Rainer Neske verlies im vergangenen Jahr den Vorstand der Deutschen Bank, weil er die neue Strategie des Instituts nicht mittragen wollte. Nun soll er bei der LBBW die Nachfolge des Sanierers Hans-Jörg Vetter antreten.

Frankfurt - Im Nachhinein hätte es für Rainer Neske nicht besser laufen können. Als der langjährige Chef des Privat- und Firmenkundengeschäfts der Deutschen Bank im Frühjahr vergangenen Jahres freiwillig seinen Abschied per Ende Juni verkündete, wusste er noch nicht, welche Chefposten in der Branche frei werden würden. Doch er hatte wegen einer Konkurrenzklausel in seinem Vertrag ohnehin ein Jahr Zeit, sich einen neuen Job zu suchen. Der Rückzug von LBBW-Chef Vetter kommt für Neske nun gerade recht. Und bei der Deutschen Bank, für die der Manager 25 Jahre gearbeitet hatte, hat sich die Situation aus seiner Sicht auch nach dem dortigen Chefwechsel nicht verbessert.

 

Der gebürtige Münsteraner kam 1990 direkt nach dem Studium der Informatik und Betriebswirtschaft in Karlsruhe zur Deutschen Bank. Dort machte er schnell Karriere, wurde 2003 Vorstandssprecher der Deutschen Bank 24 und Mitglied des erweiterten Führungsgremiums des Konzerns, 2009 dann Vorstandsmitglied.

Neske wollte die neue Strategie nicht mittragen

Doch der von der bis Mitte 2015 amtierenden Co-Spitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen durchgesetzte Strategiewechsel war mit ihm nicht zu machen. Neske, so hieß es, sei der einzige im Vorstand gewesen, der sich gegen den Verkauf der Postbank und die wieder stärkere Ausrichtung auf das Investmentbanking ausgesprochen hatte. Damit war dem Diplom-Informatiker klar, dass seine Chancen, in Deutschlands größtem Geldhaus weiter aufzusteigen, gering waren. Hinzu kam, dass es auch Kritik an seiner Arbeit gab, etwa an der eher zögerlichen Integration der Postbank. Konsequenterweise wählte er den Abschied – und bekam dafür auf der folgenden Hauptversammlung Applaus von den Aktionären. Zusätzliche Pluspunkte sammelte er dadurch, dass er auf eine Abfindung verzichtete, obwohl sein Vertrag noch bis 2017 gelaufen wäre. „Da geht mal wieder ein Bankier, kein Banker“, kommentierte ein Anteilseigner auf der Hauptversammlung.

Neske konnte sich diese konsequente Haltung gut leisten. Das nicht nur, weil er mit einem Jahresgehalt von zuletzt 4,4 Millionen Euro wirtschaftlich gut abgesichert war und er nicht befürchten musste, seine Ehefrau und die drei Kinder nicht mehr ernähren zu können. Zudem bescheinigten Personalberater dem heute 51-Jährigen schon damals, dass er aufgrund seiner beachtlichen Leistungen beim Aufbau des Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank alle Chancen habe, schnell wieder eine Führungsrolle in der Bankenbranche zu finden.

Der Neue war auch als Commerzbank-Chef im Gespräch

Tatsächlich tauchte sein Name schon sehr schnell wieder in der Diskussion auf. Als Commerzbank-Chef Martin Blessing im November 2015 erklärte, dass er seinen Vorstandsvertrag nicht über Oktober 2016 hinaus verlängern wird, war Neske einer der ersten, die in Branchenkreisen als Nachfolger gehandelt wurden. Doch angeblich hat sich Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller gegen einen solchen Wechsel ausgesprochen – Deutsche und Commerzbank sind halt immer noch ganz besondere Wettbewerber. Dabei hätte Neske zur Commerzbank gepasst. Er ähnelt vom Typ her dem heutigen Chef Blessing. Neske legt Wert auf Zeit für seine Familie, geht am Samstag gern selbst auf dem Wochenmarkt einkaufen und hält auch schon mal auf den Nachhauseweg bei der Pizzeria, um dort das Abendessen abzuholen.

Nun also wird er doch noch Chef, und das bei Deutschlands größter Landesbank LBBW. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Vorstand der Deutschen Bank zu einem öffentlichen Institut wechselt. 2002 hatte diesen Weg auch Thomas Fischer gewählt. Der ging, als er nicht Chef wurde und übernahm dann das Zepter bei der WestLB. Neske könnte zugutekommen, dass er sich mit Informationstechnologie gut auskennt. Die Digitalisierung ist eine der Herausforderungen, die die Bankenbranche neben der Niedrigzinspolitik und den regulatorischen Anforderungen in den kommenden Jahren bewältigen muss.