Leipziger Museumschef Stefan Weppelmann: Neu Nachdenken über Rolle von Museen

Die Corona-Maßnahmen treffen die Kultureinrichtungen hart. Der Leipziger Museumschef Stefan Weppelmann spricht sich deshalb dafür aus, für künftige Fälle dieser Art besser vorzusorgen.
Leipzig - Die Corona-Pandemie und ihre Folgen zwingen aus Sicht des neuen Direktors des Museums der bildenden Künste zu Leipzig, Stefan Weppelmann, zum Nachdenken über die Rolle von Museen. "Es braucht eine Reflexion des Geschehens", sagte der 50-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Es gehe um eine bessere Abstimmung und Vorsorge für künftige Fälle dieser Art, um Sicherheit für die Einrichtungen, Standardisierung "und darum, wie unter besonderen Auflagen ein Museumsbesuch möglich gemacht werden kann".
Für Weppelmann, der seit 1. Januar Chef des Museums ist, stellt sich auch die Frage, ob immer ein kompletter Lockdown der Kultur notwendig sei oder sie gerade in der Krise zugänglich sein sollte. So könne "die so wichtige Bindung zwischen Kunst und Publikum" erhalten bleiben. Aus Sicht des Kunsthistorikers müssen sich die Museen stärker auf ihre Kernkompetenzen besinnen, mit ihren Sammlungen arbeiten und in Bildungsprogramme intensivieren.
"Bis zum Ausbruch der Pandemie definierten Wachstum und Geschwindigkeit allerdings hier wie andernorts die Normalität", sagte er. Es werde nach Corona darum gehen, wieder barrierefreies Kunst-Erleben zu ermöglichen. "Die vergangenen Monate werden in der Rückschau teilweise auch als Wendepunkt erscheinen", sagt Weppelmann. "Pessimismus ist nicht angesagt, Neugierde und Neubewertung schon."
Die gemeinsame Schau nach vorn sollte auch einen suchenden Blick zulassen. Weppelmann spricht von stärkerer Konzentration auf das lokale Publikum, die Erforschung und Präsentation der eigenen Bestände, medienübergreifende Ausstellungen und digitale Formate für breitere Partizipation. Zudem plädiert er für "ressourcenschonendere" Arbeit, Fridays for Future sei auch "ein Ausrufezeichen". Da müssten ebenso Dinge, die außerhalb des Museums liegen, auf den Prüfstand wie Kurierreisen oder der Materialeinsatz bei Ausstellungen.
Weppelmann war zuletzt Direktor der Gemäldegalerie des Wiener Kunsthistorischen Museums. In Leipzig will er die Sammlung stärker in den Fokus rücken, Formate finden, die außerhalb des Museums funktionieren, das moderne Gebäude einbeziehen und jenseits der Kunst öffnen. Und: "Provenienzforschung und Revision müssen ins Aufgabenportfolio des Museums."
© dpa-infocom, dpa:210123-99-138897/2
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