Sie macht nach wie vor Musik. Aber als Jurorin der Show „The Voice Kids“ bei Sat 1 will Lena Meyer-Landrut Mut machen. Sie hat aus ihrer eigenen Krise gelernt.

Stuttgart - Mit ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest wurde die damals 19-Jährige 2010 über Nacht berühmt. Jetzt kehrt Lena Meyer-Landrut als Jurorin zur Castingshow „The Voice Kids“ zurück – nach einem Jahr voller Rückschläge. In dieser Zeit hat sie Gelassenheit gelernt, die sie weitergeben will.

 

Frau Meyer-Landrut, im April erscheint Ihr erstes neues Album seit Jahren. Was treibt Ihr musikalisches Comeback an?

Das Album heißt „Only Love, L“. Das ist meine Signatur, die ich unter jeden Text setze, weil ich es schön finde, alles, was ich schreibe, auch wenn es vielleicht mal unangenehm ist, mit Liebe zu beenden und keine schlechte Energie stehen zu lassen.

2018 wurden die geplante Veröffentlichung des Albums und die dazugehörige Tournee verschoben. Steckten Sie in einer Krise?

Man kann es schon als Krise bezeichnen, auch wenn ich das Wort irgendwann nicht mehr hören konnte. Jeder kennt doch Momente, in denen er nicht so happy ist wie zu anderen Zeiten, und ich hatte einige davon. Es kommt aufs richtige Krisenmanagement an, darauf, wie man damit umgeht. Ob man daran verzweifelt, oder ob man die Krisen für sich nutzen kann und sagt: Ich ziehe meine Schlüsse und mache etwas Positives für mich daraus.

Und das haben Sie geschafft?

Ich habe gelernt, alles mit mehr Gelassenheit anzugehen. Die Dinge nicht mehr zu wichtig und vor allem nicht mehr zu persönlich zu nehmen, mich weniger abhängig von der Meinung anderer zu machen. Den Weg zu mir selber, zu meiner eigenen Mitte zu finden. Es geht um Unabhängigkeit. Darum, ehrlich zu sich zu sein.

Vor einer Weile haben Sie hasserfüllte und beleidigende Kommentare öffentlich gemacht, die Sie bekommen haben. Wie nahe gehen Ihnen die?

Ich kann natürlich nicht behaupten, dass ich völlig über diesen Dingen stehen würde. Wenn mir solche Sachen gesagt werden, dann berührt mich das auch. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich führe mir immer wieder vor Augen, dass ich nicht persönlich gemeint bin, sondern dass ich eine Projektionsfläche für viele bin. Gerade die heftigen negativen Kommentare entstehen oft aus den Unsicherheiten oder Ängsten dieser Leute. Wenn jemand einen beleidigt, sei es nun im Internet oder in der Schule, muss man sich vor Augen führen, dass es demjenigen vielleicht selber gerade schlecht geht. Dann ist es nicht mehr so schwer, damit umzugehen.

Sie sind auf mehreren Social-Media-Kanälen aktiv. Wollen Sie jungen Leuten in vergleichbaren Situationen mit solchen Posts Mut machen?

Auf jeden Fall. Als Influencerin kann ich viele Leute mit meiner Meinung und mit meinen Worten beeinflussen. Ich bemühe mich, jeden Tag ein Foto und mehrere Storys zu veröffentlichen. Ich habe dieses Sprachrohr und finde es schön, die Leute daran teilhaben zu lassen, was mich beschäftigt, und da auch ehrlich zu sein.

Lesen Sie alle Kommentare auf Ihren Social-Media-Accounts?

Vieles, aber nicht 100 Prozent, das würde zu viel Zeit kosten und dann ja womöglich doch auf meine Laune abfärben. Und bei Facebook lese ich gar nichts, da ist mir die Kultur zu rau, nicht wirklich nett. Facebook hat einen unangenehmen Beigeschmack, da wollen viele Leute einfach nur ihre schlechte Laune ablassen.

In der Castingshow „The Voice Kids“ coachen Sie jetzt selber junge Talente. Was ist Ihr wichtigster Rat an die Kandidaten?

Sie sollen versuchen, so authentisch wie möglich zu sein und ein Bewusstsein für sich selber entwickeln. „Was wollen die Eltern von mir, was will Instagram von mir, was will die Gesellschaft von mir?“ Davon darf man sich nicht abhängig machen. Jeder muss schauen, was er selber möchte und wer er selber ist, womit er sich selber wohlfühlt. Und damit dann durchstarten und seinen eigenen perfekten Weg gehen.

Das ist für die jungen Teilnehmer bestimmt nicht so leicht . . .

Nein, das ist generell nicht leicht, weder für Kinder noch für Erwachsene. Es ist super schwierig, sich von der Abhängigkeit davon zu befreien, was andere sagen – die Arbeitskollegen, die Dorfgemeinschaft, Facebook. Ich möchte nicht behaupten, dass es mir perfekt gelingt. Aber ich versuche, das vorzuleben.

Wollen Sie den Kandidaten auch beibringen, wie man damit lebt, wenn man plötzlich eine Person des öffentlichen Interesses ist?

Da könnte ich sicherlich einiges weitergeben bei Bedarf. Aber bei „The Voice Kids“ geht es ja nicht darum, so berühmt wie nur irgend möglich zu werden, sondern eine gute Zeit zu haben. Ich will die Kids darin unterstützen, das zu machen, was sie lieben. Das ist doch viel schöner, als ihnen beizubringen, was es heißt, eine Person des öffentlichen Interesses zu sein, denn das ist ja nicht das Ziel.