Ist Licht ein Luxus? Ein Busfahrer aus Leinfelden-Echterdingen beschwert sich über viele Kinder, die ohne Licht zur Schule radeln. Er hat Angst, dass er irgendwann mal eines übersieht. Eine der Schulen tut etwas, um die Situation zu verbessern...

Leinfelden-Echterdingen - Fritz Wolters Tage beginnen zurzeit immer wieder aufs Neue mit Angst. Früh morgens geht er aus dem Haus, steigt in seinen schwarzen Kleinbus und holt sich beim Bäcker erst mal Frühstück. Das ist der gemütliche Teil. Der ungemütliche kommt danach. Zusammen mit seiner Beifahrerin hält er viermal in Echterdingen an, um Schüler einzusammeln, die zur Rohräckerschule in Esslingen müssen. In der dunklen Jahreszeit ist das für Fritz Wolter ein allmorgendlicher Spießroutenlauf. Denn etliche Radfahrer sind ohne Licht unterwegs.

 

„Ich habe eine Riesenverantwortung, wenn ich Bus fahre. Für die Kinder aber auch im Straßenverkehr“, sagt der Rentner. Doch selbst wenn er sich noch so anstrengt, die lichtlosen Radler pfuschen ihm dazwischen.

Besonders schlimm gehe es an der Echterdinger Goldäckerstraße nahe des Philipp-Matthäus-Hahn Gymnasiums (PMHG) zu. „In dem Bereich sind sicher 40, wenn nicht sogar 60 Prozent der Kinder ohne Licht unterwegs“, sagt Wolter. Seine größte Angst ist es, irgendwann einmal ein Kind zu übersehen.

Eine Straße voller Stressfaktoren

Diese Straße berge eh schon „Stressfaktoren ohne Ende“, sagt der Busfahrer. Fußgänger mit Hunden, die Müllabfuhr, Autos, Kleinbusse und Fahrzeuge, die auf beiden Straßenseiten parken, kämen zu den Radlern ohne Licht hinzu. Laut Angaben des Polizeipräsidiums Reutlingen, dem Leinfelden-Echterdingen zugeordnet ist, ereigneten sich im vergangenen Jahr 61 Schulwegunfälle im Bereich des Präsidiums. 34 davon wurden von den Schülern selbst verursacht, der Rest von anderen Verkehrsteilnehmern.

„Uns ist das Problem bekannt“, sagt Astrid Ulkan, die stellvertretende Schulleiterin am PMHG. Ein Anwohner habe sich vergangenes Jahr ebenfalls über die Radler ohne Beleuchtung beschwert. Ihrer Meinung nach sei es Leichtsinn oder Eile, weshalb die Schüler ohne Licht fahren. „Wir als Schule sind da auf verlorenem Posten“, sagt Ulkan. Man könne schließlich nicht jedes Kind einzeln kontrollieren.

60 Mängelberichte wurden erstellt

Um die Situation zu verbessern, gebe es einmal im Jahr eine unangemeldete Fahrradkontrolle, sagt Ulkan. Dazu positionieren sich jeweils zwei Lehrer, ein Mitarbeiter des gemeindlichen Vollzugsdienstes und ein Polizist an drei Stellen um das Gymnasium herum. Wer ohne Licht ankommt oder sonstige Schäden am Fahrrad hat, bekommt einen Mängelbericht, der von den Eltern unterschrieben werden muss. Laut Angaben der Polizei wurden bei der Aktion am 26. Oktober 60 Berichte ausgestellt – vorrangig für unbeleuchtete Räder. „Ich denke schon, dass das Problem so ins Bewusstsein der Schüler gerückt wird“, sagt Ulkan.

Abseits dieser Aktion gebe es keine gezielten Fahrradkontrollen der Polizei, teilt Josef Hönes, Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, mit. „Wenn eine Streife unterwegs ist und einen Radfahrer ohne Licht sieht, wird das aber beanstandet“, sagt der Pressesprecher. Wie bei der Fahrradkontrolle am PMHG wird dann ein Bericht mit allen Mängeln am Fahrrad ausgestellt. Nachdem der Drahtesel repariert worden ist, muss er innerhalb von ein paar Tagen bei der nächsten Polizeidienststelle vorgeführt werden. Im Zuge der Aktion „Sicherer Schulweg“ würden die vielbefahrenen Strecken am Anfang des Schuljahres außerdem verstärkt von der Polizei kontrolliert. „Der Weg zum PMHG wird in diesem Zusammenhang auch sporadisch überwacht“, so Hönes.

Stadt sieht kein großes Problem

Das Ordnungsamt in Leinfelden-Echterdingen führt ebenfalls keine spezifischen Kontrollen für die Fahrradbeleuchtung durch. Der gemeindliche Vollzugsdienst habe bei seinen täglichen Fahrten zwar ein Auge auf die Beleuchtung der Radfahrer. „Wir sehen aber kein großes Problem“, sagt Jutta Rößler, die stellvertretende Amtsleiterin.

Der Busfahrer Fritz Wolter hat von den Kontrollen bisher selbst noch nichts mitbekommen. Und ob sie etwas bringen, ist für ihn höchst zweifelhaft. Dann wären seine Morgende ja entspannter. „Ich habe mir wirklich überlegt, nicht mehr zu fahren. Ich finde es mir gegenüber eine Zumutung“, sagt der Busfahrer. Noch vor Schule, Polizei und Stadt sieht er vor allem die Eltern in der Verantwortung: „Guckt doch mal, wie eure Kinder Fahrrad fahren. Ob eine Lampe dran ist, und ob die Lampe dann auch eingesetzt wird.“