Seit ein Pärchen fast an Ecstasytabletten mit Schmetterlingssymbol gestorben wäre, warnt die Polizei vor weiteren Pillen im Umlauf. Was hinter dem Begriff Research Chemicals steckt und warum diese Drogen besonders tückisch sind:

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Am Wochenende ist ein Pärchen Ecstasy-Konsumenten im Landkreis Schwäbisch Hall beinahe gestorben. Ein 23-Jähriger aus Fichtenau und seine 21 Jahre alte Freundin hatten sich in der Nacht zum Samstag Pillen mit einem Schmetterlingssymbol eingeworfen. Danach wurden sie bewusstlos und mussten mit lebensgefährlichen Symptomen ins Krankenhaus gebracht werden.

 

Weitere Pillen mit dem Schmetterling kursieren nun möglicherweise im Rems-Murr-, dem Ostalbkreis und im Landkreis Schwäbisch Hall. Was sie so gefährlich macht: Laut der Polizei hat ein Drogenhändler sie aus sogenannten Research Chemicals (RC), also Forschungschemikalien, selbst hergestellt. Solche neuen Drogen tauchen immer wieder in veränderter Rezeptur auf dem Markt auf. Sie ähneln in Zusammensetzung oder Wirkung oft verbotenen Substanzen, sind selbst aber noch nicht im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt. Mit diesem Trick versuchen Drogenhersteller, die Verbote ihrer bisher verwendeten Wirkstoffe zu umgehen.

Die Drogen werden über Online-Shops verkauft

Im November 2016 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das statt – wie bisher – einzelnen Substanzen ganze Stoffgruppen verbietet. Dennoch gibt es noch immer Webseiten, die Research Chemicals anbieten. Die „Forschungschemikalien“ gibt es in ganz normal aussehenden Onlineshops, zahlbar per Nachnahme oder Vorkasse, die Ankunft wird garantiert. Möglicherweise sind auch die Drogen, die das junge Pärchen in Fichtenau fast das Leben gekostet haben, durch einen solchen Onlineshop in die Region Stuttgart gelangt. Die Polizei ermittelt in dem Fall weiter, um herauszufinden, mit welchen Menschen der Händler der Schmetterlings-Pillen noch Geschäftsbeziehungen pflegte.

Bei Research Chemicals ist die Überdosis oft schnell erreicht

„Viele der Händler sitzen im Ausland, andere verkaufen Substanzen, die noch nicht zu den verbotenen Stoffgruppen gehören“, erklärt der Polizeisprecher Ronald Krötz. Die Händler sichern sich freilich ab: „Nicht für den menschlichen Konsum geeignet. Für Folgeschäden aufgrund unsachgemäßer Handhabung wird keine Haftung übernommen“, steht auf den Produktseiten. Direkt darunter: die Rezensionen, in denen sich Konsumenten über ihre Drogenerlebnisse austauschen.

Über die Wirkungen und Nebenwirkungen der Forschungschemikalien ist wenig bekannt. Wer sie nimmt, ist immer ein Stück weit Versuchskaninchen und trägt das Risiko, dass bei Mischkonsum, Überdosierung oder einer allergischen Reaktion Schwierigkeiten auftreten können. Die richtige Dosierung ist nicht nur für Konsumenten, sondern auch für Hersteller schwierig. Wie wohl auch im Fall des Dealers aus der Region Stuttgart: „So etwas passiert, wenn amateurhaft vorgegangen wird. Sobald die Mischung nur ein wenig verschoben ist, kann die Wirkung verheerend sein“, sagt der Polizeisprecher Krötz.