Der muslimische Verein, der in Leinfelden-Echterdingen an einem Gebetshaus baut, versucht seit Kurzem, auf die Bevölkerung zuzugehen. Die Skepsis ist allerdings nach wie vor da. Insbesondere bei der Verwaltungsspitze. Wir erklären, warum.

Leinfelden-Echterdingen - Muhammet Güçlü ist enttäuscht. „Das ist ernüchternd“, sagt der Vorsitzende des örtlichen Vereins für Kultur, Bildung und Integration (VKBI) zu der Entscheidung, die am Dienstag gefallen ist. Das Ergebnis hat er aus der Zeitung erfahren. Er sagt: „Wir müssen uns nun erst mal wieder finden. Und uns rechtlich beraten lassen.“ Langfristig wolle man aber mit der Stadt im Dialog bleiben.

 

Güçlü hat in den vergangenen Wochen sehr viel Zeit und Mühe in die Öffentlichkeitsarbeit investiert. Der Verein hat zwei Tage der offenen Tür veranstaltet, die Türen an der Karlsruher Straße für alle Bürger geöffnet, versucht, mit Vorurteilen aufzuräumen. Güçlüs Motto: „Kommt, lernt uns kennen. Wir haben nichts zu verbergen.“ Denn nur so könne gegenseitiges Verständnis wachsen. Der neue Vorsitzende hat auch das Gespräch mit den Stadträten – also den Entscheidern – gesucht. Anfang der Woche hat er mehrere lange Mails an sie und die Verwaltungsspitze geschickt. Darin bekennt sich der Verein zur Integration und gegen Parallelgesellschaften. „Wir wollen die Bildung fördern“, sagt Güçlü unserer Zeitung. Was sei daran falsch? Bildung sei doch der Schlüssel zur Integration.

Die Stadt hat Eigentümerwechsel verhindert

Dennoch hat sich am Dienstagabend, wie berichtet, eine deutliche Mehrheit des Gemeinderates für den Wiederkauf des Grundstückes an der Oberaichener Wilhelm-Haas-Straße entschieden. Die Kommune hat damit verhindert, dass der VKBI Eigentümer des Baugrunds wird, auf dem Tag für Tag die Moschee auf den Fildern heranwächst. Der Verein kann damit fortan nicht so frei sein Projekt weiter vorantreiben, wie er das als Eigentümer des Areals hätte tun können.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Muslime hat demnach nicht so gefruchtet wie gewünscht. Insbesondere bei der Verwaltungsspitze ist die Skepsis alles andere als abgebaut. „Ich betrachte die Realität“, sagt Oberbürgermeister Roland Klenk auf Nachfrage dazu. Seiner Meinung nach sind zumindest „deutliche Fragezeichen angebracht“.

Knackpunkt des Disputs ist das vom VKBI im Oberaichener Gewerbegebiet ebenfalls geplante Schülerwohnheim. Laut OB Klenk soll dies nämlich nun einen ganz anderen Charakter bekommen als zunächst geplant. Vor fast zehn Jahren habe der Verein der Stadt ein Konzept vorgelegt, das die Überschrift „Wochenend- und Ferienbetreuung“ gehabt habe, sagt er unserer Zeitung. Dieses Konzept sei über viele Jahre hinweg die Grundlage der Gespräche mit dem muslimischen Verein gewesen.

Die Schülerwohnheime seien abgeschlossene Gebilde

Vor drei Wochen habe es dann aber sich widersprechende Aussagen dazu gegeben. Während der eine Vertreter des Vorstandes die bekannte Idee bestätigte, sprach der andere von dem Ziel, ein Schülerwohnheim mit Internatscharakter zu bauen. Letzteres ist laut Klenk „eine qualitative Veränderung des Programms, die plötzlich an uns herangetragen wurde.“ Er sagt: „Das zeigt mir, dass wir mit dem VKBI sehr genau sprechen müssen und die Dinge sehr klar werden festklopfen müssen.“

Klenk hat sich unter OB-Kollegen von Städten umgehört, wo es bereits solche Schülerwohnheime gibt. Dort habe er erfahren, dass „diese Einrichtungen zwar unauffällig sind, aber abgeschlossene Gebilde, ohne jeden Kontakt zur Stadtgesellschaft“. Klenk betont nun: „Ich bin kein Gegner des VKBI, der Türken oder des Islams.“ Aber: „Ich möchte nicht, dass die Stadt auf eigenem Grund und Boden eine Einrichtung ermöglicht, die im Bezug auf das Thema Integration allergrößte Fragezeichen aufwirft.“

Hoffnung auf baldige Gespräche

Zu der am Dienstag gefallenen Entscheidung sagt er: „Die Ausübung des Wiederkaufrechts ist eine konsequente und juristisch unabdingbare Entscheidung.“ Ziel sei gewesen, in eine neue Verhandlungsposition mit dem VKBI zu kommen. Auf die Frage, ob die Stadt den Verein jetzt vor Gericht treffen wird, erklärt er: „Wenn der VKBI weiterhin unserem Begehren, das Erbbaurecht zurückzuübertragen, nicht nachkommt, muss die Stadt dies notfalls gerichtlich erstreiten.“ Er gebe sich aber der Hoffnung hin, dass die Verwaltung angesichts der klaren Position des Gemeinderates schon bald in Verhandlungen mit dem VKBI eintreten könne.

Klenk gibt den Stadträten eine klare Hausaufgabe mit auf den Weg: Die Fraktionen sollten die „Besinnlichkeit der Tage“ bis Mitte Januar nutzen, ihre Meinungsbildung fortzusetzen. Er wolle alsbald ein Zeichen dafür bekommen, wo die Grenzen seines Spielraumes liegen. Denn: „Der Gemeinderat trifft die Entscheidung.“ Und: „Dieses Thema ist wie eine offene Wunde in der Stadt.“ Der OB geht davon aus, dass das neu konzipierte Schülerwohnheim auch bei den Stadträten sehr deutlich im Mittelpunkt der Kritik stehen wird. „Wenn wir das Wohnheim mit Supermarkt und Friseur voll zulassen, fördern wir die Entwicklung einer Parallelgesellschaft,“ erklärt er.