In den veralteten Wasserleitungen des Ludwig-Uhland-Gymnasiums in Kirchheim unter Teck fühlen sich Legionellen zu wohl – die Stadtverwaltung hat deshalb den Brausen das Wasser abgedreht. Die Leitungen zu sanieren, dürfte eine sechsstellige Summe kosten.

Kirchheim/Teck - So heiß es im Training oder im Spiel auch hergehen mag – die frische Dusche ist den Sportlern im Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium seit den Faschingsferien verwehrt. Nachdem das Gesundheitsamt Esslingen im Leitungssystem der Sporthalle eine erhöhte Anzahl von Legionellen gemessen hat, hat die Stadtverwaltung den Haupthahn kurzerhand abgedreht.

 

„Lieber verschwitzt als krank“, das sagt sich der für die öffentlichen Gebäude in der Stadt zuständige Bürgermeister Günter Riemer. Seinen Worten zufolge wird das Wasser erst dann wieder fließen, wenn den Bakterien der Garaus gemacht ist. Das wird nach ersten Schätzungen nicht vor April der Fall sein. Derzeit werden die Leitungen dort ausgetauscht, wo sich die Krankheitserreger besonders gerne ansiedeln und vermehren – an Schiebern, an Hähnen und an Weichen im Leitungssystem. Anschließend müssen die Rohre mit heißem Wasser bis in die feinste Verästelung durchgespült werden, um die Bakterien abzutöten. Nach zehn Tagen werden erneut Proben gezogen. „Dann erst geben wir die sanitären Anlagen wieder frei, vorausgesetzt, das Gesundheitsamt stellt keine Auffälligkeiten mehr fest“, sagt Riemer.

Das komplette Leitungsnetz könnte vor dem Kollaps stehen

Während die Sportler dann die erfrischende Belohnung nach ihrem schweißtreibenden Tun wieder bedenkenlos genießen können, fängt für Günter Riemer die Arbeit erst richtig an. Auf seinem Schreibtisch im Rathaus liegt ein vorgestern erst in der Sporthalle ausgebautes Wasserrohr, anhand dessen Zustands der Bürgermeister das ganze Ausmaß des Problems vor Augen führt. „Das gehen höchstens noch fünf Prozent durch“, sagt er unter Hinweis auf die massiven Kalkablagerungen, die das Rohr beinahe komplett verschließen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das gesamte Leitungsnetz der vor 30 Jahren gebauten Schule vor dem Kollaps steht, ist groß. Sicher ist für Riemer auf jeden Fall schon jetzt, dass es nicht bei den jetzt für die Sofortmaßnahmen in die Hand genommenen 40 000 Euro bleiben wird. „Ich gehe davon aus, dass uns allein die Sanierung des Leitungsnetzes im Ludwig-Uhland-Gymnasium eine sechsstellige Summe kosten wird“, sagt Riemer.

Marode Leitungen sind ein idealer Nährboden

Seine Einschätzung, dass die richtig kalte Dusche erst noch kommt, wird der Bürgermeister dem am 2. April tagenden Technischen Ausschuss des Gemeinderats mitteilen, garniert mit der Empfehlung, für alle in Frage kommenden Objekte eine mehrjährige Sanierungskonzeption zu erstellen. „Da kommt was Größeres auf uns zu“, schwant Riemer. Um die Dringlichkeit zu unterstreichen, will er das verstopfte Leitungsstück als Anschauungsobjekt mit in den Ratssaal bringen.

Er könnte natürlich auch Albrecht Wiedenmann, den Sachgebietsleiter Infektionsschutz und Umwelthygiene im Gesundheitsamt Esslingen zitieren. „Wenn wir in einer Probe mehr als 10 000 Legionellen pro 100 Milliliter Wasser messen, müssen wir handeln. Das war in der Sporthalle an einer peripheren Entnahmestelle der Fall“, sagt der Mediziner. Nachdem im Umfeld des Boilers selbst keine Legionellenkonzentration festgestellt worden sei, liege der Verdacht nahe, dass das marode Leitungssystem einen idealen Nährboden für die Bakterien biete.

Zu Krankheitsfälle ist es den Worten Wiedenmanns zufolge in Kirchheim nicht gekommen. Legionellen können, wenn sie im Wasserdampf eingeatmet werden und auf einen geschwächten Organismus stoßen, die sogenannte Legionärskrankheit, einer Art Lungenentzündung, auslösen.

Lauwarmes Wasser und lange Verweilzeiten

Bakterien:
Legionellen sind im Wasser lebende Bakterien. Vom Menschen eingeatmet, können sie die Legionärskrankheit auslösen. Die Lungenentzündung heißt so, weil die Krankheit erstmals in größerem Maße bei einem Veteranenkongress der amerikanischen Legion im Jahr 1976 ausgebrochen ist.

Voraussetzungen:
Die optimalen Lebensbedingungen finden Legionellen im zwischen 25 Grad und 50 Grad warmen Wasser. Lange Verweilzeiten, Totleitungen oder geringer Durchfluss, wie er bei zunehmender Verunreinigung der in die Jahre gekommenen Rohre auftritt, fördern die Verbreitung. Der Einbau von Biofiltern und die Spülung des Leitungsnetzes mit mehr als 75 Grad heißem Wasser töten die Bakterien dagegen ab.