Die Träger müssen stille Einlagen eintauschen, um die Banken zu stärken. Das löst Debatten aus, immerhin geht es um viel Geld. Auch die OB-Kandidaten sind verschiedener Meinung, was zu tun ist.

Stuttgart - Viele Eigentümer von Kreditinstituten in Deutschland sind von der europäischen Bankaufsichtsbehörde Eba aufgefordert worden, ihre Häuser krisensicherer zu machen. Deshalb sollen nur noch Finanzinstrumente zum sogenannten harten Kernkapital zählen, die definitiv an möglichen Verlusten beteiligt sind. Auch die Anteilseigener der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Land, Stadt Stuttgart und Sparkassen sind deshalb aufgefordert, bis Januar 2013 ihre stillen Einlagen in voll haftendes Eigenkapital umzuwandeln – was auf politischer Ebene für Debatten sorgt.

 

Es geht dabei um viel Geld, um insgesamt 3,2 Milliarden Euro. Allein die Stadt Stuttgart verfügt über 698 Millionen Euro an stillen Einlagen, sie soll entsprechend ihrem Anteil am Unternehmen (18,9 Prozent) also etwa 600 Millionen Euro tauschen. Und eben darüber wird in den nächsten Wochen im Gemeinderat diskutiert werden. Denn die Fraktionen im Rathaus sind unterschiedlicher Meinung. Die einen wollen bei der Umtauschaktion mitmachen, andere sind skeptisch oder lehnen die feste Beteiligung ab, weil sie diese als riskant erachten. Auch die OB-Kandidaten haben unterschiedliche Vorstellungen. Eines jedenfalls sei aus vertraglichen Gründen nicht möglich, sagt auf Anfrage der Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU): nämlich das Geld aus der Bank abzuziehen.

Weshalb birgt das Thema Brisanz? Für ihre stillen Einlagen hat die Stadt von der Bank, als es ihr noch gut ging, immer feste Zinsen bekommen – bis 2009 etwa sechs Prozent. Auf hartes Kernkapital wurde eine vom Aufsichtsrat beschlossene Dividende gezahlt, die etwas niedriger lag als die Zinsen bei den stillen Einlagen. Die Dividende kann, wie auch die Zinszahlung bei stillen Einlagen, ausfallen. Ein Unterschied zwischen diesen beiden Anlageformen aber ist: bei stillen Einlagen hat die Bank eine Nachzahlungspflicht. Der Anspruch entfällt nicht wie bei der Dividende. Der noch nicht an die Stadt bezahlte Betrag beläuft sich mittlerweile auf 112 Millionen Euro. Bei einer Umwandlung der stillen Einlagen in Kernkapital verlöre die Stadt wohl diesen Rechtsanspruch.

Die Beteiligung der Stadt war wertlos

Aus Ertragssicht war die Beteiligung der Stadt an der LBBW in Höhe von 1,2 Milliarden an Kernkapital und 690 Millionen Euro an stillen Einlagen in den vergangenen Jahren wertlos: 2010 als auch 2011 gab es wegen des schlechten Ergebnisses keine Ausschüttungen; dabei hatte Kämmerer Michael Föll für den Haushalt der Stadt Stuttgart 2012/2013 rund 184 Millionen Euro eingeplant.

Der Finanzbürgermeister sagte, die Stadtverwaltung habe ein Gutachten zur Bewertung der Bank in Auftrag gegeben und das Regierungspräsidium um Prüfung von Rechtsfragen gebeten. Die Verwaltung sei „ergebnisoffen“. Gründe für eine Beteiligung an der Umwandlung könnten sein, dass die Bankenaufsicht eine Teilnahme aller Träger vorschreiben und die Stellung der Stadt zudem durch ihr Mitwirken gestärkt werden könnte. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) wolle den Einfluss auf die LBBW erhöhen, indem er erreicht, dass künftig etwa Satzungsänderungen nur noch einstimmig erfolgen dürften. Über diesen Minderheitenschutz verhandele Schuster derzeit mit den Partnern.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Alexander Kotz, sagte, seine Partei habe sich noch nicht entschieden. Er sieht aber keinen Nachteil in der Umwandlung. Künftig werde in guten Jahren eine Dividende auf das höhere Kernkapital ausgeschüttet, in schlechten Jahren falle das Ergebnis immer noch besser aus als heute, da die Verzinsung der stillen Einlagen wegfalle. Er fordert ein „besseres Mitspracherecht“ der Stadt.

Der Einfluss muss bleiben, sagt Wilhelm

Roswitha Blind (SPD) hielte es für ein „schlechtes Signal an die Märkte“, würde sich die Stadt als Trägerin der Umwandlung verweigern. Dies wäre ein Misstrauensvotum. Sie sehe die Umwandlung „gelassen“ und verweist darauf, „dass Rechtsansprüche nicht immer weiter helfen“. Die Nachzahlungspflicht bei den stillen Einlagen sei zwar vertraglich geregelt; das helfe aber nicht, wenn die Bank keinen Gewinn mache. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Silvia Fischer, sagte ihre Fraktion habe sich noch nicht entschieden. Es fehlten Informationen über EU-Vorgaben, die finanziellen Auswirkungen und die Haltung der anderen Träger. Sie plädiert dafür, die Entscheidung erst nach der OB-Wahl zu treffen. Fischer merkte zudem an, die Debatte über die Umwandlung werde um den Vorschlag der OB-Bewerber Bettina Wilhelm (SPD) und Hannes Rockenbauch (SÖS) erweitert, eine Stadtsparkasse zu gründen. Damit würden sie „in diesen Zeiten ein Verlustgeschäft vorschlagen“.

Wilhelm sagte, der Einfluss der Stadt bei der LBBW müsse gewahrt bleiben, und die Ertragslage der Stadt dürfe sich nicht verschlechtern. Und sie wolle jetzt „eine Diskussion um eine eigene Sparkasse Stuttgart anstoßen und die Frage stellen, ob aktuell die Versorgung der Stuttgarter Bevölkerung, also der Kleinsparer, ausreichend ist“.

Gleichzeitig wirft allerdings die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind dem Kandidaten Rockenbauch vor, das Thema der Landesbank Baden-Württemberg für den laufenden Wahlkampf zu nutzen. Der SÖS-Stadtrat kündigte an, als Oberbürgermeister werde er „alles daran setzen, die städtische Beteiligung an der LBBW zu beenden“ und eine Stadtsparkasse zu gründen. Der Grünen-Kandidat Fritz Kuhn sagte, es handele sich um eine komplexe Frage, die „ordentlich geprüft werden muss.“