Lenkungskreis zu Stuttgart 21 Bund soll Gäubahn-Ausbau zusagen
Berlin kommt beim weiteren Anschluss des Flughafens im Projekt Stuttgart 21 die entscheidende Rolle zu. Züge aus Singen würden lange von der Stadtmitte abgehängt.
Berlin kommt beim weiteren Anschluss des Flughafens im Projekt Stuttgart 21 die entscheidende Rolle zu. Züge aus Singen würden lange von der Stadtmitte abgehängt.
Der Anschluss des Flughafens an den Schienenfernverkehr aus der Schweiz bereitete den Partnern im Projekt Stuttgart 21 erhebliche Probleme. Sie zu lösen soll nun der Bund helfen. DB AG, Land, Stadt und Region Stuttgart und die Flughafengesellschaft (FSG) erwarten, dass das Bundesverkehrsministerium den Bau des auf rund eine Milliarde Euro taxierten Pfaffensteigtunnels zwischen Böblingen und dem Flughafen zusagt. Und zwar nicht irgendwann, sondern bis im Juli 2022.
Noch besser wäre die schriftliche Garantie für den auf zwei Milliarden Euro geschätzten Ausbau der Gäubahn bis zur Schweizer Grenze. Jens Bergmann, Vorstand Infrastrukturplanung der DB AG, will die Gespräche dazu in Berlin führen. Der Vertrag von Lugano, in dem der Ausbau vor 25 Jahren zugesagt worden war, könne helfen, so Bergmann gegenüber unserer Zeitung, und auch der Protest der Eidgenossen dagegen, bald vom Stuttgarter Hauptbahnhof abgehängt und zum Umstieg auf den Vorortbahnhof Vaihingen verwiesen zu werden. Denn sechs Monate vor Inbetriebnahme von S 21 wird die Gäubahn in der Stadtmitte gekappt.
Bei der Sitzung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 am Flughafen einigten sich die Partner nach mehr als fünf Stunden am Montag auf dieses Vorgehen: An die von der ICE-Strecke Stuttgart–Ulm zum Flughafenbahnhof abzweigenden Tunnel (bereits im Bau) sollen schon jetzt kurze Stücke zum Anschluss des Pfaffensteigtunnels gefügt werden. Damit würde der Fernbahnhof zwar wohl erst 2027 komplett in Betrieb gehen können, dafür aber später durch den Tunnelbau nicht mehr tangiert. Die Röhren könnten laut S-21-Chef Olaf Drescher von 2026 oder 2027 an innerhalb von sieben Jahren fertig werden. Für die Anschlussstücke geht die Bahn finanziell ins Risiko. Liegt im Juli die Erklärung des Bundes vor, will man sich vom fertig geplanten, aber noch nicht genehmigten Gäubahn-Anschluss über die S-Bahn-Gleise ab Rohr verabschieden. Dazu würde der S-21-Finanzierungsvertrag geändert, 270 Millionen aus dem Projekt würden für den Pfaffensteigtunnel an den Bund gereicht, der den Gäubahnausbau zahlt.
Zu diesen Kernzielen gesellen sich weitere Themen, die eine Verständigung der S-21-Partner erfordern. So soll bis Juli ein „ausreichendes Störfallkonzept“ für die S-Bahn vorliegen, die die innerstädtische Gäubahnstrecke bisher im Notfall nutzt. Der Betrieb der Strecke bis zu einem neuen Halt am Nordbahnhof soll geklärt werden, ebenso würde der Bau von zwei weiteren Gleisen zwischen dem Pfaffensteigtunnel und Böblingen vorbereitet. Die Verbindung wäre dann viergleisig.
Beim Komplettausbau der Gäubahn sollen Böblingen und Singen als Halte bleiben. Bei der bisherigen Planung würde Böblingen abgehängt, Singen über einen Nebenhalt bedient. Zeigt der Bund die kalte Schulter, griffe man dann für S 21 doch auf die Gleise der S-Bahn zurück.
Man habe nun eine „recht gute Lösung“, brauche aber vom Bund bald „mehr als warme Worte“, so Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Wir sind dem Flughafenanschluss einen deutlichen Schritt näher gekommen“, sagte Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU). „Die Chance auf eine noch bessere Anbindung ist eröffnet“, so die Bewertung von FSG-Chef Walter Schoefer. Auch Regionalpräsident Thomas Bopp strich die Vorteile heraus, die S-Bahn werde dann nicht durch die Fernbahn tangiert. Den sieben- bis zehnjährigen Zwangsumstieg in Vaihingen durch die Abkopplung der Gäubahn von der Stadtmitte relativierten Bopp und Bergmann. Für viele Reisende mit Zielen in Stuttgart ergäben sich sogar kürzere Fahrzeiten. Das wollte Hermann nicht stehen lassen: Die Unterbrechung einer internationalen Strecke könne man „nicht schönreden“, sagte er. Sie sei für sechs Monate genehmigt.
Umweltverbände hatten vorigen Freitag ein Rechtsgutachten vorgelegt, das den Weiterbetrieb der Gäubahn bis in den Hauptbahnhof als zwingend ansieht, wenn die Bahn AG nicht die Stilllegung der Strecke beantragt. Sie fordern den Erhalt von zwei Gleisen in den Kopfbahnhof. Hermann propagiert eine S-21-Ergänzungsstation in Tieflage, für die eine Machbarkeitsstudie vorliegt. Für deren Bau brauche man „formal“ weder die Deutsche Bahn noch die anderen Partner (Stadt und Region), so Hermann. „Wir werden dann als Land einen Weg finden“, so der Minister. Er werde die Ergänzungsstation hochhalten und natürlich mit den Partnern darüber reden. Das Gutachten der Umweltverbände sei im Lenkungskreis „kein Thema“ gewesen, versicherten alle Beteiligten. Der Stadt liege es noch gar nicht vor, so OB Nopper. Die Grünen im Gemeinderat fordern, dass es am 17. Mai im S-21-Ausschuss des Gemeinderats besprochen wird.