Wo anrufen, wenn nachts oder am Wochenende ein Arzt gebraucht wird? Viele wählen 112, das ist aber der Notruf. Bald soll es unter der 116 117 landesweit eine zentrale Stelle für die anderen Fälle geben. Kassenärzte und DRK tun sich dafür zusammen.

Stuttgart - Ein paar Monate dauert es noch: voraussichtlich vom 1. Mai 2015 an muss ein Patient nur noch eine Telefonnummer kennen, wenn er ärztliche Hilfe außerhalb der Sprechstunden benötigt. Dann soll die 116 117 freigeschaltet werden. Wer diese Nummer dann wählt, kommt in der nächsten Integrierten Leitstelle bei einem ausgebildeten Rettungsassistenten heraus. Der fragt den Anrufer gezielt nach seinen Beschwerden und entscheidet dann, ob er den Patienten an die nächste erreichbare Notfallpraxis verweist, einen Kontakt zum diensthabenden Arzt im Hausbesuchsdienst herstellt oder den Notarzt samt Rettungsdienst alarmiert.

 

Nicht immer ist die 112 richtig

Das System der medizinischen Versorgung abends und an Wochenenden ist nicht leicht durchschaubar. Nur in Notfällen, bei Unfällen oder etwa einem Herzanfall, kommt der Notarzt mit Blaulicht. Wer etwa nur ein Schmerzmittel braucht, muss sich das Rezept dafür in der Notfallpraxis holen. Wenn der Patient nicht mobil ist, wird ein Besuch des Bereitschaftsarztes organisiert; aber das kann eine Weile dauern, weil der in der Regel einen ganzen Landkreis bereist. Die Telefonnummern muss man in der Zeitung nachschlagen.

Vielen Menschen ist das zu kompliziert. Sie wählen 112, um Hilfe zu erbitten. Das ist aber die Nummer für Notrufe. Ein Viertel der hier ankommenden Anrufer, so die Erfahrung der Rettungsdienstler, melden sich gar nicht wegen eines Notfalls. Sie werden abgewimmelt und müssen ihre Sache an der richtigen Adresse ein zweites Mal vorbringen. Zudem ist die Leitung für echte Notfälle blockiert.

Zentrale Ansprechstelle

Dem wollen die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) und das Deutsche Rote Kreuz im Land jetzt ein Ende setzen. Sie haben am Montag eine Vereinbarung unterzeichnet mit dem Ziel die 116 117-Nummer landesweit zu etablieren und damit den Bürgern eine zentrale Ansprechstelle aus einer Hand zu bieten.

Johannes Fechner, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVBW und Lorenz Menz, der Präsident des DRK Landesverbandes Baden-Württemberg, lobten die Übereinkunft. Sie biete „allen Patienten eine zuverlässige Versorgung auf der richtigen Ebene“, sagte Fechner. Sie sei zudem „sachgerecht und ökonomisch sinnvoll“, ergänzte Menz.

Eine Million Anrufe erwartet

Die KVBW muss die Versorgung sicherstellen. Das gemeinsame, im Übrigen bundesweit bisher einmalige Vorhaben koste „einen mehrstelligen Millionenbetrag“, erläutert Fechner. Davon trage die KVBW den Löwenanteil, die gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich auch. Die privaten Krankenversicherer hingegen, das vergaß Fechner nicht zu erwähnen, zahlten nichts. Der bereits spürbare Ärzte- und Notärztemangel beförderte das Projekt. Es werde immer wichtiger, die verbleibenden Ressourcen zielgerichtet einzusetzen, erklärten die Vertragspartner.

Für das DRK bedeutet das, dass zumindest an den Hauptnutzungszeiten, also an den Wochenenden, zusätzliches Fachpersonal eingestellt werden muss. Die KVBW rechnet damit, dass eine Million Anrufe im Jahr zu disponieren sein werden, wenn die Nummer 116 117 einmal etabliert sein wird.