Der letzte Porsche-Sieg in Le Mans datiert aus dem Jahr 1998. Nun wollen der Stuttgarter Sportwagenhersteller seine erfolgreiche Tradition fortsetzen und nächstes Jahr wieder in Nordfrankreich angreifen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Im Stuttgarter Motorsport haben die Österreicher das Kommando übernommen. Bei Mercedes sind das Niki Lauda und Toto Wolff, bei Porsche ist es Fritz Enzinger. Dessen Integration ist allerdings schon seit Jahren beim Hersteller BMW erfolgreich abgeschlossen worden. Enzinger machte bei den Bayerischen Motorenwerken seine Diplomarbeit, arbeitete für Brabham-BMW, im DTM-Team, in der STW-Serie und gewann mit den Bayern 1999 in Le Mans. Danach war er eine wichtige Figur, als BMW mit der Doppelspitze Mario Theissen/Gerhard Berger in der Formel 1 ganz nach oben kommen wollte. „Und ich war einer derjenigen, die 2009 in Abu Dhabi dann auch das Licht ausgeknipst haben“, erinnert sich der Österreicher an das jähe Ende der Münchner im großen Rennzirkus.

 

Nun sitzt das BMW-Urgestein Fritz Enzinger im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach in seinem Büro. Eine Mitarbeiterin reicht Kaffee, der Chef ist bester Dinge. Warum auch nicht. Als die Anfrage von Porsche kam, ob er das Le-Mans-Projekt für das Jahr 2014 leiten möchte, da zögerte er nicht lange. Erstens, wegen des guten Rufes, den die Sportwagenschmiede besitzt. Und zweitens, weil es die Zuffenhausener ernst meinen, wenn sie im nächsten Jahr bei dem 24-Stunden-Klassiker in der höchsten Kategorie wieder einen Porsche ins Rennen schicken, der zu altem, aber niemals vergessenem Ruhm führen soll. Der letzte Porsche-Sieg in Le Mans datiert aus dem Jahr 1998. Insgesamt 16-mal gewann der Hersteller das legendäre Rennen im Nordwesten Frankreichs.

Bislang arbeiten 170 Menschen an dem Auto

Und so wurden in Weissach extra für die geplante Neuauflage heldenhafter Porsche-Auftritte in Le Mans zwei Gebäude gebaut. In einem ist die Werkstatt untergebracht, im anderen sitzen Ingenieure und andere Köpfe des Projekts. Bislang arbeiten 170 Menschen an dem Auto, 200 sollen es noch werden. „Wenn man durchs Gebäude geht und die Euphorie der Mitarbeiter sieht, ist das einmalig“, sagt Enzinger, der sich eine schlagfertige Truppe zusammenstellen durfte. Da sind natürlich Mitarbeiter mit Le-Mans-Erfahrung dabei, aber auch PS-verliebte Kräfte, die bei BMW schon das jüngste DTM-Engagement der Münchner angeschoben haben.

Dieser Personaltransfer soll Porsche zugutekommen. Das Faszinierende an dem Projekt ist für Enzinger ohnehin das weiße Blatt gewesen, vor dem er saß, als er vor mehr als 16 Monaten seine Stelle in Weissach antrat. „Wenn man mit so einem weißen Blatt Papier dasitzt und weiß, dass darauf jetzt ein Auto entstehen soll, dann ist das ein Traum“, sagt der Projektleiter, der sich in Stuttgart eine Wohnung nahm, aber noch nicht viel gesehen hat von der Landeshauptstadt, weil er sein Büro in Weissach erst spätabends verlässt.

Mehr als 90 Prozent der Teile für den Langstreckenrenner sind geordert, in diesem Monat wird mit dem Aufbau des Autos begonnen und Mitte des Jahres ist die erste Testfahrt geplant, also das mit Spannung erwartete Roll-out. Nur so viel kann über den neuen Wagen verraten werden: ein Diesel, wie ihn Audi ins LMP-1-Geschehen schickt, wird es nicht sein, denn das passt nicht zur Sportwagenphilosophie von Porsche. Doch befindet sich der Motor auf Formel-1-Niveau, er verfügt über zwei Energie-Rückgewinnungssysteme – da drängt sich die Frage auf, ob der Hersteller nicht doch irgendwann in die Königsklasse einsteigt. „Wenn Porsche wieder Spitzensport macht, dann zuerst in Le Mans, das passt zur Marke. Ob es danach andere Überlegungen gibt, muss man sehen“, sagt Enzinger und lässt eine Formel-1-Zukunft offen.

Lietz muss wie alle anderen in Silverstone mächtig Gas geben

Ein anderer nagelneuer Porsche debütiert derweil am kommenden Wochenende. Beim Sechsstundenrennen in Silverstone, mit dem die Sportwagen-Weltmeisterschaft World Endurance Championship (WEC) am 14. April in die neue Saison startet, feiert der Porsche 911 RSR seine Rennpremiere. Für den Einsatz auf dem 5,981 Kilometer langen Traditionskurs in den britischen Midlands ist das Werksteam Porsche AG Team Manthey unter Leitung von Olaf Manthey verantwortlich. „Das ganze Team fiebert dem ersten Rennen mit dem 911 RSR entgegen. Die Mannschaft hat in den letzten Monaten extrem hart gearbeitet, um unser neues Auto von Anfang an konkurrenzfähig zu machen“, sagt der Porsche-Motorsportchef Hartmut Kristen.

In Silverstone gehen die Werksfahrer Jörg Bergmeister (Langenfeld), Patrick Pilet (Frankreich) und Timo Bernhard (Bruchmühlbach-Miesau) in der Klasse GTE-Pro im Porsche 911 RSR mit der Startnummer 91 ins Rennen. Im Cockpit der Nummer 92 wechseln sich ihre Werkskollegen Marc Lieb (Ludwigsburg), Romain Dumas (Frankreich) und Richard Lietz ab. Der zählt übrigens auch zu den Porsche-Verstärkungen aus Österreich – wie Enzinger. Doch das wird ihm nicht helfen. Lietz muss wie alle anderen in Silverstone mächtig Gas geben, wenn er 2014 in Le Mans im Auto seines Landsmanns sitzen will.