Die große Ernüchterung vieler Kunden bei Lebensversicherungen kommt erst noch, meint Sabine Marquard.

Stuttgart - Der Bundesgerichtshof hat ein Gesetz bestätigt, gegen das bei seiner Einführung vor vier Jahren viele langjährig Lebensversicherte Sturm gelaufen sind. Damals wurde beschlossen, die Beteiligung der Lebensversicherungskunden an den stillen Reserven kräftig zu kürzen. Wer die Hoffnung hatte, das oberste Gericht würde die Neuregelung als verfassungswidrig einstufen, dürfte enttäuscht sein. Der Gesetzgeber hatte seinerzeit den Versicherern helfen wollen, besser durch die Niedrigzinsphase zu kommen. Die Gefahr, dass Versicherer die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit nicht erfüllen können, sollte abgewendet werden.

 

Dieses Ziel, so lässt sich heute feststellen, ist bisher erreicht. Obwohl die Niedrigzinsphase immer noch andauert, hat sich die Lage für viele Versicherer stabilisiert. Ob es für die Zukunft ausreicht, wird sich zeigen. Immer noch sitzen die Unternehmen auf einem Berg an Altverträgen, in denen sie ihren Kunden in der Spitze eine Mindestverzinsung von vier Prozent versprochen haben. Diese Altverträge sind in Zeiten der EZB-Niedrigzinspolitik zu einer drückenden Last geworden. Deshalb erfolgte 2014 der dringende Appell der Branche an den Gesetzgeber zu helfen. Allerdings haben die Versicherer auch gelernt. Nicht wenige bieten heute Verträge mit Garantieverzinsung gar nicht mehr an.

Beliebtes Altersvorsorgeprodukt

Das tröstet allerdings die Millionen Kunden nicht, die sich auf ihre Lebensversicherung verlassen haben. Vor 25 Jahren hat sich niemand vorstellen können, dass das Lieblings-Altersvorsorgeprodukt der Deutschen, die klassische Lebensversicherung, einmal so abschiffen sollte. Zwar haben schon damals Verbraucherschützer vor diesem Produkt gewarnt: zu undurchsichtig, zu teuer, zu oft vorzeitig gekündigt. In der Tat weiß kein Kunde, wie viel von seinem Beitrag als Altersvorsorge angelegt wird und wie viel als Kosten abfließt. Doch gleichzeitig war es bequem, sich nicht selbst mit der Anlage seiner Spargelder beschäftigen zu müssen und stattdessen auf Profis zu vertrauen.

Diese Rechnung wird in vielen Fällen nicht aufgehen. Durch die von der EZB verordneten Minizinsen schmelzen die prognostizierten Leistungen aus der Lebensversicherung drastisch. Die Ernüchterung der Kunden wird spätestens bei der Auszahlung kommen.