Der Kreis plant ein festes Flüchtlingsheim an der Daimlerstraße in Leinfelden-Echterdingen. Die Stadt hofft auf weitere Erfolge bei der Aktion L.-E. mietet, doch einfach ist das nicht.

Leinfelden-Echterdingen - Die Krätze breitet sich aus. Diese Schlagzeile ging durch die Presse. Auch in Leinfelden-Echterdingen sollen Einzelne an der ansteckenden Hautkrankheit, die durch Milben verursacht wird, erkrankt sein. In Schulen werden Infoblätter verteilt. Eberhard Wächter (Freie Wähler) wollte deshalb am Dienstag im Gemeinderat wissen, wie es um die gesundheitlichen Bedingungen in den Flüchtlingsunterkünften steht. Denn dort könnte sicherlich die Bettwäsche nicht täglich gewechselt werden, wie dies bei dieser Krankheit besonders wichtig sei.

 

„Die Gesundheit ist immer wieder ein Problem“, sagte Sozialamtsleiter Peter Löwy dazu. Insbesondere in Zeltunterkünften, wie es sie auf dem Echterdinger Renault-Gelände gibt, tauche die Krätze immer wieder auf. Dies sei aber nicht nur in Leinfelden-Echterdingen so. Dies bestätigt Peter Keck, der Sprecher des Landkreises. Auch deshalb sind Stadträte, die Verwaltung und auch der Kreis bestrebt, die Unterbringung von Asylsuchenden in Notunterkünften so schnell wie möglich zu beenden. Ganz einfach ist dies aber nicht. Denn die Zahl der Asylsuchenden geht zwar zurück. Das Landratsamt muss laut einer Präsentation der Stadt 2017 nicht mehr für 10 000, sondern für 7500 Menschen auf der Flucht ein Dach über den Kopf organisieren.

Systembauten sollen im Herbst 2017 fertig sein

Dennoch sollen die Zelte am Ortsrand von Echterdingen erst dann geräumt werden, wenn der Kreis die an der Daimlerstraße und damit am Rande des Leinfeldener Industriegebietes geplante Asylunterkunft gebaut hat. Laut Keck wird dies nicht vor Herbst 2017 sein. Systembauten sollen dort in die Höhe wachsen. Der Kreis will in den nächsten Tagen ein entsprechendes Baugesuch bei der Stadt einreichen. Die Unterkunft wird 257 Plätze bieten.

Auf dem Renault-Gelände leben derzeit bis zu 200 Menschen in Zelten und 99 in Containern. Zunächst werden die Zelte abgebaut, so der Plan. Das Containerdorf soll noch etwas länger stehen bleiben – als eine Art Reserve, wie Sozialbürgermeister Carl-Gustav Kalbfell unserer Zeitung erklärt. Die Asylsuchenden, die in Leinfelden-Echterdingen bereits soziale Bindungen aufgebaut haben, müssten dann nicht zunächst in eine andere Stadt gebracht werden, um später wieder nach Leinfelden umgesiedelt zu werden. Unabhängig von Renault-Gelände wird es in L.-E. dann 477 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften des Kreises geben: an der Oberaichener Steinbeisstraße, im Stettener Nödinger Hof und eben an der Daimlerstraße.

Stadt setzt auf geplante Gebäude

Auch in der Anschlussunterbringung, für welche die Stadt verantwortlich ist, hat sich die Lage etwas entspannt. L.-E. muss in diesem Jahr 160 statt 245 Flüchtlingen mit Bleiberecht ein Dach über dem Kopf bieten. 2017 rechnet man mit 235 weiteren Zuwanderern, da derzeit noch viele von ihnen in Unterkünften des Kreises sitzen, demnächst aber ihre Anerkennung erhalten werden.

Die Stadt setzt dabei auch auf noch geplante Gebäude. Im Frühjahr 2018 sollen bis zu 66 Menschen an die Stuttgarter Straße in Unteraichen ziehen. Bis zum Februar 2017 soll die Unterkunft an der Musberger Ulrichstraße (90 Plätze) fertig sein. Auch der umstrittene Standort am Örlesweg ist mit 63 Plätzen fest eingeplant. Dort hofft man auf einen Bezug Ende des kommenden Jahres. „Diese Standorte sind alternativlos“, stellte Barbara Sinner-Bartels (SPD) fest.

Apropos Musberg: Die Verwaltung hat sich mit dem Eigentümer des Grundstückes am Immergrünweg geeinigt. Sie will den Grund und Boden kaufen. Er soll, wenn überhaupt, aber nur kurz für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden. Vielmehr sollen dort laut Oberbürgermeister Roland Klenk bezahlbare Wohnungen entstehen.

Stadt findet weniger Vermieter

Kalbfell hofft auf weitere Erfolge von L.-E. mietet. Die Stadt vermittelt hierbei zwischen Eigentümern und Flüchtlingen. 40 Menschen konnten so untergebracht werden. „Der Erfolg ist greifbar“, hieß es dazu seitens der SPD. Sinner-Bartels forderte die Verwaltung auf, nicht nachzulassen. Genau das aber ist nicht einfach. Denn die Nachfrage geht laut Kalbfell zurück. Jene Vermieter, die grundsätzlich bereit waren, an Flüchtlinge zu vermieten, habe man erreicht. Nun wird überlegt, wie man weiteren Wohnraum akquirieren kann.

Schwer einzuschätzen ist laut OB Klenk weiterhin der sogenannte Familiennachzug. Peter Löwy klärte darüber auf, dass die meisten Zuwanderer zwei Jahre warten müssen, bis sie Frau und Kinder nachholen dürfen. Der Nachzug könne zudem nur noch übers Internet beantragt werden. Deshalb bekomme dies die Stadt nicht mehr zwingend mit. „Wir erfahren teilweise zwei Tage vorher, dass eine Familie kommt“, sagte der Leiter des Amtes für soziale Dienste. Bisher habe man dennoch immer eine Lösung gefunden.

Der Bund hat in Aussicht gestellt, die Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen mit Bleiberecht finanziell zu entlasten. Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer wird erhöht. Von 2018 an soll auch der Umsatzsteueranteil der Länder steigen. Baden-Württemberg hat zugesichert, dieses Geld an die Kommunen weiterzuleiten. Es soll auch eine Integrationspauschale von mehr als 1000 Euro pro Jahr und Flüchtling geben. Offen ist aber, für was genau dieses Geld verwendet werden kann.