„Trouble in Tahiti“ und „Westside Story“: Die Stuttgarter Philharmoniker und ein Jazztrio boten gelungene Bernstein-Interpretationen beim Nachtschwärmer-Konzert im Gustav-Siegle-Haus.

Stuttgart - Zuerst schimpft Dinah über den kitschigen Film, dann beginnt sie in den höchsten Tönen zu schwärmen vom „Trouble in Tahiti“, der verbotenen Liebe zwischen der Südseeprinzessin und dem gestrandeten Amerikaner. Stimmgewaltig gestaltet die Sopranistin Nora Lentner Dinahs Monolog, sie spielt mit Tonlagen und Intonationen, gestikuliert bildhaft und setzt ihre Mimik ein, um die „Island Magic“ zu prallem Leben zu erwecken.

 

Wie beim Jazz spendet das Publikum spontan Szenenapplaus, obwohl es im großen Saal des Gustav-Siegle-Hauses bei den Stuttgarter Philharmonikern, bei der Klassik zu Gast ist. Aber wenn Amerikaner Opern schreiben, ist oft Jazz und Filmmusik im Spiel. Und bei der Nachtschwärmer-Reihe im Sieglehaus, bei der Philharmoniker und Jazzclub Bix gemeinsam Abende gestalten, sollen die Sphären einander ja berühren.

Riesiger Applaus

Corona-bedingt sind bei Leonard Bernsteins Werk am Freitag 2 Gesangssolisten, 18 Musiker und 3 Jazz-Choristen erlaubt, als Dirigent fungiert Frank Dupree. „Trouble in Tahiti“ handelt von einer Ehekrise in L.A. um 1950, und während im fröhlichen Intro „Morning Sun“ die Sonne die Rosen küsst in der Vorstadt, verhaken sich Dinah und Sam (Andreas Beinhauer) in kleinkariertem Zwist – erst die Filmromanze weist einen Ausweg.

Die Sänger und die kleine Besetzung meistern Bernsteins komplexe Musik, die permanent changiert zwischen zerklüftetem Filmmusik-Drama und geschmeidigem Musical. Der Applaus ist riesig, als wären da nicht nur 47 zugelassene Gäste, sondern 200.

Wilde Improvisationen

Die erleben dann im Bix noch ein Arrangement von Bernsteins Musical „Westside Story“ als Suite für Klaviertrio. Dupree sitzt nun am Flügel, der Kontrabassist Mini Schulz und der Drummer Obi Jenne, ein eingespieltes Stuttgarter Team, bilden wie oben die Rhythmusgruppe. Man hört Bernsteins Themen, die von rivalisierenden Gangs und einer Liebe dazwischen erzählen, doch das Trio öffnet sie weit für wilde Improvisationen und komödiantische Einlagen. Einmal wirbelt Dupree an den Trommeln, während Jenne mit den Stöcken Schulz’ Bass-Saiten anschlägt. Wegen der Pandemie-Sperrstunde um 23 Uhr ist nach 40 Minuten Schluss – hoffentlich wiederholen die drei diesen Abend bald bei vollem Haus und in voller Länge.