting Group (BCG), die die Sanierung der Landesbank Berlin unter Vetter begleitete. Seit diesen Tagen kennen und schätzen sich die beiden. Holle, heißt es, habe wiederum einen guten Draht zum Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU). Ob sich Schäubles Ministerium in die Personalie einmischt, gilt indes eher als fraglich.

Als Chefaufseher der „Coba“ würde Vetter nicht nur eine spannende Aufgabe, sondern auch eine stattliche Vergütung erwarten: Beim Aktionärstreffen 2016 am nächsten Mittwoch soll diese auf 240 000 Euro festgelegt werden, das Dreifache eines einfachen Mitglieds. Zudem könnte er sich das Pendeln sparen: auch in seiner Stuttgarter Zeit blieb er stets in Frankfurt wohnen und logierte nahe der LBBW im Hotel.

Wenn Vetter am Ende nicht zum Zuge kommt, dürfte er das verschmerzen können: Für den Posten in Frankfurt ernsthaft gehandelt zu werden ist schließlich alles andere als ehrenrührig.