Die Redakteurin Inge Jacobs fragt sich, weshalb es Schulen nur unzureichend gelingt, Schülern Rechtschreibung und Rechnen beizubringen – und wie man eine Bewerbung schreibt.

Stuttgart - Schon jetzt fehlen in der Region Stuttgart jede Menge Fachkräfte, und künftig werden es noch deutlich mehr sein. Das ist fatal. Viele Betriebe geben sich alle Mühe, um möglichst attraktiv für potenzielle Auszubildende zu sein. Gut so! Dass dies größeren Betrieben leichter fällt als kleinen, ist kein Wunder.

 

Bedenklich ist allerdings, dass trotz der vielen freien Stellen etliche Bewerber nicht zum Zug kommen oder, falls doch, ihre Lehre nicht bis zum Schluss durchziehen. Wie kann es sein, dass junge Leute nicht in der Lage sind, ein Anschreiben zu formulieren, das sich auch auf den ausgewählten Betrieb bezieht? Oder bei ihrer Bewerbung überhaupt kein Anschreiben verfassen? Oder dass sie das Bewerbungsschreiben an den falschen Adressaten schicken? Man fragt sich das, weil man doch weiß, dass wohl die meisten Schulen sich große Mühe geben, derlei zu vermitteln, und dass oft Seniorpaten und Sozialarbeiter sie dabei unterstützen. Ganz zu schweigen davon, dass ja auch die Erziehungsberechtigten noch einen Blick darauf werfen könnten.

Azubis werden von Betrieben hofiert und haben trotzdem oft keine Lust auf Leistung

Aber es verwundert auch, dass vielen jungen Leuten, selbst wenn sie die Lehrstelle in der Tasche haben, die Leistungsbereitschaft und die Motivation fehlen, die Ausbildung auch durchzuziehen. Und dies, obwohl sie vonseiten der Betriebe geradezu hofiert werden. Was ist da los?

Eine Hypothese: Kann es sein, dass Kindern in letzter Zeit zu viel abgenommen wurde? Dass sie daran gewöhnt sind, dass ihnen alles mundgerecht zugeführt wird, und es ihnen deshalb an Eigeninitiative und dem Gefühl einer Verantwortung für ihr eigenes Tun fehlt?

Verwundern muss auch, dass viele Betriebe Defizite beim schriftlichen und mündlichen Ausdrucksvermögen und bei elementaren Rechenfertigkeiten beklagen. Was zum Teufel bringen die Schulen den Schülern denn bei? Positiv anzumerken ist, dass Kultusministerin Eisenmann, alarmiert durch die miserablen Vergleichstests, die didaktischen Schwerpunkte an den Schulen verändern will: an den Grundschulen mehr Rechtschreib- und Matheübungen statt Englisch, zentrale Klassenarbeiten, bessere Lehrerfortbildung. Das kann alles helfen. Aber bitte vermittelt den Schülern auch Eigenverantwortung.