Stuttgart hat es vorgemacht, nun will die Stadt Leinfelden-Echterdingen den Feinstaub auf den Straßen auch einfach wegschrubben; die Kehrmaschine soll bei Inversionswetterlage öfter fahren. Doch ist das der Weisheit letzter Schluss?

Leinfelden-Echterdingen - Putzen, saugen, fegen für eine bessere Luft: Die Landeshauptstadt hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie mit besonderen Kehrmaschinen versucht hat, dem Feinstaub Herr zu werden. Ähnliche Überlegungen gibt es nun auch in Leinfelden-Echterdingen. Die städtische Kehrmaschine soll im Winter und bei Inversionswetterlage an der Echterdinger Hauptstraße öfters fahren als bisher. „Das bringt in jedem Fall etwas“, sagte Oberbürgermeister Roland Klenk am Dienstagabend im Gemeinderat. Obwohl CDU-Stadträtin Katja Fellmeth zuvor darum gebeten hatte, sich erst einmal in Stuttgart zu erkundigen, ob das vermehrte Kehren überhaupt Erfolg hat.

 

Das verwundert. Denn an der Echterdinger Hauptstraße gibt es laut Landesanstalt für Umwelt, Messung und Naturschutz (LUBW) gar kein großes Feinstaub-Problem. Die LUBW hat dort ein Jahr lang eine Messstelle betrieben. Der graue Kasten, der auf der Höhe eines chinesischen Restaurants stand, ist bereits wieder abgebaut. Die Messungen sind eingestellt. Der Jahresmittelwert lag 2016 bei 22 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. 14-mal wurde der Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten, erlaubt sind 35 Überschreitungen.

Die Messungen sollen zwei weitere Jahren andauern

Anders sieht es bei der Stickoxid-Belastung aus. Hier lag das Jahresmittel bei 47 Mikrogramm pro Kubikmeter. Damit hat Leinfelden-Echterdingen den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter leicht überschritten. Aus diesem Grund werden die Rohre, die in vier Meter Höhe an Straßenschildern angebracht sind, weiterhin zum Echterdinger Ortsbild gehören. „Die Stickoxid-Messungen werden zwei Jahre weitergeführt, um den Wert zu überprüfen“, erklärte Monika Götz vom städtischen Amt für Umwelt den Stadträten. Danach muss laut Gisela Fechner, der Sprecherin der Stadt, die LUBW entscheiden, welche Maßnahmen ergriffen werden.

Beim häufigeren Kehren soll es in Leinfelden-Echterdingen allein nicht bleiben. „Wir müssen an verschiedenen Zipfeln der Bettdecke ziehen“, sagte der Rathauschef am Ende einer emotional geführten Debatte. Die Verwaltungsspitze will sich schlaumachen, was von den Flugzeugen tagtäglich in die Luft von L.-E. geblasen wird. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob die Schadstoffe ausschließlich vom Autoverkehr herrühren, oder andere Ursachen haben. Beim Aufstellen eines Bebauungsplanes soll das Thema Luftdurchzug künftig mitbedacht werden. Es wird auf das Mobilitätskonzept und damit auf einen Umstieg auf alternative Verkehrsmittel gesetzt. Laut Sitzungsvorlage soll es auch mehr Grün in der Stadt geben. Was FDP-Stadtrat Wolfgang Haug mit den Worten kommentierte: „Nun aber sind die Pflanzenkübel an den Straßen schon abgebaut.

Eine Messstelle kostet pro Jahr 30 000 Euro

„Die Luftqualität ist nicht super“, fasste Eberhard Wächter, Sprecher der Freien Wähler, zusammen. „Es gibt Ausreißer nach oben.“ Kritisch äußerte sich auch SPD-Stadtrat Jens Zellmer: „Die Überschreitung der Stickoxid-Werte über ein ganzes Jahr hinweg ist nicht wegzulächeln. Das sollte uns Aufgabe genug sein.“ Stadträtin Claudia Moosmann (Freunde der Filderpiraten) bemängelte, dass bisher nur an der Echterdinger Hauptstraße gemessen wurde. Wozu Bürgermeisterin Eva Noller sagte: „Das ist genau der richtige Ort.“ Es gebe keine andere Straße in L.-E., die verkehrlich so belastet sei.

Die LUBW hat es zudem abgelehnt, an anderen Stellen der Stadt Messstellen einzurichten. Zum Hintergrund: Eine Bürgerin aus Oberaichen hatte mit eigenem Messgerät Feinstaubwerte von mehr als 100 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Moosmann hatte daraufhin mit Unterstützung der Grünen-Fraktion den Antrag gestellt, die Luftqualität auch in Oberaichen zu prüfen.

Noller rät davon ab, dass die Stadt auf eigene Faust Messstellen einrichtet. „Dafür ist die LUBW zuständig und nicht wir. Ich möchte dies gerne so belassen“, sagte sie. Eine Messstelle kostet pro Jahr 30 000 Euro. OB Klenk sagte dazu: „Wenn wir jetzt überall messen, wo Menschen denken, sie bekommen keine Luft, dann gibt es kein Halten mehr.“ Unterstützung bekam er dabei von der SPD: „Wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten“, sagte Fraktionschef Erich Klauser. Freie Wähler-Stadtrat Walter Vohl machte deutlich, was er von der gesamten Diskussion hielt: „Wie wir hier stundenlang unsere Luft schlecht reden, da bleibt mir die Luft weg.“