Autorin, Schauspielerin und Regisseurin – Hollywood liebt das Multitalent Lena Dunham besonders für ihre Natürlichkeit. Nun ziert ihr Gesicht die Februarausgabe der amerikanischen „Vogue“ – und löst damit eine Debatte über retuschierte Bilder aus.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Hollywood - Lena Dunham ist nicht dick. Sie ist wohl genährt. In den USA entspricht ihr Körper dem der Durchschnittsfrau. Dunham ist 27 Jahre alt und ein Star in Hollywood. Ein Star, der aussieht wie das nette Mädchen von nebenan, die Freundin, die man vom Studium kennt, wie eine Soziologie-Doktorandin aus Berlin. Und jetzt ziert Lena Dunhams Gesicht die Februarausgabe der amerikanischen „Vogue“ – ein Ritterschlag für jede Berühmtheit am Sternenhimmel Hollywoods. Eigentlich dürfen nur ultraschlanke Models wie Kate Moss auf dem Cover der „Vogue“ ihre Schnütchen in die Kamera recken.

 

Lena Dunham ist 2012 mit der Fernsehserie „Girls“ bekannt geworden. Medien – auch diese Zeitung – berichteten über die Sendung aus New York. Sie handelt von einer Frau, der es gelingt, das Lebensgefühl und die Ängste einer ganzen Generation in ihrer Serie einzufangen. Das ist anders als das Schicki-Micki-Schuhgeklapper im New York der Jahrtausendwende. Bei „Sex and the City“ wirkten die Hauptfiguren Carrie und ihre Freundinnen ungeheuer emanzipiert. Sie hatten Sex und sprachen darüber. Im Rückblick betrachtet ging es nur darum, den richtigen Mann zur Eheschließung zu finden. Zur Überbrückung gab es die Themen Mädchenfreundschaft, Markenklamotten, teure Wohnungen und eben tollen Sex.

„Girls“ zeigt verunsicherte Frauen mit Mitte zwanzig

Lena Dunham, die Autorenfilmerin, die selbst schreibt, spielt und Regie führt, will aber kein geschöntes Bild zeichnen. „Girls“ zeigt verunsicherte Frauen mit Mitte zwanzig, die keinen festen Job haben, dafür aber mittelmäßige Beziehungen, langweilige Partys, fürchterlich nette Eltern und ein paar Zwangsneurosen. Die Serie ist sehr erfolgreich, für ein geplantes Buch hat Dunham jetzt einen Vorschuss von 3,5 Millionen Dollar bekommen.

Feministinnen könnten einander eigentlich beglückwünschen, wenn eine wie Dunham, die weit von der typischen Modelkonfektionsgröße entfernt ist, zum ästhetischen und modischen Vorbild in der „Vogue“ stilisiert wird. Doch das wäre wohl zu einfach. Die Macherinnen des feministischen Blogs „Jezebel“ haben 10 000 Dollar für die unretuschierten Bilder von Lena Dunham geboten – und sie erhalten. Die Feministinnen stellen fest: Es sei dreist, wie Dunhams Kinn, Schulter und Dekolleté mit Photoshop nachbearbeitet wurde. Wer die Vorher-Nachher-Bilder im Blog anschaut, kann allerdings nur wenige Veränderungen erkennen. Daher laufen jetzt selbst die Leser des Blogs Sturm: Von Korrektur und überdeutlicher Beschönigung könne nicht die Rede sein, kommentieren sie. Ein Skandal werde provoziert.

Sie zeigt ihren Bauchspeck und die Cellulitis am Hintern

Die Empörung der Feministinnen, der Fans und auch der Medien zeigt, dass Lena Dunham mit der Inszenierung ihrer Person und ihres Körpers in „Girls“ einen Nerv trifft. Beschönigte Körper wollen viele nicht mehr sehen, vor allem nicht den der sonst so natürlichen Lena Dunham. Schon öfter hat sie in Interviews betont, Hollywood und die Art, wie Sex im Fernsehen gezeigt werde, führe junge Frauen in die Irre. Dem wolle „Girls“ entgegenwirken. Auffallend oft ist Dunham darin nackt zu sehen. Sie zeigt ihre kleinen Brüste, ihren Bauchspeck, die Cellulitis an ihrem Hintern. Ihre Versuche, Geschlechtsverkehr auf einer gammligen Couch zu haben, sind nicht gerade eine Offenbarung. Sie schauen meist eher lustig aus, wirken wie eine schlechte Imitation von Pornofilmen. Sexszenen in Filmen und Serien haben immer auch eine Botschaft, lernen die Zuschauer. Hier lautet sie: Sex im echten Leben ist anders als in Hollywood.

Lena Dunhams „Girls“, ihre jungen Frauen, sind eben Kinder ihrer medial überfrachteten Zeit. Jede Figur, jeder Dialog ist ein Zitat von bereits Dagewesenem. So auch die Unterhaltungen der Mädchen in bewährter Uptalk-Manier. Über die ungewöhnliche Betonung im amerikanischen Englisch, bei der die Stimme am Ende jedes Satzes nach oben wandert, forschen Linguisten seit einigen Jahren. Als mädchenhaft blöde kann das schon lange nicht mehr gelten, so allgemein gebräuchlich ist es unter jüngeren Amerikanern geworden. Obwohl der Uptalk ursprünglich von jenen leicht dämlichen kalifornischen „Valley Girls“ stammt, wie sie in den neunziger Jahren in der Serie „Clueless“ auftraten.

Ihr gefallen kleinmädchenhafte Blümchenkleider

In „Girls“ darf man den Uptalk als Versuch einer von medial vermittelten Rollenvorbildern belasteten Frauengeneration verstehen, sich auszuprobieren und sich im besten Fall irgendwo in diesem Gewirr selbst zu finden. So wie Lena Dunham im echten Leben, eine Künstlertochter aus New York City, als Jugendliche angeblich eine Außenseiterin, die alles, was sie über Sex wusste, dem Film „Ein Fisch namens Wanda“ entnahm. Heute noch zieht sie sich, genau wie ihre Serienfigur Hannah, kleinmädchenhafte Blümchenkleider an, etwa die der Designerin Rachel Antonoff, mit deren Bruder Lena Dunham zusammen lebt.

Und Dunham ist die Stilikone ihrer Generation. Knallig kanarienvogelgelb war ihr Kleid zuletzt bei den Golden Globes in Los Angeles, nicht zu übersehen ihre kräftigen Arme mit wirren Tattoos. Dunham steht selbstbewusst zu ihrem durchschnittlichen Körper. In dieses Bild scheinen die leicht geschönten Aufnahmen aus der „Vogue“ nicht zu passen. Doch warum sollte eine wie Dunham sich nicht auch einmal in hübsches Gefieder werfen dürfen und Diva spielen? Das fragen auch manche in Internetforen. Der Aufwand, mit der bekannten Annie Leibovitz als Fotografin, hätte für die „Vogue“ nicht größer sein können. Dunham zeigte sich gegenüber einem französischen Magazin zur Diskussion verständnislos: Sie sei doch, Photoshop hin oder her, immer noch ganz anders als das typische „Vogue“-Covergirl.

Erfolgsgeschichte einer jungen Feministin

Person

Lena Dunham wurde 1986 in New York City geboren und ist in Brooklyn aufgewachsen. Ihre Eltern sind der Künstler Carroll Dunham und die Fotografin und Designerin Laurie Simmons. Ihre Schwester Grace arbeitet als Model. In Lena Dunhams erstem Film „Tiny Furniture“ (2010) spielte sie selbst die Hauptrolle, auch ihre Mutter und Schwester traten darin auf. Der Film wurde vor allem auf Festivals gezeigt.

Serie

Im April 2012 startete die von Lena Dunham entworfene Serie „Girls“ bei dem US-Bezahlsender „HBO“. Sie schreibt die Drehbücher, spielt die Hauptrolle und führt Regie. Dunham wurde für mehrere Emmys nominiert und gewann zwei Golden Globes und einen Director’s Guild Award. Im Verlag Random House will sie bald ihr erstes Buch veröffentlichen. Auf der Internetplattform Twitter schreibt Lena Dunham täglich Nachrichten an mehr als eine Million Follower.