Der Triathlet Marco Henrichs und sein mukoviszidosekranker Freund Sebastian Koch starten beim Lebenslauf. Das Benefiz-Duo will bei dem Spendenmarathon für den Sport und für den Kampf gegen die Stoffwechselkrankheit werben.

Ditzingen - Was kann ein Triathlet gegen Mukoviszidose tun? Schwimmen, radeln, laufen.

 

Und werbewirksam trommeln.

Marco Henrichs hat, was nicht immer so war, ein gespaltenes Verhältnis zu dem Ausdauer-Dreikampf. Der 39-Jährige aus Bergisch-Gladbach hat etliche Wettkämpfe in der Kategorie beinhart absolviert: sieben Ironmen (Bestzeit 9:33 Stunden), Dutzende Marathons, zigmal hat er 24 Stunden lang Bahnen in diversen Freibädern gezogen. Als verbeamteter Hauptbrandmeister zählt Henrichs zu den fittesten Feuerwehrmännern unter Europas Triathleten.

Doch das Wetteifern um Meriten, Medaillen und Meistertitel hat Schattenseiten. „Das ist eine egoistische Szene“, sagt Marco Henrichs. Vor allem im Spitzenbereich legten sich die Protagonisten einen „Tunnelblick“ zu, buhlten um die lukrativ-sten Sponsoren, drehten sich die Gedanken nur noch um Trainingslager, Leistungsdiagnostik und das Top-Equipment.

Dieser Eindruck mag der Wirklichkeit nicht gerecht werden, gleichwohl: Henrichs, der 2011 noch großspurig über neue Bestzeiten auf Ultra-Distanzen schwadronierte, begnügte sich mit einem Mal mit Titeln wie „Mukoviszidose Schutzengel“ oder „Laufheld im Bereich Charity“. Die Abkehr vom Leistungssport um seiner selbst willen datiert er auf April 2011, seiner erstmaligen Teilnahme am Ditzinger Lebenslauf.

Noch ganz eindimensionaler Supersportler ließ er sich vor vier Jahren breitschlagen, im Rindenmulch der Glemsaue einen Lauf über 100 Kilometer binnen acht Stunden anzukündigen. Ein Unterfangen, das mit kühlem Kopf betrachtet und zwischen 4000 Hobbyjoggern praktisch nicht zu bewerkstelligen war. Und dann bei immer noch imponierenden 80 Kilometern beendet war. Das war „die Wurzel meines Engagements“, sagt Henrichs heute.

Fortan schnürte er seine Laufschuhe für andere. Stieg mit Benefizgedanken in die Pedale seiner Rennmaschine, reihte sich ein in Promi-Staffeln. Der Sport, sagt Henrichs, „wurde Mittel zum Zweck“. Der Einzelkämpfer ward ein soziales Wesen.

In Sebastian Koch hat der Triathlet seit zweieinhalb Jahren einen Laufpartner, der Schritt für Schritt der bisher unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose davonrennt. Koch, 29-jähriger Landschaftsbauer aus Dortmund, hat beschlossen, Marathon zu laufen. Und wie bei einem gesunden Debütanten passt sich sein Körper den Strapazen an, erzählt Henrichs von Kochs Heilungsprozess via Lauftraining. Die Lunge seines Freundes habe ihre Leistungsfähigkeit von 40 auf 80 Prozent verdoppelt. Beim Köln-Marathon im Oktober 2014 hat das Duo Koch + Henrichs (Motto: „Gemeinsam Unmögliches möglich machen“) 27 Kilometer zurückgelegt. An dieser Marke war Schluss – nicht weil Kochs Lunge, sondern weil seine Hüfte ihren Dienst versagte.

In zwei bis drei Jahren, schätzt Henrichs nach einem gemeinsamen Trainingslager auf Lanzarote, werde sein Kumpel die 42,2 Kilometer packen. Und damit ein Versprechen einlösen, das er seiner verstorbenen Schwester gegeben hatte. Sie war ebenfalls an Mukoviszidose erkrankt.

Beide Sportler kommen am 26. April nach Ditzingen. Selbstredend wollen sie ein paar Runden drehen. Henrichs womöglich mit Deutschlands Top-LangdistanzTriathletin Julia Gajer aus Heimerdingen. Wenn sie denn im Strohgäu weilt. Lockere 25 bis 30 Kilometer, lautet sein Plan.

Aber die Laufeinheit geschehe allenfalls „beiläufig“, im Vordergrund stehe die Mission, die Öffentlichkeitsarbeit für Mukoviszidose zu unterstützen. Bevor Koch und Henrichs sonntags in Ditzingen eintreffen, führt sie ihre Charity-Tour im Südwesten freitags in die Tannheimer Nachsorgeklinik für krebskranke Kinder und Mukoviszidose-Patienten und samstags zum Fußballderby zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg. Auch im Daimlerstadion hofft der 39-Jährige, „Menschen dafür sensibilisieren zu können, sich für den Kampf gegen die Krankheit einzusetzen“.

Wie viel Spenden Henrichs in seiner jungen Benefiz-Karriere akquiriert hat, davon hat er „keine Ahnung“. Koch und er wollen die Krankheit publik machen und die Forschung ankurbeln, aber nicht nur mit der Sammelbüchse Meter zurücklegen. Beide trommeln dafür, dass Belegschaften, Schüler, der Trainingsweltmeister und der Sportmuffel bei einem Sponsorenlauf wie dem Ditzinger die Beine in die Hand nehmen. Wie viele ihnen folgen, „kann ich nicht messen“, sagt Henrichs.

Vielleicht aber drückt sich seine und vor allem die gewachsene Popularität des Lauf-Tandems in zwei Zahlen aus. Bei seinem ersten Ditzinger Auftritt hatte Henrichs 1000 Euro an Spendenzusagen im Gepäck, was er „ziemlich mager“ fand. Beim Bergisch-Gladbacher Mukoviszidose-Lauf, den er im Jahr 2014 selbst veranstaltet hat, kamen 8000 Euro zusammen.