Vom Kampf gegen Drachen und einer veränderten Weltsicht: Junge Flüchtlinge und Migranten haben an der Ludwig-Uhland-Schule in Leinfelden ihre ganz persönlichen Trickfilme produziert – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Leinfelden - Olza Bojku steht auf einem Stuhl und schaut auf einen Tabletcomputer. Das zehnjährige Mädchen hat erst vor zweieinhalb Wochen dem Kosovo – ihrer bisherigen Heimat – den Rücken gekehrt. Nun schiebt sie an der Leinfelder Ludwig-Uhland-Schule (LUS) ausgeschnittene Wolken auf einem großen Karton hin und her. „Die Straße musst du festkleben, denn die bewegt sich ja nicht“, sagt ihre Lehrerin Raz Baziany. Von den Autos dagegen, die später in dem Trickfilm sanft über grauen Beton gleiten sollen, gilt es, viele Fotos mit dem iPad zu machen.

 

Die Zehnjährige will der Welt mit dem Video zeigen, was sie täglich sieht, wenn sie aus dem Fenster blickt: eine Straße, viele Autos, einen Baum und andere Häuser. Das ist also Olza Bojkus Blick auf Leinfelden. Sie gehört zu den 36 Schülern, welche die Sprachförderklassen der Ludwig-Uhland-Schule besuchen. Die Jugendlichen sind Flüchtlinge oder Migranten; sie stammen aus zehn unterschiedlichen Ländern und bekommen an der Schule Unterstützung, um im Regelunterricht mithalten zu können.

Kreativität ausleben und besser Deutsch lernen

Gemeinsam mit Medienexperten haben die Zehn- bis 16-Jährigen dieser Tage ihren eigenen Trickfilm gedreht. Dahinter steht ein Projekt der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung, das sich „Wir.Hier.Alle – Integration durch Kunst und Kultur“ nennt. Zuwanderer erhalten die Chance, ihre Kreativität auszuleben, ihre Deutschkenntnisse zu festigen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

Förderpartner ist das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg. Die LUS in Leinfelden wurde bereits zum zweiten Mal als eine von sieben Schule für dieses Projekt ausgesucht.

Ein Raum weiter spielt das Wasser die Hauptrolle. In dem Streifen von Justin, Joao und Joshua beispielsweise geraten drei Jungs in ein Computerspiel, weil Wasser über ihren Computer gelaufen ist. Sie müssen dann mit einem Drachen und einem Geist kämpfen. Der Medienpädagoge Aleksej Nutz blickt ihnen beim Produzieren freundlich, aber durchaus kritisch über die Schulter. „Die Jugendlichen sollen vor allem verstehen, wie ein Trickfilm überhaupt entsteht. Es muss also kein Hollywood-Streifen werden“, sagt er. Dennoch fordert er die Jungs auf, sich zu bemühen. „Die Bilder müssen schon scharf werden“, sagt er.

Auch die Geräusche sind selbst eingespielt

Die Gruppe rund um den Medienreferent Adrian Wegerer ist schon sehr weit. In diesem Trickfilm – einer Gemeinschaftsproduktion – wird geradelt, geturnt und geduscht. Sogar die meisten Geräusche sind bereits eingespielt. Nun gilt es, sämtliche Namen der Mitwirkenden im Abspann unterzubringen. Adrian Wegerer hat diese mit Bleistift auf einen roten Karton vorgezeichnet. Ein Junge fährt die Bleistiftschrift mit einem Filzer nach. Sam Alagho steht am Minicomputer und drückt jedes Mal auf den Auslöser, wenn ein Buchstabe gefettet ist. „Im Film soll es später so aussehen, als würde die Schrift von Zauberhand geschrieben“, erklärt der Pädagoge die Idee dahinter. Die 13-jährige Sam ist seit zwei Jahren in Deutschland und hat bereits im Libanon und in Spanien gelebt. Sie sagt, ihr gefalle besonders die Zusammenarbeit in der Gruppe.