Bürger aus Oberaichen haben kritische Fragen gestellt und ihre Sorgen zum Bau einer Moschee geäußert. Im Vergleich zum ersten Infoabend vor einigen Jahren hat sich die Stimmung geändert – doch dann schwang sie um.

Oberaichen - Fair, ehrlich und sachlich: Um möglichen Entgleisungen vorzubeugen, hatte der Vorsitzende der Bürgergemeinschaft Oberaichen (BGO), Kurt Alber, gleich zu Beginn der Informationsveranstaltung zum geplanten Moscheeneubau des Vereins für Kultur, Bildung und Integration (VKBI) klare Regeln aufgestellt. Das Interesse an der Veranstaltung im Pavillon Oberaichen am Donnerstagabend war so groß, dass manche Bürger vom Gang aus zuhörten. Die BGO hatte Anwohner, Erste Bürgermeisterin Eva Noller, Sozialbürgermeister Carl-Gustav Kalbfell, Stadträte und auch Mitglieder der Stadtverwaltung eingeladen, um Vertretern des VKBI Fragen zum Neubau der Moschee zu stellen.

 

2011 gab es in Oberaichen bereits einen ähnlichen Informationsabend zu dem Thema, bei dem sich nur geringer Widerstand gegen den Moscheebau regte. „Damals waren die Zeiten noch andere als heute“, sagte Kurt Alber. Bedingt durch den islamistischen Terror, die Flüchtlingsproblematik und die politische Situation in der Türkei sei die Sorge bei den Bürgern gegenüber dem Bauvorhaben gewachsen. Dement-sprechend war die Atmosphäre im Saal zu Beginn angespannt. Nach zahlreichen Anfragen aus der Bürgerschaft hatte die BGO einen Fragenkatalog für den VKBI zusammengestellt.

Im Mai soll der Starschuss für den Rohbau fallen

Kazim Per, der den Verein in Sachen Moscheeneubau berät, erläuterte den zeitlichen Ablauf des Bauprojekts, wie das Bauwerk aussehen und was darin passieren soll. „Wir hinken dem Zeitplan hinterher“, so Per. Grund hierfür sei hauptsächlich die Auslastung im Baugewerbe, die man nicht beeinflussen könne. Aller Voraussicht nach könne am Montag das Rohbauunternehmen beauftragt werden. Spätestens Mitte Mai soll der Startschuss für den Rohbau fallen, der bis Ende des Jahres fertiggestellt sein soll. Läuft alles nach Plan, kann die Moschee voraussichtlich gegen Ende des Jahres 2018 eingeweiht werden.

Finanziert wird das 3,5-Millionen-Projekt zur Hälfte über einen Bankkredit, den Rest stemmt der Verein aus Spendenbeiträgen. In dem Baukörper ist neben Gebets- und Schulungsräumen auch eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. So soll es einen Supermarkt, ein Café, einen Imbiss und einen Friseur geben. „Die Geschäfte stehen allen Bürgern offen“, betonte Per. Es sind 29 Stellplätze vorgesehen.

Verein ist gesprächsbereit im Bezug auf die Stelen

Eine Diskussion entbrannte zu den geplanten Stelen der Moschee. Architekt Murat Korkmazyürek berichtete, dass der höchste der drei vertikal aufgerichteten Cortenstahlträger, die von einem Ring zusammengehalten werden und ein Minarett symbolisieren, 15 Meter hoch ist. Minarett-rufe, wie sie in muslimischen Ländern üblich sind, werde es nicht geben. Einige Bürger brachten deutliche Kritik zum Ausdruck. „Wir Christen stören uns an diesem islamischen Symbol“, sagte eine Frau. Kazim Per und der stellvertretende Vorsitzende des islamischen Vereins, Muhammed Tuncer, zeigten sich gesprächsbereit. Man könne auf den Bau der Stelen verzichten.

Das Modell der Moschee

Einige Bürger äußerten zudem ihre Sorge, dass innertürkische Konflikte mit dem Moscheebau nach Oberaichen getragen werden könnten. „Wir sind sowohl im In- als auch im Ausland politisch unmotiviert, stehen keiner Partei oder Bewegung nahe“, erklärte Muhammed Tuncer.

Die Bürger wollten zudem wissen, welcher Ideologie der Verein nahesteht, wie man die islamistischen Terroranschläge bewertet und Hasspredigten entgegenwirken will. Yavuz Kazanc vom Landesverband der Islamischen Kulturzentren in Baden-Württemberg (LVIKZ), der als Dachverband des VKBI fungiert, stellte klar, dass man sich vom islamistischen Terror distanziere. Seine Imame bilde der Verband in Deutschland selbst aus, so beuge man ideologischen Strömungen und Hasspredigten vor. Der Religionsunterricht für Kinder und Jugendliche werde auf Deutsch abgehalten.

Integration ist keine Einbahnstraße“

Manche Anwohner befürchteten eine Gettobildung und die Entstehung einer Parallelgesellschaft, da die Moschee in unmittelbarer Nähe zur Flüchtlingsunterkunft an der Steinbeisstraße gebaut wird. Dies empfanden die Bürger als kontraproduktiv für die Integration. Der Verein möchte daher bei Veranstaltungen und Festen die Oberaicher Nachbarschaft mit einbeziehen. Ein Zuhörer bemerkte hierzu, dass man die Integrationsarbeit nicht allein der Moscheegemeinde überlassen darf. „Integration ist keine Einbahnstraße, wir sind alle gefordert und müssen uns einbringen“, so der Mann. Zudem verwies er darauf, dass man bislang nie Probleme mit dem Verein gehabt habe.

Eine Frau aus Oberaichen wollte wissen, wie man als Verein mit den Gegensätzen zwischen dem Grundgesetz und dem Koran umgehe. Yavuz Kazanc betonte, dass man sich dem deutschen Rechtsstaat verpflichtet fühle. Im Übrigen sei auch die Bibel nicht immer mit dem Grundgesetz vereinbar. Die anfänglich aufgeheizte Stimmung beruhigte sich am Ende der rund zweistündigen Bürgerinformation.

Bürgermeister Kalbfell schlug vor, die Veranstaltung, die protokolliert wurde, als eine Art Vereinbarung und vertrauensbildende Maßnahme zwischen Bürgern, Stadtverwaltung und Moscheeverein zu handhaben. Die Bürgergemeinschaft Oberaichen gab zudem bekannt, dass sie den Moscheebau eng begleiten und sich in der Integrationsarbeit einbringen will.