Das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum trägt zur Lebensmittelverschwendung bei, bietet dem Handel und Verbrauchern aber auch eine Orientierung. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Kann man diesen Joghurt im Kühlschrank noch essen? Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist längst überschritten. Daneben aber steht der Hinweis: „Oft länger gut. Schauen. Riechen. Probieren.“ Dieses Logo der Initiative „too good to go“ gegen Lebensmittelverschwendung ist ein Versuch, die Verbraucher dazu zu bringen, sich nicht allein am Mindesthaltbarkeitsdatum zu orientieren. Worum es im Einzelnen geht.

 

Was genau besagt das Mindesthaltbarkeitsdatum?

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verbrauchs- oder Verfallsdatum. Das gibt es auch, allerdings nur für wenige, leicht verderbliche Lebensmittel wie etwa Hackfleisch. Bei ihnen besteht eine Gefahr für die Gesundheit durch Keime, die der Verbraucher auch nicht sehen kann.

Ganz anders das MHD: Wird es überschritten, bedeutet das nicht, dass man das Lebensmittel danach nicht mehr essen kann. „Es bedeutet lediglich, dass die Hersteller garantieren, dass ein Lebensmittel bis dahin seine Eigenschaften wie Konsistenz oder Geschmack behält“, sagt Herbert Schmidt von der Universität Hohenheim. Nach Ablauf dieses Datums kann es also passieren, dass ein Joghurt an Aroma verliert oder im Reis weniger Vitamine enthalten sind.

Wie verstehen viele Verbraucher das Mindesthaltbarkeitsdatum?

„Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, verspüren viele Leute eine große Unsicherheit und werfen die Lebensmittel auch weg, ohne sie vorher zu testen“, sagt Benjamin Buttlar, Sozialpsychologe an der Uni Trier. In Experimenten hat er herausgefunden, dass das selbst dann passiert, wenn Verbraucher wissen, dass Lebensmittel wie Nudeln oder Zucker nicht schlecht werden können. Ein überschrittenes MHD löst negative Gefühle aus. Es führt sogar so weit, dass Menschen in Studien Lebensmittel im Kühlschrank nicht probieren, sondern lieber absichtlich noch ein paar Tage stehen lassen, um sie dann mit besserem Gewissen wegwerfen zu können. Zehn Prozent der Lebensmittelverschwendungen in der EU passieren Schätzungen zufolge wegen Missverständnissen rund ums Mindesthaltbarkeitsdatum.

Warum wurde das MHD dann nicht längst abgeschafft?

Eine Komplettabschaffung stellt die Verbraucher vor neue Herausforderungen. „Ich weiß, dass Reis beispielsweise nach drei bis fünf Jahren viele Vitamine verloren hat oder wie viele Wochen ein Joghurt mikrobiologisch unbedenklich essbar ist, aber der normale Supermarktkunde weiß das nicht“, sagt Herbert Schmidt. Es wäre also nicht damit getan, nur ein Produktionsdatum aufzudrucken. Die Verbraucher müssten auf den Verpackungen zusätzliche Hinweise finden, wie lange die Lebensmittel in der Regel genießbar sind und wie man das testen kann.

Ihre Sinne und ihren Verstand einsetzen – genau das aber machen viele Verbraucher heute schon beim Mindesthaltbarkeitsdatum nicht. „Es bräuchte auf jeden Fall intelligente Kampagnen und Informationen, die man leicht anwenden kann“, sagt Benjamin Buttlar. Das ist allerdings auch beim Mindesthaltbarkeitsdatum möglich, wie die Initiative „too good to go“ mit ihrem Logo „Oft länger gut“ zeigt.

Welche anderen Ideen gibt es, gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen?

Statt das MHD komplett abzuschaffen, fordern viele Experten, zumindest die Ausnahmen für Lebensmittel zu erhöhen, die eigentlich nicht schlecht werden können – wie etwa Nudeln, Reis oder Zucker. Das würde aber bedeuten, dass Verbraucher gegebenenfalls Qualitätseinbußen in Kauf nehmen müssten. Denn Cola oder Bier beispielsweise werden mit den Monaten zwar nicht schlecht, schmecken irgendwann aber abgestanden. Auch Reis und Nudeln verlieren an Geschmack. Ein anderer Weg sind so genannte intelligente Verpackungen. Über Sensoren erkennen sie, ob ein Joghurt noch gut ist und verändern bei mikrobiologischen Auffälligkeiten ihre Farbe. „Das ist aber ein Riesenaufwand“, sagt Herbert Schmidt. Es würde die Verpackungen teurer machen und die Menge an Elektroschrott vergrößern.

Hilft am Ende nur mehr Eigenverantwortung der Verbraucher?

Das Wissen der Verbraucher über Lagerung, Vorratshaltung und Verwertung von Lebensmittelresten geht seit Jahren zurück. Das ist ein großes Problem. Wer ungeplant und über Bedarf einkauft, läuft eher Gefahr, wegwerfen zu müssen. Auch bereits zubereitete Lebensmittel spielen bei der Lebensmittelverschwendung eine große Rolle – und hier bringt weder ein Produktions- noch ein Mindesthaltbarkeitsdatum etwas.

So legen Hersteller das Mindesthaltbarkeitsdatum fest

Garantie
Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde in den frühen 1980er Jahren eingeführt, damit Händler und Kunden im Supermarkt neue von alter Ware unterscheiden konnten. Es wird von den Lebensmittelherstellern festgelegt. Sie machen verschiedene Tests dazu, wie sich Aussehen, Geruch, Geschmack oder Konsistenz eines Lebensmittels mit der Zeit und unter Berücksichtigung der Lagerbedingungen verändern. Mit dem aufgedruckten Datum geben sie den Kunden eine Garantie: bis dahin bleibt das Lebensmittel so, wie es bei der Produktion war und dafür haften solange auch die Hersteller.

Reklamation
Produkte, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben aber noch nicht verdorben sind, dürfen weiter verkauft werden – ab diesem Zeitpunkt trägt jedoch der Handel die Verantwortung. Kauft ein Kunde dann beispielsweise einen Joghurt, der nicht mehr schmeckt, kann er dies direkt im Supermarkt reklamieren.