Die LAV Tübingen hat im Jahr 2014 ein Minus von 107.000 Euro erwirtschaftet. Das führte zum Rücktritt des Vorsitzenden Eugen Höschele – und anderen Irritationen.

Der Wechsel des Tübinger Sprinters Marius Broening im vergangenen Winter von der Kunststoffbahn zum Bobfahren in den Eiskanal hatte Symbolcharakter für seinen Verein. Bei der Jahreshauptversammlung vergangene Woche wurde klar: die Leichtathletik-Vereinigung (LAV) Tübingen ist ausgerutscht. Der Verein hat 2014 ein Minus von 107 000 Euro erwirtschaftet, hinzu kommen Irritationen um den Tübinger Stadtlauf – und Rücktritte im Vorstand. „Es ist richtig, dass wir dieses Minus erwirtschaftet haben“, sagt der Vorsitzende Eugen Höschele und nennt den Grund: es seien weniger Sponsorengelder eingenommen worden als geplant. Damit sich das Minus jetzt nicht als unüberwindlicher Schuldenberg auftürmt, mussten Rücklagen aufgebraucht werden. 80 000 Euro seien ausgeglichen, 27 000 Euro Prämien stehen noch zur Zahlung an Athleten und Trainern aus. Dennoch gab es Existenzsorgen („Wie lange können wir den Betrieb noch aufrechterhalten?“) unter den Mitgliedern.

 

„Der Verein hat über seine Verhältnisse gelebt“, bringt der Olympiasieger Dieter Baumann die Kritik auf den Punkt. So wurde vor zwei Jahren eine leistungsstarke, aber offensichtlich auch finanziell aufwendige Gruppe aus dem Stuttgarter und Sindelfinger Raum um die Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch geholt. Damit einher ging eine inhaltliche Neuausrichtung. „Ich war immer der Meinung, Tübingen sei eine Läuferhochburg“, sagt Baumann, als Ex-LAV-Vorsitzender Vorgänger von Höschele, „doch dies hat sich als Irrweg erwiesen.“

Auswirkungen auf den Tübinger Stadtlauf

Dazu passt auch die Tatsache, dass der Verein im Dezember 2014 Arne Gabius („Läufer des Jahres“ in Deutschland) und dem Hürdenläufer Gregor Traber kein Angebot mehr unterbreitete und die Aushängeschilder nach Hamburg und Stuttgart ziehen ließ. „Der Verein hat sich mit den Stuttgarter Athleten den Gewinn der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft als Ziel gesetzt, einem Wettbewerb mit zweit- und drittklassigen Athleten“, kritisiert Baumann die Ausrichtung. In der Tat gilt die DMM als Muster ohne Wert, für das man investiert hat.

Irritationen gibt es auch um den Tübinger Stadtlauf, ehemals Topveranstaltung der LAV Tübingen, die Zehntausende in die Universitätsstadt lockte. Weil der Verein Probleme mit der Akquirierung ehrenamtlicher Helfer hatte, übernahmen Dieter Baumann und der Dieter-Thomas-Kuhn-Manager Marc Osswald jetzt mit der TSG Tübingen die Ausrichtung – ohne die LAV. Für eingesessene Tübinger Läufer ist dies ein großer Identifikationsverlust, wie ein langjähriger Funktionär jetzt kritisiert.

Am Ende führte die „Generalabrechnung“, wie die Versammlung vom „Schwäbischen Tagblatt“ bezeichnet wurde, bei den Verantwortlichen zu Verbitterung und Resignation. „Ich habe für den Verein so viel Geld beschafft wie nie zuvor“, sagt Eugen Höschele, „die provozierenden Fragen waren stillos und verletzend.“ Der Vorsitzende Höschele, der Schatzmeister Uwe Dannemann und die zweite Vorsitzende Bettina Frank (gesundheitliche Gründe) gaben ihren Rücktritt bekannt. Ob und wie der Verein vor dem nächsten Winter wieder in die Spur kommt, weiß zurzeit niemand.