Der Handel unterstützt die Ziele einer autofreien Innenstadt. Allerdings unter der Bedingung, dass die allgemeine Erreichbarkeit verbessert wird. Denn die Hälfte aller Besucher, viel mehr als in vergleichbaren Städten, kommt von außerhalb.

Stuttgart - Bei bestimmten Perspektiven zum Thema Auto und Stadt gibt es kaum zwei Meinungen: Keiner mag die PS-Protzer, die auf der Theo kreisen. Und keiner findet den Parksuchverkehr in der Innenstadt prickelnd. Aus diesem Grund findet das Konzept „lebenswerte Innenstadt“ breiten Zuspruch in der Stadtgesellschaft. In einem entsprechenden Zielbeschluss war man sich im Gemeinderat auch einig, dass 350 oberirdische Parkplätze innerhalb des Cityrings wegfallen sollen. Doch das war der ökosozialen Ratsmehrheit nicht mehr genug. Zuletzt forderte sie auch die Reduzierung von Stellplätzen in Parkgaragen rund um den Cityring.

 

Diese Diskussion ruft nun auch die Händler, Dienstleister und Gastronomen in der Stadt auf den Plan. Deren Sprecher, Citymanager Sven Hahn, bündelt daher diese Sorgen und Anliegen. Die Idee des Gemeinderats, Flächen oberirdischer Parkplätze für mehr Aufenthaltsqualität zu nutzen, halte man ja grundsätzlich für richtig, aber in einem wichtigen Punkt ziehe man eine rote Linie. „Wenn wir diesen Weg aber konsequent gehen wollen, müssen Qualität und Erreichbarkeit der Parkhäuser verbessert und nicht zurückgebaut werden“, sagt der Geschäftsführer der City-Initiative Stuttgart, Sven Hahn.

Studie: Stuttgart hat ein Parkproblem

Mit dem Rückenwind der Industrie- und Handelskammer (IHK), der städtischen Wirtschaftsförderung und der Touristik-Experten von Stuttgart Marketing verweist Hahn in diesem Zusammenhang auf eine gemeinsame Auftragsstudie zum Thema „Vitale Innenstädte“. Dabei hat das Marktforschungsinstitut IFH Köln die Stuttgarter City im Vergleich zu anderen Städten auch unter dem Aspekt Erreichbarkeit beleuchtet. Während die Befragten Stuttgart beim Punkt „Erreichbarkeit mit dem ÖPNV“ die Schulnote 2 gaben, war es beim Punkt „Parkmöglichkeiten“ nur eine 4. Damit liegt Stuttgart weit hinter anderen Städten, die etwa gleich groß sind, und hinter der Benchmark dieser Ortsgröße zurück. Ebenso interessant: Die Studie von 2020 zeigt, dass die Hälfte der Innenstadt-Besucher von außerhalb kommt. Bei den Vergleichsstädten liegt dieser Wert bei rund 40 Prozent. Bedeutet: die Stuttgarter Händler leben mehr als Einzelhändler in anderen Städten vom Umland. Dies zeigt auch die Frage: Warum sind Sie heute in der Innenstadt? 71,5 Prozent (65,9 Prozent in den Vergleichsstädten) nannten Einkaufen als Grund, gefolgt von Gastronomie mit 52,4 Prozent (32,3 andere Städte). Für Hahn wird daraus eine Schlussfolgerung deutlich: „Wir haben in den vergangenen eineinhalb Jahren gesehen, wie sehr das Funktionieren der lokalen Wirtschaft, aber auch das gesamte Zusammenleben in unserer Stadt von einer lebendigen und bunt gemischten Innenstadt abhängt.“

Weiter sagt Hahn: „Die Stuttgarter Innenstadt kann aber nur belebt und vielfältig sein, wenn sie erreichbar ist – sowohl für die Bürger als auch für die Besucher der Stadt.“ Und weil im Vergleich zu anderen Großstädten der Anteil der Menschen, die von außen kommen, wesentlich höher sei, „ist die Erreichbarkeit der Stadt so extrem wichtig“.

Zudem seien größere Anstrengungen notwendig, um in Sachen Mobilität positive Nachrichten aus Stuttgart verbreiten zu können. „Aus diesem Grund setze ich mich für vier Samstage mit kostenlosem ÖPNV in Stuttgart ein“, erklärt Citymanager Sven Hahn. „Auf diesem Weg können die Interessen einer lebenswerten Stadt und die Interessen des Handels, der Gastronomie und der Kulturbetriebe verbunden werden.“