Die landeseigene L-Bank zweifelt an der Wirtschaftlichkeit eines Kaufs der 24.000 LBBW-Wohnungen - ein Politikum.

Nachrichtenzentrale: Andreas Schröder (sö)

Stuttgart - Das landeseigene Förderinstitut L-Bank hat kein Interesse daran, die rund 24.000 Wohnungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zu übernehmen. Die L-Bank war bisher als ein möglicher Käufer des Immobilienpakets gehandelt worden. L-Bank-Vorstandschef Christian Brand gab sich am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz der Bank für 2010 diesbezüglich sehr zurückhaltend und sieht überdies möglicherweise Ärger mit der EU auf die LBBW zukommen, wenn diese die Wohnungen an die L-Bank verkaufen würde. Hintergrund des Immobilienverkaufs ist, dass die EU-Kommission der LBBW wegen ihrer finanziellen Schieflage unter anderem den Verkauf der Immobilien bis Ende 2012 verordnet hatte.

 

Kommunen in Baden-Württemberg sind schon auf Landesbankchef Hans-Jörg Vetter zugegangen, weil sie die in ihrer Gemarkung liegenden Wohnungen direkt von der Bank erwerben wollen. Die LBBW will die Objekte aber als Gesamtpaket veräußern. Als eine Möglichkeit sahen die Kommunen im Land bisher, dass die L-Bank die Wohnungen kauft und an die Städte weiterveräußert. Eine Investmentbank bewertet den Immobilienbestand und organisiert den Verkaufsprozess, der Ende Mai oder Anfang Juni starten soll, wie aus Branchenkreisen verlautete.

L-Bank wird als "Ideallösung" gesehen

Die L-Bank wird dabei wohl außen vor bleiben. "Wir sind von unseren Eignern bisher nicht gebeten worden, für die Immobilien der LBBW ein Angebot abzugeben", sagte Brand. Von sich aus wird die Bank wohl keine Initiative ergreifen. "Wir müssten ein sehr klares Signal bekommen, dass unser Eigentümer wünscht, dass wir die Wohnungen übernehmen", sagte der L-Bank-Chef. Sein Institut, das sich mit staatlichen Garantien des Landes Baden-Württemberg am Kapitalmarkt zu Spitzenkonditionen refinanziert, wolle den Markt nicht stören; ein Marktversagen bei der anstehenden Auktion sehe er nicht, sagte Brand. Die L-Bank wolle zudem "nicht bloßer Stillhalter sein, während sich interessierte Kommunen lukrative Objekte aus dem Gesamtbestand herauspicken". Das sei "kein gangbarer Weg", sagte der L-Bank-Chef. Sein Institut müsse sich ohnehin, falls die L-Bank zu einem Angebot aufgefordert werde, "gut beraten" lassen und alles "rechtlich prüfen", um bei der EU-Kommission nicht den Verdacht der Beihilfe aufkommen zu lassen, falls die L-Bank als höchster Bieter zum Zuge käme. Die LBBW gehört dem Land, den baden-württembergischen Sparkassen und der Stadt Stuttgart.

In Finanzkreisen wurden die LBBW-Immobilien mit rund 1,5 Milliarden Euro taxiert; aus eigener Kraft können dies die Kommunen nach eigenem Bekunden nicht schaffen. LBBW-Chef Vetter hatte aber gleichwohl gesagt, er rechne mit einem Gebot eines öffentlich-rechtlichen Bieters. Auch Brand sprach am Donnerstag von "öffentlich-rechtlichen Bietern, die den Städten nahestehen". Der L-Bank-Chef denkt dabei offenkundig an ein kürzlich gegründetes Konsortium von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, das sich am Bieterverfahren beteiligen will. Doch auch das Konsortium könnte den Kauf des Pakets nicht ohne Kredite bewerkstelligen, heißt es bei einer der Städte, die an Objekten interessiert ist. Die L-Bank als Finanzierungspartner wird von den Kommunen als "Ideallösung" angesehen.

Mieter könnten die Leidtragenden sein

Die Kommunen befürchten, dass Investoren, die "in erster Linie an der Rendite orientiert sind", die Wohnungen kaufen. Die Mieter seien dann die Leidtragenden, weil Investoren nicht nach dem Grundsatz der "nachhaltigen Bestandsbewirtschaftung" vorgingen, heißt es. Der Käufer müsse zum Schutz der Mieter Klauseln akzeptieren, sagte Brand am Donnerstag diesbezüglich. Auch Vetter weiß um den heiklen Punkt: "Den Mietern soll es vernünftig ergehen. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst", hatte der LBBW-Chef unlängst gesagt; er betonte aber: der Verkauf "muss unter betriebswirtschaftlichen Aspekten" vonstatten gehen.

Dies sei wegen der EU-Auflagen bei einer Landeslösung nicht gewährleistet, sagte eine Sprecherin der börsennotierten Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen der StZ. Die Gesellschaft sei an dem Erwerb des Immobilienpakets interessiert und habe Erfahrung bei der Übernahme und der Verwaltung kommunaler Bestände in Berlin und im Rhein-Main-Gebiet gesammelt. "Wir erfüllen enge Verträge zum Schutz der Mieter", sagte die Sprecherin. Die Kommunen hoffen auf die Hilfe der neuen Landesregierung, die sich im Koalitionsvertrag dafür einsetzt, dass der Verkauf der LBBW-Wohnungen "sozial verantwortlich" umgesetzt werde und "potenzielle Käufer...Erfahrungen auf den baden-württembergischen Wohnungsmärkten gesammelt und sich als verlässliche Partner der Kommunen engagiert haben".

Hintergrund: Mittelstand investiert wieder

Kredite Der Mittelstand im Land investiert wieder kräftig. Die Unternehmen hätten im Aufschwung insbesondere in Betriebserweiterungen Geld gesteckt, sagte der Chef der L-Bank, Christian Brand. Diese positive Entwicklung setze sich verstärkt fort. Insgesamt habe das Institut 2010 mehr als 8600 Kredite vergeben. Das Volumen habe 2,4 Milliarden Euro betragen. Die Betriebe verwirklichten wieder größere Vorhaben. Die Wachstumsfinanzierung habe um 70 Prozent auf 638,8 Millionen Euro zugelegt. Die Technologiefinanzierung stieg um 45 Prozent auf 69,8 Millionen Euro.

Bilanz Die Bilanzsumme der L-Bank stieg 2010 um 2,2 Prozent auf 61 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis nach Risikovorsorge kletterte um 10,7 Prozent auf 262 Millionen Euro.