Aufstieg Manche Lehrer müssen warten

Hauptschullehrer an Gemeinschaftsschulen müssen länger auf ihren Aufstieg warten als ihre Kollegen an den Realschulen. Die Lehrergewerkschaft GEW sieht darin eine Diskriminierung der Gemeinschaftsschulen.
Stuttgart - Martin Maier (Name geändert), ist von der Landesregierung schwer enttäuscht. Von November 2017 bis Juli 2018 absolvierte der Hauptschullehrer auf Einladung der Schulverwaltung neben seinem Unterricht eine Fortbildung, um die Lehrbefähigung für die Realschule und den Aufstieg in die Gehaltsklasse A 13 zu erwerben. „Dies habe ich als Anerkennung unserer geleisteten Arbeit und als Kompensation für die investierte Zeit und Energie in den letzten Jahren empfunden“, sagt der Mittfünfziger, der an einer Gemeinschaftsschule unterrichtet.
Der Pädagoge absolvierte erfolgreich viele Wochenend- und auch Ferienkurse. Doch die erhoffte Gehaltserhöhung ist bisher ausgeblieben – anders als bei den Hauptschulkollegen, die nach der Fortbildung an Realschulen und Sonderschulen unterrichten. Diese wurden und werden nach einem halben Jahr Wartezeit befördert und erhalten mehr Geld. „Als Landesbeamter, der seit nunmehr 25 Jahren seinen Dienst stets treu, loyal und mit viel Engagement verrichtet, empfinde ich diese Nichtberücksichtigung als schallende Ohrfeige!“, so Maier.
500 Lehrer betroffen
Maier ist kein Einzelfall. Bei etwa 500 Lehrern sei die Beförderung verschoben worden, sagte eine Sprecherin des Kultusministeriums. Grund dafür sei, dass das Finanzministerium bei den Haushaltsberatungen für 2018/19 nur für einen Teil der so genannten Stellenhebungen Geld bewilligt habe. Der Aufstieg von der Besoldungsgruppe A 12 für Hauptschullehrer nach A 13 für Realschullehrer und Sonderschullehrer kostet das Land rund 8500 Euro pro Person und Jahr. Für die Lehrer bedeutet er brutto rund 500 Euro mehr pro Monat.
Die Stellen für die Hauptschullehrer an den Realschulen und Sonderschulen seien zuerst angehoben worden, weil diese Lehrer nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Anspruch auf mehr Geld hätten, wenn sie an diesen Schulen eingesetzt würden. Für die Gemeinschaftsschulen dagegen gelte das nicht, weil es kein eigenes Gemeinschaftsschullehramt gebe und an den Gemeinschaftsschulen Gymnasial-, Real- und Hauptschullehrer arbeiteten.
Kultusministerium: Verschoben, nicht aufgehoben
Die Beförderung für die betroffenen Lehrer sei allerdings nur aufgeschoben, nicht aufgehoben, sagte die Sprecherin. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) werde für den nächsten Landeshaushalt 2020/21 nochmals entsprechende Mittel beantragen. Die Hauptschullehrer an den Gemeinschaftsschulen, die sich weitergebildet hätten, sollten dann Anfang 2020 befördert werden. Derzeit werden in den Ministerien die Wunschlisten für den Doppelhaushalt 2020/21 erstellt und dann dem Finanzministerium präsentiert. Im Dezember entscheidet der Landtag.
„Die Amtsspitze des Kultusministeriums nutzt jede Gelegenheit, um die Gemeinschaftsschulen zu diskriminieren“, kritisiert Doro Moritz, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Hauptschullehrkräfte an den Gemeinschaftsschulen hätten die Voraussetzungen für A 13 ebenso erfüllt wie die Hauptschullehrkräfte an den Realschulen. Ihre Fortbildung sei sogar deutlich aufwendiger gewesen als die für die Lehrkräfte an den Realschulen. „Sie haben trotz der hohen Arbeitsbelastung die Qualifizierung durchlaufen und die Prüfung geschafft.“ Moritz fordert, die Beförderung vorzuziehen. Die Kollegen sollten ab August mehr Geld erhalten. Finanzierbar wäre das aus ihrer Sicht mit Mitteln, die nicht ausgegeben wurden, weil nicht alle Lehrerstellen besetzt sind.
Die betroffenen Lehrer sehen sich auch gegenüber jungen Kollegen benachteiligt. 2010 hatte die CDU/FDP-Koalition beschlossen, dass angehende Haupt- und Realschullehrer ab 2012 gemeinsam studieren sollen. Die Absolventen dieses Studiengangs für die Sekundarstufe I werden an Hauptschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschule nach A13 bezahlt.
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