Das neue Jahr bringt neue Preise – höhere als zuvor, oder? Die StZ wirft einen genauen Blick darauf, wie sich in Stuttgart in den vergangenen zehn Jahren die Preise und Gebühren für Kinderbetreuung, Nahverkehr, Müll und Wasser entwickelt haben.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Stadtluft macht arm? Über hohe Lebenshaltungskosten in den deutschen Großstädten sind bereits unzählige Zeitungsspalten vollgeschrieben worden. Vor allem die Kosten fürs Wohnen, die seit Jahren nur eine Richtung – steil nach oben – zu kennen scheinen, werden dann genannt. Auch Stuttgart taucht regelmäßig in den einschlägigen Ranglisten auf. Allerdings gilt es schon bei den Wohnungspreisen genau hinzusehen. Häufig werden jene Zahlen gehandelt, die potenzielle Vermieter oder Verkäufer aufrufen. Abweichungen in den Miet- und Kaufverträgen werden nur selten oder nie in den Indizes erfasst. Zudem bilden die Ausgaben fürs Wohnen zwar einen zugegebenermaßen großen Kostenblock, aber eben bei Weitem nicht den einzigen.

 

Die Stadt erhebt keinen lokalen Preisindex

Zuverlässig zu jedem Jahreswechsel verändern sich auch weitere Kostenübersichten, Tariftabellen und Preislisten. „Auch das noch“, durchfährt es den einen oder anderen angesichts der jährlichen Kostensteigerungen. Aber wird wirklich alles immer teurer? Was kostet das Leben in Stuttgart tatsächlich? Keine einfach zu beantwortende Frage, denn Hilfe gibt es nicht einmal vom selten um eine Antwort in Zahlenfragen verlegenen Statistischen Amt der Stadt. Seine Behörde erstelle „keinen lokalen Preisindex“, teilt Amtschef Thomas Schwarz mit.

Was die Stuttgarterinnen und Stuttgarter für Nahverkehr, Müllentsorgung, das Trinkwasser und Kinderbetreuung im Durchschnitt ausgeben müssen und wie sich die Gebühren und Preise in den vergangenen zehn Jahren verändert haben, hat die StZ zusammengetragen. Die genannten Dienstleistungen sind ausgewählt worden, da in diesem Bereich keine Wahlfreiheit beim Anbieter herrscht – mit Ausnahme der Kinderbetreuung, da sich neben der Stadt auch die Kirchen und private Anbieter um den Nachwuchs kümmern.

Fast 20 Prozent mehr Ausgaben in zehn Jahren

Für den fiktiven Stuttgarter Max Mustermann, der in einem Drei-Personen-Haushalt lebt, ein Ein-Zonen-Jahresabo im Nahverkehr nutzt und seinen Restmüll in einer 60-Liter-Tonne entsorgt, ist in den zurückliegenden zehn Jahren das Leben mit Blick auf Wasser, Nahverkehr und Entsorgung unter dem Strich um 187,02 Euro teurer geworden. Das ist eine Steigerung um 18,6 Prozent. Kinderbetreuungskosten fehlen in dieser Betrachtung, da zehn Jahre dauerhafter Kindergartenbesuch in der Realität nicht vorkommen.

Auf der Einnahmenseite weist das „Statista“-Online-Portal unter Berufung auf Daten des Statistischen Bundesamtes beim durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern für 2007 einen Wert von 3023 Euro aus, der bis 2016 auf 3703 gestiegen sei – also um 22,5 Prozent. Wie sich die Kosten im Einzelnen entwickelt haben, zeigt unser Überblick.

Der Nahverkehr: Steigende Ticketpreise, besseres Angebot

Besonders leidenschaftlich wird die Preisgestaltung im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) diskutiert, die vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) verantwortet wird. Stuttgart gehöre zu den teuersten Pflastern, was den ÖPNV angehe, dabei benötige gerade eine staugeplagte Region wie die am mittleren Neckar einen leistungsfähigen und trotzdem bezahlbaren Nahverkehr, argumentieren die Kritiker der Bahn- und Buspreise. Ein Blick in die Tabellen zeigt, dass die Preise seit 2007 fast im Jahresrhythmus angestiegen sind. Das Ein-Zonen-Ticket verteuerte sich in diesem Zeitraum von 1,85 Euro auf 2,40 Euro, was einer Steigerung von 29,7 Prozent entspricht. Das Jahres-Abo für eine Zone kostete im Jahr 2017 657 Euro, zehn Jahre zuvor schlug es noch mit 479 Euro zu Buche. Die Differenz von 178 Euro bedeutet einen Anstieg um gut 37 Prozent. Seit 2011 bietet der VVS an, den Abo-Preis in zwölf Teilbeträgen zu bezahlen. Zudem verweist die VVS-Sprecherin Ulrike Weißinger auf das Handy-Ticket, dessen Preis rund fünf Prozent unter dem liegt, der am Ticketautomaten fällig wird. Die Buchungen per VVS-App werden immer stärker nachgefragt: Binnen fünf Jahren sind die Verkaufszahlen von 212 000 (2012) auf 3,7 Millionen Billette angestiegen.

Zudem sei der Nahverkehr in den zurückliegenden zehn Jahren deutlich ausgebaut worden, sagt Weißinger und verweist etwa auf neue S-Bahn-Verbindungen in der Region etwa nach Kirchheim/Teck, zwischen Marbach und Backnang sowie zwischen Renningen und Böblingen. Außerdem werde der Takt der S-Bahnen weiter verkürzt. Auch Birte Schaper, Sprecherin der Stuttgarter Straßenbahnen, weist auf Netzausbauten hin. Die Linienlänge habe seit 2006 von damals 881 Kilometer auf heute 894 Kilometer zugelegt, die Zahl der Haltestellen sei um 15 auf 830 gestiegen.

Die Müllgebühren: Preise steigen erstmals seit Jahren wieder

Tatsächlich gesunken sind die Gebühren für die Müllentsorgung in der Stadt im Zeitraum seit 2007. Damals stellte die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) 135 Euro im Jahr in Rechnung für das 14-tägliche Abholen einer Tonne, in die 60 Liter Restmüll hineinpassen. Diese Gebühr sank in der Folge jährlich bis zu einer Stagnation bei 105,60 Euro in den Jahren 2013 und 2014. Im zu Ende gegangenen Jahr 2017 erreichte der Obolus mit 99 Euro den günstigsten Wert. In zehn Jahren sanken die Kosten für die AWS-Kunden in dieser Kategorie um mehr als 26 Prozent. Im neuen Jahr kommt es allerdings zur Trendwende. Die AWS rufen dann 103,20 Euro auf. Die städtischen Müllwerker führen eine Vielzahl an Gründen an, die zu der Gebührenerhöhung geführt hätten. Die AWS-Sprecherin Annette Hasselwander verweist auf „zusätzliche Personalaufwendungen durch gesetzliche Vorgaben im Bereich der Dusch- und Umziehzeiten“ sowie auf „Mehrkosten aufgrund des Fortschritts beim Projekt ‚flächendeckende Einführung der Pflichtbiotonne‘“. Dies führe dazu, dass 2018 „die Gebühren für Restabfall erstmals wieder angehoben“ werden.

Die Wasserpreise: Zuletzt hat das Gericht mitgeredet

Eine Kostensenkung hatte es auch bei der Trinkwasserversorgung innerhalb der vergangenen zehn Jahre gegeben. Anders als bei den Müllgebühren war der Nachlass allerdings nur vorübergehend und auch nicht ganz freiwillig. Zu den Preisrückgängen in den Jahren 2013 und 2014 war es gekommen, nachdem der Trinkwasserversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW) und die Landeskartellbehörde einen Vergleich geschlossen hatten. Die Einigung sah vor, dass „die EnBW für den Zeitraum ab dem 1. August 2012 bis Ende 2014 den Wasserpreis rückwirkend um 20,5 Prozent senkte und die Kunden eine entsprechende Gutschrift erhielten“, erklärt der EnBW-Sprecher Hans-Jörg Groscurth. Ehe es zu dieser Entscheidung kam, lag der Wasserpreis für einen durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt, der 150 Kubikmeter Wasser verbraucht, von 2007 bis 2012 stabil bei 393,83 Euro. Dieser sank infolge des Vergleichs für zwei Jahre auf 342,34 Euro. Danach stieg er im Jahr 2015 auf 430,58 Euro. „Der Wasserpreis für 2015 wurde seinerzeit ausdrücklich von der Landeskartellbehörde bestätigt“, betont Groscurth. Dass die Preise seitdem kontinuierlich steigen, basiere „auf einer von EnBW und Kartellbehörde gemeinsam ermittelten Formel, in der sowohl die Bezugskosten für das Wasser als auch die allgemeine Preissteigerungsrate enthalten sind“. Bis zum Jahr 2017 stieg der Preis auf 438,85 und lag damit knapp 11,5 Prozent über dem Wert von 2007.

Die Kinderbetreuung: Moderater Anstieg bei den Gebühren

Die Kinderbetreuung in städtischen Einrichtungen ist nach Rathaus-Angaben in den zurückliegenden zehn Jahren in drei Schritten teurer geworden. Wer ein Kind in die Regelbetreuung (sechs Stunden am Stück oder aufgeteilt mit einer Pause dazwischen) schickt, bezahlte dafür im Jahr 2007 monatlich 76 Euro. Jeweils zum August 2010, 2012 und 2016 stiegen die Gebühren auf nun 112 Euro.

Die 36 Euro Preisunterschied stellen einen Anstieg um rund 47 Prozent dar. Zumindest in dieser Kategorie bleibt die Gebühr auch im Jahr 2018 stabil, für Inhaber der Familiencard wird die Kinderbetreuung aber deutlich günstiger. Hier sinken die Kosten von aktuell 104 auf dann 54 Euro.