Forscher wie Joachim Riethmüller arbeiten an der Heilung von Mukoviszidose. Bis das möglich ist, versuchen die Mediziner, die Symptome der Stoffwechselkrankheit zu lindern. Dafür benötigen sie Spenden.
04.04.2014 - 17:00 Uhr
Ditzingen/Tübingen - Pharmakonzerne steigen in die Entwicklung eines neuen Medikaments sehr spät ein, berichtet der Tübinger Mediziner Joachim Riethmüller. Der Forscher übernimmt die Vorarbeit der Konzerne – und ist dabei auf die Unterstützung seiner Patienten angewiesen.
Herr Riethmüller, inzwischen können Sie Patienten zuhause therapieren. Doch unklar ist, wie lange Sie diese Patienten therapieren müssen, damit genau so viele Bakterien abgetötet werden, wie in der Klinik. Was macht den Unterschied aus?
Wir therapieren in der Klinik dreimal pro Tag. Zuhause ist das denkbar ungünstig, denn ein erwachsener Patient, der noch berufstätig ist, kann nachmittags nicht nach Hause fahren, um zu inhalieren. Wir wechseln also von dreimal täglich Therapie auf zweimal täglich. Man kann sich denken, dass eine Therapie zweimal täglich nicht so effektiv ist, wie dreimal oder viermal.
Das wissen Sie schon oder vermuten Sie nur?
Das weiß ich, weil ich zwischenzeitlich erwachsene Patienten in Einzelheilversuchen untersucht habe. Dabei kam heraus, dass wir zwei, drei Tage länger brauchen, um den gleichen Effekt zu erzielen, wie bei der dreimal täglichen Therapie.
Ein weiterer Ansatz ist die Kombination von Antibiotika; eine haben Sie zum Patent angemeldet. Was ist das Neue daran?
Wenn man die Antibiotika kombiniert, muss man zeigen, dass es einen synergetischen oder additiven Effekt gibt. Nehmen Sie das Beispiel Onkologie: Zum Chemotherapeutikum eins nehmen Sie das zweite und finden heraus, dass mehr Tumorzellen absterben in kürzerer Zeit. So ähnlich müssen Sie sich das in der Infektiologie vorstellen, also wenn es um Bakterien und Pilze geht. Wir haben festgestellt, dass zwei Antibiotika besser helfen als eines und sind die ersten, die die Kombination in Form von klinischen Studien untersuchten. Das war bereits vor zwei Jahren. Dann haben wir im Labor untersucht, ob die gleichzeitige Gabe eines dritten Antibiotikums einen zusätzlichen Effekt hat, also deutlich mehr Bakterien abgetötet werden. Im Moment untersuchen wir mit den Patienten, ob das, was wir im Labor gefunden haben, auch im täglichen Leben nachzuvollziehen ist.
Im weiteren Verlauf der Entwicklung benötigen Sie also den Patienten für sogenannte Einzelheilversuche. Wer stellt sich als Versuchskaninchen zur Verfügung?
Die Patienten probieren schon von sich aus gewisse Kombinationen aus. Nicht, dass sie es zusammenmischen. Aber sie sind viel weiter als die Behandler. Sie machen in Absprache mit dem Arzt schon das, dessen Wirkung wir im Nachhinein noch beweisen müssen, ob es funktioniert: Wenn man jeweils ein Antibiotikum zehn Minuten inhaliert, müsste man als Doktor drauf kommen, diese Dreierkombination in einer Lösung anzubieten. Das liegt nahe, aber da kam bisher kein Mensch drauf.
Patienten wissen sehr genau, was ihnen hilft und was nicht?
Ja, die Patienten kennen sich sehr gut.
Das Risiko ist relativ gering für sie?
Ja! Man würde nie bei einem Patienten etwas anwenden, was man nicht vorher sehr gut untersucht hat. Das ist auch ethisch relevant: Man macht nur dann Einzelheilversuche, wenn man weiß, das Mittel ist nicht toxisch, und die Nebenwirkungen und Risiken für Patienten halten sich in Grenzen.
In einem dritten Therapieansatz soll mit Hilfe von Salz der Schleim in den Organen verflüssigt werden. Dies wird unter Umständen durch das Bundesforschungsministerium gefördert. Um wie viel Geld geht es?
Es geht zunächst um eine Konzeptentwicklung, um etwa 50 000 Euro. Da könnte sich dann eine Arzneimittelentwicklung dahinter verbergen.
Und dann springen die Pharmakonzerne auf den Zug auf?
Nein, das würde zunächst bedeuten, dass mit Mitteln des Bundesforschungsministeriums mehr klinische Studien durchgeführt werden dürften.
Wenn das Ministerium Ihnen eine Absage erteilt, brauchen Sie einen Lebenslauf mehr?
Mindestens einen, wenn nicht gar drei oder vier. Natürlich gibt es noch andere Töpfe, die man anzapfen kann. Aber selbstverständlich sind die Spendengelder der Patientenorganisationen herzlich willkommen, um genau solche Entwicklungen wenigsten anzustoßen, im Sinne von Pilotstudien oder Einzelheilversuchen.