Der Konzern schließt die Filiale in Leonberg. Wie es konkret weitergeht, ist aber noch offen.

Leonberg - Am Freitag stehen die Kunden vor heruntergelassenen Stahlrollos. Die Karstadt-Filiale im Leo-Center ist geschlossen, ausgerechnet an jenem umsatzstarken Tag kurz vor dem Wochenende, an dem schon viele nachmittags frei und Zeit zum Shoppen haben.

 

„Aus organisatorischen Gründen“, so wird den ratlosen Kunden lapidar auf einem Schild mitgeteilt, müssten die Geschäftsräume geschlossen bleiben. Über das vielfältige Warenangebot möge man sich im Internet informieren.

Die „organisatorischen Gründe“ haben Sprengkraft. Am Mittag werden die 69 Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung informiert, dass ihr Geschäft zu den 62 in ganz Deutschland gehört, die geschlossen werden sollen. Dass der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Konzern sein Filialnetz ausdünnen will, war kein Geheimnis. Doch bis zuletzt hatten die Leonberger gehofft, dass ihr Haus verschont bleibe. Immerhin hatte es in der Vergangenheit immer wieder geheißen, dass die Zahlen in Leonberg so schlecht nicht wären.

Nicht kampflos aufgeben

Noch bevor die Mitarbeiter traurige Gewissheit haben, wird Martin-Georg Cohn über das bevorstehende Aus des größten Warenhauses in seiner Stadt informiert. Der Oberbürgermeister reagiert kämpferisch auf die Schreckensmeldung. „Wir werden nichts unversucht lassen, um unsere Karstadt-Filiale zu retten“, erklärt Martin-Georg Cohn im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir dürfen die berufliche Zukunft vieler Mitarbeiter und die Bedürfnisse zahlloser Kunden nicht einfach kampflos aufgeben.“

Der OB sieht nicht nur das singuläre Problem Karstadt-Filiale, sondern darüber hinaus die Situation des gesamten Leo-Centers. „Karstadt ist der Hauptmieter. Wenn der nicht mehr da ist, hat das Auswirkungen auf das ganze Center.“ Dem Hausherrn Klaus-Peter Regler signalisiert Cohn Unterstützung: „Wenn es sein muss fahre ich mit Herrn Regler zur Zentrale der Betreibergesellschaft ECE, um dort die Zukunft unseres Centers zu sichern.“

Verhandlungen zwischen ECE und Galeria

Der Hausherr selber hat indes noch keine offizielle Mitteilung des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof erhalten. „Wir haben uns in den letzten Wochen sehr stark um den Erhalt der Galeria-Filiale bei uns im Leo-Center und in weiteren von uns betriebenen Centern bemüht und intensive Verhandlungen mit Galeria-Karstadt-Kaufhof und den Center-Eigentümern geführt, um geeignete und partnerschaftliche Lösungen für eine Weiterführung der Standorte zu finden und so Schließungen zu vermeiden“, heißt es in einer Pressemitteilung des Center-Betreibers ECE.

Im Rahmen der Gespräche seien umfangreiche Zugeständnisse von Eigentümerseite in Aussicht gestellt worden. „Sollte sich Galeria Karstadt Kaufhof dennoch dazu entscheiden, die Filiale im Leo-Center zu schließen, wäre das natürlich ein Verlust für das Angebot in unserem Center und in der Innenstadt von Leonberg, vor allem aber ein schwerer Schlag für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, heißt es dazu weiter von der Hamburger Betreibergesellschaft ECE. „Ich war selbst 19 Jahre bei Galeria Kaufhof, ich weiß, was das für die Mitarbeiter bedeutet“, sagt Regler.

Der mit Abstand größte Mieter

Seit der Eröffnung des Leo-Centers am 18. Oktober 1973 befindet sich hier eine Karstadt-Filiale. „Das sind 47 Jahre“, verdeutlicht der Center-Chef. Nur sieben Läden sind Mieter der ersten Stunde. Neben Karstadt sind dies die Central-Apotheke, die Bäckerei Trölsch, das Brillenstudio Zerweck, Juwel Uhren & Schmuck, das Eiscafé Stefanello und Photo Planet.

Gleichzeitig ist Karstadt mit Abstand der größte Mieter im Einkaufszentrum, verteilt auf vier Etagen. Zudem gibt es Untermieter: einen Friseur, den Reininigungs- und Änderungsservice Zara sowie die Hauptfiliale von Post und Postbank für Leonberg, die erst im vergangenen Jahr im Untergeschoss eingezogen war.

„Wir können heute noch nicht sagen, was mit der Fläche passieren wird, falls Galeria seine Filiale schließt, es gibt aber verschiedene Möglichkeiten und Ideen für eine zukünftige Nutzung“, sagt Klaus-Peter Regler. Für die Post werde man aber ganz sicher eine Lösung finden.

Keine Stellungnahme

Schon vor fünf Jahren hatte es beim damals noch eigenständigen Karstadt-Konzern große öffentliche Aufregung um drohende Schließungen einzelner Häuser gegeben. Auch die Leonberger Niederlassung wurde damals immer wieder genannt, blieb aber bestehen.

Wie tief der Schock bei den Betroffenen sitzt, mag daran zu erkennen sein, dass am Freitag weder die Filialgeschäftsführung noch der Betriebsrat erreichbar waren. Wie es jetzt konkret weitergeht, ist noch nicht absehbar.