Seit Jahren konzipiert und diskutiert die Stettener Wehr einen Neubau. Vor einer Woche wischt der Gemeinderat alle bisherigen Pläne vom Tisch, der Streit droht überzukochen. In Windeseile haben die Verantwortlichen nun einen weiteren Standort aufgetan.

Leinfelden-Echterdingen - Auch nach einer knappen Woche ist der Ärger in seiner Stimme noch nicht verflogen. Wolfgang Benz, seines Zeichens Stadtkommandant von Leinfelden-Echterdingen, sprich oberster Feuerwehrmann, kann immer noch nicht fassen, dass der Gemeinderat die Neubau-Pläne der Stettener Wehr gekippt hat. Nach vier Jahren Planung. Und nach mehreren Untersuchungen, die zu dem Schluss kamen, dass ein Umzug auf das Areal des Alten Rathauses die beste Lösung wäre. Die Stadträte entschieden jedoch, dass die Wehr dort bleiben soll, wo sie heute schon ist: auf dem Haldenareal. Dort soll also stattdessen neu gebaut werden. Für die Feuerwehr ist das ein Unding.

 

Benz, der ob des geballten Frusts anfangs sogar mit dem Rücktritt liebäugelte, hat inzwischen wieder in den Arbeitsmodus geschalten – und eine mögliche Lösung gefunden, die den gordischen Knoten durchschlagen könnte. Ein dritter Standort, der bislang nicht Teil der Überlegungen war, könnte einen Ausweg bieten. Ein Standort, der, so will es wohl eine glückliche Fügung, erst seit kurzer Zeit zur Verfügung steht. Dieser dritte Standort ist ein Grundstück an der Jahnstraße, auf dem die alte Sporthalle der Sportvereinigung Stetten steht. Dort wollte eigentlich die Freie Aktive Schule hinziehen, die derzeit in Leinfelden beheimatet ist. Aber die Schule bekam ihre Finanzierung nicht auf die Reihe, der Verkauf wurde abgeblasen, stattdessen meldete die Stadt Interesse an. Das war im Frühjahr, als über die Causa Haldenareal versus Altes Rathaus schon seit Jahren gestritten wurde.

Feuerwehr, Stadt und Verein könnten sich einig werden

„Mit diesem neuen Standort könnten wir leben“, sagt Benz. „Wir wären immer noch zentral im Ort gelegen.“ Den Oberbürgermeister Roland Klenk, dem er den Vorschlag inzwischen unterbreitet hat, kann er dabei ebenfalls auf seiner Seite wissen. „Ich will diese Alternative ins Spiel bringen“, sagt Klenk mit Verweis auf den Gemeinderat, der in dieser Sache das letzte Wort hat. Nach der Sommerpause soll das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Damit hat sich auch ein möglicher Widerspruch des Oberbürgermeisters erledigt, der ob der Entscheidung der Stadträte vor einer Woche ebenfalls noch schäumt. Mit einem Widerspruch, dem ersten in seiner langen Amtszeit in L.-E., hätte Klenk eine erneute Abstimmung innerhalb von drei Wochen erzwungen. „Ich bin immer noch entsetzt, dass man bereit war, drei Millionen Euro mehr auszugeben für das an sich gleiche Projekt“, sagt er.

Zum besseren Verständnis der komplexen Materie: Die Feuerwehr ist derzeit auf dem Haldenareal beheimatet. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2013 hat dem alten Gebäude eine Lebensdauer von fünf bis zehn Jahren bescheinigt. Auf dem Haldenareal neu zu bauen, wäre logistisch schwierig und würde länger dauern, weil die Feuerwehr dann ein Interimsgebäude bräuchte. Zudem sind dort weitere Projekte vorgesehen, die ebenfalls eingetaktet werden müssten, von denen aber noch nicht klar ist, wie. Auf dem Areal des Alten Rathauses könnte die Feuerwehr jedoch ohne Einschränkungen von Neuem beginnen. Das birgt weniger Risiken und ist einfacher. Bürgern aus Stetten ist dieser Platz aber heilig.

Die Planungen beginnen wieder bei Null

Die Vorteile, die für das Alte Rathaus sprechen, sprechen auch für das Gelände der Sportvereinigung Stetten. Und der Verein, der noch im Besitz des Geländes ist, aber nach den geplatzten Verhandlungen mit der Freien Aktiven Schule sowieso an die Stadt verkaufen will, dürfte wenig einzuwenden haben. „Ich bin froh, wenn die Stadt das kauft“, sagt Rolf Wurster, der Vorsitzende der Sportvereinigung. „Denn wir brauchen endlich Klarheit.“ Und da die neuesten, gerade mal ein paar Tage alten Überlegungen einer neuen Wehr an der Jahnstraße ja auch aus Sicht des Gemeinwohls eine gute Sache wären, kann er sich nur schwer vorstellen, dass der Gesamtverein das anders sieht. In den nächsten Monaten will er den Kaufvertrag mit der Stadt aushandeln. Die Vereinsmitglieder entscheiden dann in einer außerordentlichen Sitzung am 17. Oktober.

Dass man bei einer Entscheidung für den neuen, dritten Standort alle bisherigen Zeichnungen, Pläne und Konzepte in die Tonne kicken müsste, ist Benz, dem obersten Feuerwehrmann von L.-E., herzlich egal. „Nach der Entscheidung des Gemeinderats vom 24. Juli müssen wir sowieso wieder bei Null anfangen“, sagt er. „Aber wir wären dann aus allen Projekten rund um das Haldenareal raus.“