Zum 1. Januar schlossen sich die Andreä-, Sommerrain-, Stephanus- und Wicherngemeinde zur neuen Lenore-Volz-Gemeinde zusammen. Am Sonntag findet der Fusions-Gottesdienst statt.

Bad Cannstatt - Mitte Dezember hat der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart die Fusion offiziell verkündet, bereits knapp drei Wochen später, am 1. Januar, fand der Zusammenschluss der Andreä-, der Sommerrain-, der Stephanus- und der Wichern- zur Lenore-Volz-Kirchengemeinde Bad Cannstatt statt.

 

Für den einen oder anderen Kirchgänger kam diese Mitteilung überraschend, für die betroffenen Pfarrer jedoch nicht. „Natürlich wurden wir nicht einfach nur schriftlich benachrichtigt. Bei der Fusion handelt sich viel mehr um einen Prozess, an dem wir schon lange beteiligt sind“, sagt Pfarrer Markus Granzow-Emden, der bislang die Stephanusgemeinde betreut hat. Sein Kollege Martin Staib, bislang Andreägemeinde, betont, dass „wir den Zusammenschluss nicht von oben aufgedrückt bekommen haben. Es wird uns auch nichts vordiktiert.“ Aufgrund der Nachbarschaft habe es schon lange Überschneidungen gegeben, so haben sich die Pfarrer während der Urlaube vertreten. Diese Zusammenarbeit werde nun eben entsprechend intensiviert.

Schon vor fünf Jahren erste Gespräche

Bereits vor rund fünf Jahren hat Dekan Eckart Schultz-Berg die vier Gemeinden besucht, um sich ein Bild von ihnen zu machen. Im Raum stand bei der Visitation zunächst Wichern und Andreä beziehungsweise Sommerrain und Stephanus zusammenzuführen. Aufgrund des Mitgliederrückgangs hat man sich letztlich für den großen Schritt entschieden. „Ansonsten hätte man aber keine sinnvolle Größe erzielt“, so Granzow-Emden. „Die Fusion muss sein. In zehn Jahren fragt sonst niemand mehr. Jetzt müssen wir gemeinsam und ohne Druck etwas gestalten. Aber auch die Zeit nutzen.“

Die neue Lenore-Volz-Gemeinde umfasst nun 5809 Mitglieder. Bettina Hoy, bislang Pfarrerin in der Sommerrainkirche, bezeichnet den Zusammenschluss als „spannend“. Sie freue sich, neue Gesichter zu sehen. „Eine Frau, die beispielsweise bislang in der Andreägemeinde sang, hat im neuen Gemeindebrief vom Angebot in der Sommerrainkirche gelesen und ist einfach dazu gestoßen“. Der Pfarrerin sei klar, dass grundsätzlich noch nicht alles rund laufen könne. „Wir machen so eine Fusion alle zum ersten Mal und haben einen hohen Anspruch an die eigene Arbeit.“ Dennoch bittet sie die Gemeindemitglieder darum, auch Fehler zu verzeihen.

Vor- und Nachteile

Für den neuen geschäftsführenden Pfarrer Olaf Creß (ehemals Wichern) stellt die Fusion eine Bereicherung dar. Jetzt müsse man das neue Gemeindeleben eben erproben. „Mehr Masse bedeutet auch mehr Spielraum“, fügt Granzow-Emden hinzu. Spontan fällt ihm der Konfirmandenunterricht als Beispiel ein. Statt mit fünf könne man jetzt mit bis zu 20 Jugendlichen arbeiten. „Es macht auch Ehrenamtlichen mehr Spaß, Projekte mit vielen Mitgliedern durchzuführen“, fügt Staib hinzu.

Granzow-Emden sieht in vielen Bereichen eine große Chance. „Man muss die Dinge aber auch auf den Prüfstand stellen“, so der Pfarrer. Denn nur positive Nachrichten hat der Zusammenschluss für die Gemeindemitglieder dann doch nicht. Momentan werden in den vier Gemeinden alle Angebote noch aufrecht erhalten, in jeder Kirche finden pro Monat drei Gottesdienste statt.

Weniger Pfarrstellen

Bis 2024 muss die Zahl der Pfarrstellen von 3,75 auf 2,5 reduziert werden. Da sich Ende März Martin Staib in den Ruhestand verabschieden wird, ist dieses Ziel schon fast erreicht. „Alle vier Standorte würden auch in Zukunft mit Leben gefüllt bleiben“, sagt Creß. Klar sei aber auch, dass es irgendwann Einschnitte geben werde. „Auf Dauer ist das Angebot so nicht realisierbar. Wir machen, was möglich ist.“ Die Arbeit dürfe jedoch nicht an die Substanz gehen. „Ansonsten klappen wir zusammen.“ Hier sei man auch auf die Unterstützung von Ehrenamtlichen angewiesen. Den Kirchgängern rät Creß dennoch, ruhig zu bleiben. „Man muss die Bedarfe abwarten und dann dementsprechend reagieren.“ Auch die Frage, ob man jeden Standort halten kann, werden sich die Pfarrer früher oder später stellen müssen. Schließlich ist der Unterhalt der Immobilien intensiv. Planungen zu Schließungen gebe es jedoch nicht, so Creß. „Jedes Gebäude hat zwar Schwächen, ein Renovierungsstau liegt jedoch nirgends vor“, betont Staib.

„Erst einmal müsse die neue Gemeinde inhaltlich zusammenwachsen und dann sehen wir weiter“, so Creß. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich bereits am Sonntag, 20. Januar. Um 10 Uhr findet in der Stephanuskirche, Burckhardstraße 75, ein Fusionsgottesdienst statt. Neben den vier Pfarrern wird auch Dekan Eckart Schultz-Berg eine Predigt halten. Außerdem kommt die gesamte musikalische Gemeinde mit mehreren Chören zur Geltung. Im Anschluss an den Gottesdienst ist ein Stehempfang geplant, bei dem man sich kennenlernen kann. „Wir wollen einfach einen schönen Tag miteinander verbringen. Ein Tag, der den Aufbruch markiert und in den Herzen bleibt“, so Creß.