Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) fordern eine Sondersitzung des Lenkungskreis von Stuttgart 21 binnen der nächsten sechs Wochen. Diese soll Klarheit über die Risiken beim Tunnelbau in Stuttgart bringen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg erhöhen in Sachen Stuttgart 21 den Druck auf die Deutsche Bahn. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung haben OB Fritz Kuhn und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) eine Sondersitzung des Lenkungskreises der Projektpartner beantragt. In einem Schreiben an Manfred Leger, den Geschäftsführer der bahneigenen Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), berufen sich Kuhn und Hermann auf einen entsprechenden Passus der Geschäftsordnung des Lenkungskreises, der Sondersitzungen des Gremiums dann vorsieht, wenn zwei Mitglieder dies fordern.

 

Bahn sieht Erfolge im Tunnelbau

Dem Vernehmen nach soll es bei dem Treffen schwerpunktmäßig um die Risiken gehen, die sich durch den Tunnelbau im Anhydrit ergeben könnten. Diese Gesteinsart beginnt unkontrolliert zu quellen, wenn sie nass wird. Daher müssen Teile der Stuttgart-21-Tunnel in absoluter Trockenheit gebaut werden. Die Bahn vertraut dabei auf die Expertise ihres Beraters Walter Wittke und verweist darauf, schon erste Passagen in diesem kritischen Umfeld, etwa in den Tunneln aus Feuerbach und Bad Cannstatt, gemeistert zu haben. „Da der Tunnelbau im Anhydrit für alle Projektpartner offensichtlich ein unverändert wichtiges Thema ist, nutzen wir gerne die Gelegenheit, im Lenkungskreis nochmals ausführlich zu erläutern, wie es gelingt, auch im Anhydrit auf Jahrzehnte hinaus sehr sichere Tunnel zu bauen“, sagt Projektsprecher Jörg Hamann auf Anfrage.

Experten des Beratungsunternehmens KPMG hatten im Auftrag des Bahn-Aufsichtsrats das Projekt untersucht und in ihrem Papier vor Risiken gewarnt, die sich während der Bauzeit aber auch für den Betrieb der Tunnel ergeben könnten. Kuhn und Hermann fordern die Bahn auf, zu der Sondersitzung des Lenkungskreises sowohl die Autoren des Gutachtens einzuladen als auch die von KPMG beigezogenen Tunnelexperten.

Kuhn und Hermann setzen der Bahn eine Frist von sechs Wochen, binnen derer das Gremium mit Vertretern der Projektpartner von Bahn, Land, Region und Stadt zusammentreten soll. Dann könnte auch erstmals der neu bestellte Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, Ronald Pofalla, an einer Lenkungskreissitzung teilnehmen. Der ehemalige Kanzleramtsminister, zuletzt im Bahnvorstand zuständig für Wirtschaft, Recht und Regulierung, übernimmt das Infrastrukturressort von Volker Kefer, der die Bahn verlässt.

Neben dem KPMG-Gutachten, das Kosten für S 21 im Bereich zwischen 6,3 und 6,7 Milliarden Euro prognostiziert und damit die Einschätzung der Bahn stützt, sorgte auch eine Bestandsaufnahme des Bundesrechnungshofs für Wirbel. Die Behörde hält Kosten von bis zu knapp zehn Milliarden Euro für möglich. Die Bahn kritisierte, das Papier addiere Kosten hinzu, die nicht S 21 zugerechnet werden könnten.