Die Hiobsbotschaft erreichte die Beschäftigte am Bosch-Standort Schwäbisch Gmünd Ende Oktober: Der Zulieferer forderte einen weiteren Personalabbau und drohte mit Kündigungen. Nun sieht alles anders aus.

Stuttgart - Die Nachricht hat die Beschäftigten von Bosch Automotive Steering (Lenksysteme) Ende Oktober überraschend getroffen – und geschockt. Damals hat der weltgrößte Zulieferer angekündigt, dass weitere 1000 Stellen der insgesamt 5000 Arbeitsplätze am Standort Schwäbisch Gmünd gestrichen werden sollen; je zur Hälfte in der Produktion sowie in der Verwaltung, Vertrieb und Entwicklung. Und Bosch hat Druck gemacht: Bis Ende des Jahres, wurde als Zielzeitpunkt ausgegeben, sollten mit den Vertretern der Arbeitnehmer konkrete Maßnahmen vereinbart sein. „Ansonsten müssen wir darüber nachdenken, den Zukunftspakt aufzugeben“, sagte eine Bosch-Sprecherin damals. Und damit wären betriebsbedingte Kündigungen bereits von Januar an möglich gewesen. Bosch hatte seine Vorgehen mit dem zunehmenden Wettbewerbs- und Preisdruck begründet.

 

Zu Kündigungen wird es jetzt nicht kommen. Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertreter von Bosch haben sich jetzt auf ein Eckpunktepapier geeinigt. Damit sollen die „notwendigen erheblichen Kostenverbesserungen“ erreicht werden, heißt es in einer Mitteilung. Konkret vereinbart wurde die „sofortige Öffnung der Quote für Altersteilzeitprogramme“. Bisher können ein Prozent der Beschäftigten in Schwäbisch Gmünd dieses Angebot in Anspruch nehmen, erläuterte Erika Bresel, Betriebsrätin am Standort Schwäbisch Gmünd. Künftig sollen es vier Prozent sein. Statt bisher 50 Personen können sich nach der neuen Regelung also 200 Beschäftigte für die Altersteilzeit entscheiden. Zudem sieht das Programm die „Anpassung der Führungsstrukturen“ vor; konkret verbirgt sich dahinter der Abbau von Führungskräften. Dadurch könne der Arbeitgeber sofort eine gewisse Anzahl von zusätzlichen Altersteilzeit- sowie Aufhebungsverträgen abschließen, heißt es in der Mitteilung. Wie viele Führungspositionen gestrichen werden sollen, wird allerdings nicht gesagt.

Kurzarbeit soll möglich sein

Und nicht zuletzt sollen „abhängig von der weiteren konjunkturellen Entwicklung“ Maßnahmen wie Kurzarbeit, die bisher nicht zur Debatte stand, sowie die Reduzierung von 40-Stundenverträgen auf die tariflich üblichen 35 Wochenstunden vorgenommen werden. Wie viele Beschäftigte bei Bosch Lenksysteme 40 Stunden pro Woche arbeiten, war nicht zu erfahren. Wer bisher 35 Stunden wöchentlich arbeitet, muss nicht mit einer Reduzierung der Arbeitszeit und damit des Entgelts rechnen. Zudem „werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gemeinsam zügig ein Zukunftsbild für den Standort Schwäbisch Gmünd entwickeln“. Unterstützung erhalten die Parteien von den Experten des Stuttgarter Imu-Instituts.

„Mit diesem Eckpunktepapier haben wir ein Etappenziel auf dem Weg zu einem wettbewerbs- und damit zukunftsfähigen Standort erreicht“, sagt Stefan Grosch, Mitglied der Geschäftsführung und Arbeitsdirektor von Bosch Automotive Steering. Er lässt allerdings keine Zweifel aufkommen: „Wir sehen unverändert einen weiteren erheblichen Personalanpassungsbedarf bis 2022 und auch danach“, sagt Grosch. „Unser Ziel als Arbeitnehmervertreter ist unverändert, Neuanläufe und andere Volumenaufträge nach Schwäbisch Gmünd zu holen und so den weiteren Personalabbau zu reduzieren“, entgegnet Alessandro Lieb, Betriebsratsvorsitzender in Schwäbisch Gmünd. Ziel des Betriebsrats ist zudem eine „Standortsicherung bis Ende 2030“. Die aktuelle Beschäftigungssicherung läuft bis Ende des Jahres 2022.